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Corona-Krise in Minnesota
© RomanR - AdobeStock

Wie ich die Corona-Krise aktuell in Minnesota erlebe

Bis zu jenem Mittwoch, dem 11. März, an dem Präsident Trump das Coronavirus in einer Fernsehansprache als „foreign virus“ bezeichnete und einen 30-tägigen Einreisestopp aus Europa ab dem 13. März verhängte, war Corona für mich und die meisten Minnesotans noch ziemlich weit weg. Als ich dann aber am Morgen nach der Rede in den nahegelegenen Supermarkt ging, waren plötzlich die Regale mit Nudeln, Reis, Konserven und Toilettenpapier wie leergefegt. Das hatte ich nicht erwartet – meine Nachbarn waren nervös geworden und entpuppten sich als blitzschnelle Meister des Hamsterns! Also packte auch ich, völlig irrational, meinen Wagen randvoll mit dem, was es noch gab.

Schulschließungen wegen Corona-Krise in Minnesota

Bis Sonntag, den 15. März, lebten wir in einer ziemlich unklaren Situation. Wie würde es jetzt weitergehen? Wir hörten von den geplanten Schulschließungen in einigen deutschen Bundesländern, aber würde das bei uns auch so rasend schnell kommen, wo wir doch zu diesem Zeitpunkt gerade einmal rund 20 bestätigte Corona-Fälle in Minnesota hatten? Nur wenige Stunden später blinkte auf mein Handy eine Textnachricht auf. Die High School der Kinder informierte über die Schließung aller Schulen im Schuldistrikt ab Montag, den 16. März. Die Schulgebäude durften nur noch betreten werden, um Unterlagen oder Musikinstrumente abzuholen.

Was war passiert? Der demokratische Governor von Minnesota, Tim Walz, hatte die Schließung aller Schulen im Staat ab spätestens 18. März angeordnet. Am Montag, den 16. März, ordnete er außerdem kurzerhand die Schließung aller Restaurants, Bars, Coffee Shops, Theater, Kinos, Fitnessstudios und sonstiger öffentlicher Räumlichkeiten an. Ab sofort war nur noch take-out, drive-thru oder curbside-pickup möglich. Zudem wurde „social distancing“ dringend empfohlen, was hier so definiert wird, dass man 6 feet (rund 1,80 Meter) Abstand halten soll – und die Menschen hielten sich zu meinem Erstaunen größtenteils sofort daran.

Radikale Vollbremsung innerhalb von zwei Tagen

Wir legten also in Minnesota innerhalb von zwei Tagen eine ziemlich radikale Vollbremsung hin, zu einer Zeit, als Präsident Trump noch erklärte, man habe die Lage im Griff und alles sei halb so wild. Am 27. März um Mitternacht trat in Minnesota zudem ein „Stay-at-home-Order“ in Kraft, das erst einmal bis 10. April gilt. Nach draußen darf nur noch, wer einer systemrelevanten Arbeit nachgeht, Lebensmittel oder Medikamente einkaufen geht oder zum Arzt muss. Immerhin ist es noch erlaubt, unter Einhaltung des „social distancing“  draußen spazieren, joggen oder Radfahren zu gehen.

Inzwischen gilt in über 20 Bundesstaaten der USA eine „Stay-at-home-Order“, angeordnet vom jeweiligen Governor. Und dieser Governor gehört fast immer den Demokraten an, nur wenige Republikaner haben diese Order bislang ausgegeben.

Mir ist in den letzten Tagen so eindrücklich wie noch nie bewusst geworden, welche Macht der Governor in den USA in seinem jeweiligen Staat hat und es beruhigt mich zu sehen, dass Tim Walz und viele seiner Kollegen in der Lage sind, kluge Entscheidungen zu treffen – auch wenn diese im Gegensatz zur Meinung des Präsidenten stehen. Es lässt mich hoffen, und die Hoffnung stirbt bekanntlich immer zuletzt, dass wir hier oben im kalten Norden der USA halbwegs glimpflich durch diese furchtbare Krise kommen werden.

(Stand 27.3.2020)