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Corona-Krise
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Corona-Krise: Homeoffice statt Auslandsentsendung? Diese Besonderheiten sollten Personaler beachten

International tätige Unternehmen sind aufgrund der Corona-Krise mit noch nie dagewesenen Problemen konfrontiert, die nicht nur schnelles, sondern auch rechtskonformes Handeln erfordern. Dabei können sie jedoch nicht auf Erfahrungen zurückgreifen, sondern müssen mehr denn je improvisieren – beispielsweise, indem sie Expats ins Homeoffice schicken. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigen drei reale Beispielfällen, mit denen die Unternehmensberatung BDAE Consult kürzlich zu tun hatte.

Ein deutsches Textilunternehmen wollte eine Mitarbeiterin als Geschäftsführerin der neu gegründeten Tochtergesellschaft in Australien einsetzen. Diese war bislang als Projektleiterin in Deutschland angestellt und sollte zum 1. März 2020 mit dem Auf- und Ausbau des Australiengeschäfts beginnen. Dafür wurde ein australischer Arbeitsvertrag geschlossen und der deutsche ruhend gestellt. Wegen der Pandemie bedingten Reisebeschränkungen und weil sie ebenfalls aufgrund der Krise kein Visum erhielt, war es der Mitarbeiterin nicht möglich, nach Australien zu fliegen und ihren Job anzutreten. Die australische Gesellschaft konnte auf die Expertise ihrer neuen Geschäftsführerin jedoch nicht warten und drängte auf eine schnelle Lösung des Problems. Ihr Vorschlag: Sie könne einen Großteil ihrer Aufgaben auch im deutschen Homeoffice heraus steuern. Klang bestechend einfach, war es aber mitnichten.

Da die Mitarbeiterin einen australischen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, bezog sie auch ihr Gehalt von der australischen Gesellschaft und übte ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin für die australische Gesellschaft aus. Damit lag das wirtschaftliche Interesse auch beim australischen Unternehmen. Insbesondere Tätigkeiten, die in der Geschäftsführerfunktion, die außerhalb des Staates ausgeübt werden, in dem die Gesellschaft Ihren Sitz hat, bringen eine immanente steuerrechtliche Gefahr mit sich, eine Betriebsstätte zu begründen.

Service-Agreements zur Vermeidung von steuerrechtlichen Risiken

Was also tun? Die Unternehmensberatung empfahl stattdessen, den australischen Arbeitsvertrag zunächst auszusetzen und die Mitarbeiterin weiterhin im deutschen Unternehmen angestellt zu lassen. Vielmehr sollte der Beginn des Auslandseinsatzes und damit die Tätigkeit als Geschäftsführerin einfach verschoben werden. Schlichte Vorbereitungstätigkeiten und mögliche beratende Unterstützung durch die zukünftige Geschäftsführerin können aus Deutschland heraus organisiert werden. Mit dem australischen Office wurde ein Service-Agreement geschlossen, das es ermöglichte, diese Tätigkeiten entsprechend der australischen Gesellschaft in Rechnung zu stellen. Damit konnte die künftige Geschäftsführerin der australischen Niederlassung problemlos – wenn auch begrenzt und nicht wie geplant – aus dem deutschen Homeoffice das Office in Australien unterstützen, ohne dass die australische Gesellschaft steuerrechtliche Risiken einging. Hierbei gilt es aber zu beachten, dass diese Lösung absolut stichhaltig und den Compliance-Anforderungen entsprechend dokumentiert wird.

Auch in Sachen sozialer Absicherung hat die Verschiebung gewissen Handlungsbedarf mit sich gebracht. Planmäßig war für die Mitarbeiterin eine Ausnahmevereinbarung zur Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften für die Renten- und Arbeitslosenversicherung beantragt worden. Diese wollte das Unternehmen ungerne stornieren, deswegen empfahlen die Unternehmensberater, eine Mitteilung über einen geänderten Antragszeitraum an den zuständigen Sozialversicherungsträger zu schicken. Das Antragsverfahren wurde somit auf den neu vereinbarten Starttermin für die Tätigkeit in Australien am 1. Juli 2020 verschoben, ohne den kompletten Antrag zurückzunehmen.

Neuer Mitarbeiter sitzt in China fest

Zahlreiche Unternehmen haben in der Corona-Krise aber nicht nur Probleme, ihre Mitarbeiter ins Ausland zu entsenden, sondern können im Ausland rekrutierte Fachkräfte nicht wie geplant in Deutschland einsetzen. In einem weiteren Beratungsfall der BDAE Consult hatte ein Hamburger Unternehmen große Anstrengungen unternommen, um einen versierten chinesischen Einkäufer für ihr Warenunternehmen zu rekrutieren. Dieser hatte seinen Job bei einem Unternehmen in seiner chinesischen Heimatstadt gekündigt und sollte bereits am 1. Februar 2020 mit Frau und Kind nach Hamburg ziehen, um seinen Job anzutreten. Eine Wohnung in Hamburg war angemietet worden, der Mitarbeiter in China hatte seine Wohnung bereits gekündigt. Der Lockdown in China machte den geplanten Arbeitsbeginn in Hamburg jedoch zunichte.

Sein deutscher Arbeitgeber wollte an dem Starttermin festhalten, denn die Fach- und Marktkenntnisse des Mitarbeiters wurden dringend benötigt. Kurzfristig wurde eine Zusatzvereinbarung geschlossen, wonach der Mitarbeiter einen Teil seiner Arbeit aus dem Homeoffice in China erledigen konnte. Tatsächlich bot seine Anwesenheit vor Ort Vorteile, konnte er doch direkt Kontakte zu potenziellen Geschäftspartnern vor Ort knüpfen. Der Mitarbeiter war einverstanden und konnte mit seiner Familie in einer Zweitwohnung eines vermögenden Familienfreundes unterkommen.

Arbeitsvertrag nicht mehr rechtssicher

Die Personalabteilung holte sich Expertise bei der BDAE Consult ein. Und in der Tat, gab es bei dieser Konstellation einiges zu beachten. Weil der chinesische Mitarbeiter noch nicht einen Fuß in den deutschen Betrieb setzen konnte und seinen Lebensmittelpunkt weiterhin in China hatte, führte seine Homeoffice-Tätigkeit zu besonderen rechtlichen Anforderungen. Ohne es zu wissen, bewegte sich das deutsche Unternehmen durch die verbindliche Festlegung des Arbeitsortes in China, so dass sie sich im Geltungsbereich chinesischen Arbeitsrechts bewegte. Da dies in dem eigentlichen Arbeitsvertrag nicht berücksichtigt wurde und auch die Zusatzvereinbarung dies nicht widerspiegelte, war das vertragliche Konstrukt nun möglicherweise nicht mehr rechtssicher. Zudem waren Vereinbarungen hinsichtlich Probezeit, Urlaub, Kündigungsfristen und so weiter insofern ausgehebelt, denn dafür galten die Regelungen des chinesischen Arbeitsrechts.

Und eine weitere Schwierigkeit ergab sich bei dieser Homeoffice-Lösung: Sollte der chinesische Einkäufer neue Kunden oder Kooperationspartner gewinnen, so birgt dies auch in steuerrechtlicher Hinsicht erneut weitere Risiken. Ohne Unterstützung von international versierten Steuerexperten ist das für die meisten Personalabteilungen kaum zu stemmen.

Auch in punkto Sozialversicherung unterlag der Mitarbeiter nun den chinesischen Rechtsvorschriften, was für die Personalabteilung besonders herausfordernd war. Der Prozess wie Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssen, variiert in China gerne von Provinz zu Provinz. Für ausländische Unternehmen – insbesondere für jene ohne jegliche Erfahrungen mit Personaleinsätzen in China – gestaltet sich die rechtskonforme soziale Absicherung von Mitarbeitern zu einer Odyssee. Der Lockdown in China im Februar tat sein Übriges. In diesem besonderen Fall konnte der chinesische Mitarbeiter auf eigene Faust tätig werden und die entsprechenden Schritte zur Entrichtung seiner Sozialversicherung  in die Wege leiten.

Kündigung wegen Corona-Krise noch vor Jobantritt

Nicht immer können Firmen so viel Aufwand und Geld investieren, um Mitarbeiter aus dem Ausland trotz der Corona bedingten Hürden für ihre Projekte weiter zu beschäftigen, wie ein dritter Beratungsfall zeigt.

Ein Mandant aus der Bauwirtschaft plante ein großes Projekt in Südkorea, für das insgesamt fünf Mitarbeiter bei einem Kunden vor Ort eingesetzt werden sollten, um Dienstleistungen zu erbringen. Ein ausgewählter Mitarbeiter war ungarischer Staatsangehöriger und sollte extra zur Entsendung nach Südkorea eingestellt werden. Dafür sollte dieser zunächst in Deutschland angestellt werden, um eine für die Entsendung nötige Vorbeschäftigung zu generieren. Nach langer und mühevoller Planung wurde auch die Entscheidung getroffen, seinen Wohnsitz nach Deutschland zu verlegen. Entgegen der Planung und obwohl der vorgesehene Beschäftigungsbeginn der 15. März 2020 war, konnte der Mitarbeiter nicht mehr mit seiner Familie in Deutschland einreisen.

In der Zwischenzeit bekam der chinesische Auftraggeber die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu spüren und musste den Umfang des Projektes verringern. Die Personalabteilung stand nun vor der unangenehmen Situation, dem ungarischen Mitarbeiter noch in der Probezeit zu kündigen. Hinzu kamen hohe finanzielle Verluste seitens des Unternehmens, das viel Geld in die Wohnungssuche für die ungarische Familie und in die Schulungsmaßnahmen für die Vorbeschäftigung des Mitarbeiters in Deutschland investiert hatte.