Akuter Durchfall vor Reiseantritt: Rücktrittsversicherung muss zahlen
Muss ein Reisender seinen Urlaub wegen Durchfall, der plötzlich auftritt, absagen, muss dessen Reiserücktrittsversicherung für die Stornokosten der Reise aufkommen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle in einem aktuellen Urteil entschieden (Az. 8 U 165/18).
Geklagt hatte ein Deutscher, der kurz vor Reiseantritt unter einer Durchfallerkrankung mit erheblicher Ausprägung litt. Trotz Einnahme von Medikamenten bestand diese fort und zwang den Betroffenen überfallartig und ohne Vorwarnung, vier- bis fünfmal am Tag in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen müssen.
Verfügbarkeit von Sanitäranlagen nicht ausschlaggebend
Die Reiserücktrittsversicherung wollte jedoch nicht für die Kosten des Reiseabbruches aufkommen: Begründung: Während des Fluges sowie am Urlaubsort seien ausreichend Sanitäranlagen vorhanden. Der Kunde zog deshalb vor Gericht und bekam Recht. Die Zumutbarkeit des Reiseantritts dürfe nicht mit dessen technischer Durchführbarkeit verwechselt werden, argumentierten die Richter.
Es sei vielmehr zu berücksichtigen, dass schon bei der Anfahrt zum Flughafen, während des Eincheckens und bis zum Erreichen der Flughöhe nicht jederzeit eine Toilette zugänglich sei. In einem Flugzeug stehe nur eine begrenzte Anzahl von Bordtoiletten zur Verfügung und die Möglichkeit deren Inanspruchnahme sei schließlich auch von den Bedürfnissen der anderen Flugpassagiere abhängig.
Symptomatik bei Durchfall entscheidend
Bei einer Durchfallerkrankung mit der im vorliegenden Fall festgestellten Symptomatik und einem überfallartig entstehenden Bedürfnis müsse jedoch jederzeit gewährleistet sein, eine Toilette in Anspruch zu nehmen. Das sei insbesondere auf einem längeren Flug regelmäßig nicht der Fall, weshalb der Reiseantritt insgesamt unzumutbar und der Versicherer leistungspflichtig sei.
In der Reiserücktrittsversicherung liegt unter anderem grundsätzlich ein Versicherungsfall nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen vor, wenn die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen wird. Um dies festzustellen, so heißt es in dem Urteil, komme es nicht auf eine konkrete ärztliche Diagnose der Erkrankung an. Entscheidend sei vielmehr das Vorliegen einer krankheitsbedingten Symptomatik, die den Antritt einer Flugreise unzumutbar erscheinen lasse.