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Dorothea Hohn, Geschäftsführerin Global Communication Experts GmbH

„Den Tourismus wie vor Corona-Zeiten wird es so schnell nicht wieder geben“

Die Tourismusbranche atmet auf. Pünktlich zu den Sommerferien haben die deutschen Bundesländer ihre Corona-Beschränkungen gelockert und die Reisewarnung für 27 europäische Länder wurden aufgehoben – darunter auch für beliebte Urlaubsländer wie Italien, Spanien, Kroatien und Frankreich. Seit Kurzem sind auch die meisten Grenzen wieder geöffnet.

Wie können Touristiker nun diesen leichten Aufwind nutzen? Das beantwortet Reiseexpertin Dorothea Hohn, Geschäftsführerin der Kommunikationsagentur Global Communication Experts, im Expat-News-Interview.

Expat News: Ist das der Startschuss für einen normalen Tourismusalltag gefallen?

Hohn: Ich glaube, den Tourismus, so wie wir ihn vor der Corona-Krise kannten, wird es so schnell nicht geben. Hotels und Gastronomie öffnen unter strengen Hygiene-Auflagen, auch Airliner und Kreuzfahrer bereiten den Restart mit Beschränkungen vor. Reiseveranstalter und Reisende stellen sich gleichermaßen um. Noch ist eine langfristige Urlaubsplanung erst eingeschränkt möglich. Jetzt heißt es flexibel und kurzfristig buchen. Wobei sich in dieser Zeit auch Chancen für Urlaubsdestinationen eröffnen.

Expat News: Wie sehen diese denn aus?

Hohn: Das machen, was schon lange überfällig ist, zum Beispiel endlich mal die eigene Webseite aktualisieren – das ist zwar selbstverständlich, aber leider immer noch nicht bei allen deutschen Destinationen oder Hotels umgesetzt. Außerdem kann jeder Anbieter im Tourismus diese Phase für Eigenmarketing-Aktionen nutzen und zum Beispiel in kreativen Online-Veranstaltungen wie einer digitalen Weinprobe und Online-Verkostungen Geschmack auf morgen machen. Vor allem gilt es, Kunden jetzt mit Informationen zu inspirieren.

Nach wochenlangen Kontaktsperren und Verboten wollen sie endlich wieder auf Mallorca baden, Tempel in Indonesien besuchen oder den Regenwald Costa Ricas durchwandern. Und diese Sehnsucht gilt es jetzt mit tollen Bildern und Filmen zu bedienen. Wir können den Menschen Ideen für später geben, sie zu ihrer nächsten Reise inspirieren, ein Stück Destination in ihr Zuhause bringen. Oder sie auch jetzt schon mit Angeboten für künftige Reisen locken.

„Viele werden dieses Jahr kein Zimmer am Meer bekommen“

Expat News: Was glauben Sie, welcher Bereich wird sich am schnellsten erholen?

Hohn: Der Tourismus in Deutschland wird als erstes profitieren. Und trotzdem gilt es, die Gelegenheit, sich ins Gespräch zu bringen, nicht zu verpassen. In Deutschland buhlen nun alle um die inländischen Touristen. Zwar sind im Juli und August die deutschen Inseln schon jetzt fast ausgebucht und viele werden kein Zimmer am Meer bekommen, aber Deutschland hat unglaublich viele Ferien-Regionen, von denen man wenig hört und noch viel weniger weiß. Bayern und Baden-Württemberg kommunizieren neben den Küsten-Ländern intensiv, die große Mitte Deutschlands nutzt noch nicht die Chance, die sich dieses Jahr bietet.

Expat News: Wagen Sie einen Blick in die Zukunft. Was glauben Sie, wie schnell wird sich die gesamte Tourismusbranche erholen?

Hohn: Die Antwort lässt sich nur mit einem Blick in die Glaskugel geben: Zunächst sind wir abhängig vom Flugangebot und fragen uns, wann und wohin starten die Fluggesellschaften wieder. Dann stellt sich natürlich die Frage, wie schnell die Angebote wieder angenommen werden. Ist das abhängig von der Existenz von Impfstoffen oder Medikamenten? Ein wichtiger Faktor bleibt die intensive Information über die Qualität der Flugzeugluft und abfallenden Luftströme der Klimaanlagen im Flugzeug.

Zwei Dinge wissen wir zumindest schon heute: Zum einen haben die Deutschen gemäß vieler Umfragen der letzten Tage und Wochen ein großes Interesse, bald wieder zu reisen – das sagt zumindest die Mehrheit. Zum anderen wissen wir aus Krisen der letzten 20 Jahre, dass die Menschen schnell wieder vergessen und positiv Ereignisse verdrängen. Wir werden also sehen, wie lange das diesmal dauert.