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furlough
© corlaffra - AdobeStock

Corona-Krise in Minnesota: Wenn um dich herum fast alle im „furlough“ sind

Gestern stand unser Vermieter mit seinem Sohn vor meiner Haustür. Er erklärte mir, dass er nun (endlich!) unsere Terrasse sanieren würde, denn besagter Sohn habe nun jede Menge Zeit mit anzupacken, er sei nämlich seit letzter Woche im „furlough“. Auch mein Nachbar, der heute Morgen mit seinem Hund vor meinem Garten spazieren ging, erklärte mir bei einem Plausch (mit den üblichen „6 feet apart“ und mit Mundschutz ausgerüstet) er sei aktuell im „furlough“.

„furlough“ als Alternative zur endgültigen Kündigung

Auch in den USA wird man nicht immer, gemäß der so oft zitierten „hire-and-fire“ Mentalität, gleich entlassen, sondern es gibt eine amerikanische Variante gegen den sofortigen „lay-off“, den sogenannten „furlough“. Aufgrund spezieller Ereignisse im Unternehmen oder in der gesamten Wirtschaft können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter temporär freistellen mit der Aussicht, sie bei Besserung der Lage schnellstmöglich wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzuholen. Vor allem größere Unternehmen haben inzwischen gewisse Hemmungen, gut ausgebildeten, qualifizierten Mitarbeitern gleich die Kündigung in die Hand zu drücken, so dass der furlough erst einmal eine gute Alternative ist. Mitarbeiter im furlough erhalten von ihrem Unternehmen in der Regel weiterhin ihre gewohnten Leistungen (Unterstützung zur Krankenversicherung, Rentenzuschüsse etc.) und haben außerdem die Möglichkeit, staatliche finanzielle Unterstützung, die „unemployment benefits“ zu beantragen.

Höhe des Arbeitslosengeldes in jedem Bundesstaat unterschiedlich

Die „unemployment benefits“, das amerikanische Arbeitslosengeld, sind in den USA Sache der Bundesstaaten, so dass die Anspruchsberechtigung und die Höhe der Bezüge je nach Wohnort unterschiedlich sein können. Bei uns in Minnesota belaufen sich die benefits, die auch im Falle des furlough bezahlt werden, auf rund die Hälfte des wöchentlichen Bruttolohns, den man im Schnitt der letzten 52 Wochen verdient hat, bis zu einer Summe von maximal 740 US-Dollar. Dieses Geld wird bis zu 26 Wochen lang ausbezahlt. Vergleicht man dies mit Staaten wie Arizona oder Louisiana, wo nur etwas mehr als 200 Dollar pro Woche maximal ausbezahlt werden, so sind wir hier oben im kalten Upper Midwest gar nicht so schlecht dran. Und dank des im März verabschiedeten CARES Act (Coronavirus Aid, Relief, and Economic Security Act) fließt aus den großen Töpfen in Washington noch zusätzliches Geld an alle, die aktuell Arbeitslosengeld erhalten – 600 US-Dollar pro Woche werden so noch auf die von den Bundesstaaten ausbezahlten benefits draufgepackt. Außerdem verlängert das CARES Act den Bezugszeitraum um 13 Wochen, also auf maximal 39.

Unsere „stay-at-home order“ in Minnesota, die eigentlich an Ostern enden sollte, wurde schon am 8. April bis zum 4. Mai verlängert. Insofern habe ich ein kleines bisschen Hoffnung, dass der Sohn meines Vermieters meine Terrasse fertig bekommt, bevor sein furlough zu Ende ist. Aber ich wünsche ihm und uns allen natürlich nichts mehr, als dass wir bald wieder zurück zu unseren Arbeitsplätzen und in ein halbwegs „normales“ Leben können.