Flugverspätung bei Teilbuchungen: Passagiere haben Anspruch auf Entschädigung
Flugreisende, die mehrere Teilflüge in einer Buchung (Teilbuchungen) kombiniert haben, können auch bei großer Verspätung einen Anspruch auf eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung geltend machen. Das hat kürzlich der Europäische Gerichtshof entschieden (EuGH, Az. C-436/21).
Dass der Fall vorm EuGH verhandelt wurde, ist auch auf das Fluggastrechte-Portal Flightright zurückzuführen. Nach Angaben des Unternehmens habe dieses bis zum Bundesgerichtshof (BGH) geklagt. „Vor dieser wegweisenden Entscheidung war Betroffenen bei Buchungen mit mehreren Airlines häufig nicht klar, ob sie für ihre durch lange Wartezeiten am Flughafen verursachten Strapazen wenigstens eine Entschädigung bekommen würden“, sagt Claudia Brosche, Fluggastrechtsexpertin bei Flightright.
„Die Fluggesellschaften können sich jetzt nicht mehr bei Teilbuchungen herausreden.“
Oftmals seien dadurch auch weitere Reisebuchungen, wie die von Mietwagen oder Hotels, betroffen. Es könnten auch Personen am Zielflughafen warten, die womöglich auf einem Langstreckenflug gar nicht erreichbar waren. Der EuGH macht nun Schluss mit der Unsicherheit bei kombinierten Flügen in einer einheitlichen Buchung und stärkt die Rechte von betroffenen Flugreisenden. Wenn Flugreisenden eine einzige Buchungsbestätigung mit einem Gesamtpreis und einheitlicher Buchungsnummer ausgestellt wird, dürfen Verbraucher*innen davon ausgehen, dass sie einen Entschädigungsanspruch gegenüber der ausführenden Fluggesellschaft haben. „Die Fluggesellschaften können sich jetzt nicht mehr herausreden, sondern sind zur Zahlung verpflichtet, auch wenn ein Reisebüro eine bestätigte Gesamtbuchung für mehrere Teilflüge erstellt“, so Brosche weiter.
Wichtig für Flugreisende: Die Entschädigungsansprüche bei solchen, unter einer Buchung kombinierten, Flügen können auch drei Jahre rückwirkend zum Jahresende geltend gemacht werden.
In dem Urteil zugrunde liegenden konkreten Fall hatte eine Flugreisende ihre Reise über ein Reisebüro gebucht. Sie wollte von Stuttgart nach Kansas City fliegen. Das Reisebüro buchte der Frau mehrere Teilflüge und stellte eine einheitliche Buchungsnummer für die gesamte Strecke aus. Sie flog von Stuttgart nach Zürich mit Swiss International Air Lines, von dort weiter nach Philadelphia und erreichte die Flugreisende schlussendlich Kansas City. Die beiden letzten Teilflüge führte American Airlines durch.
Vier Stunden verspäteter Langstreckenflug
Da der Flug von Philadelphia nach Kansas verspätet startete, erreichte die Passagierin ihr Ziel mit einer Verspätung von vier Stunden und 22 Minuten. Aufgrund der Entfernung verlangte die Frau 600 Euro Entschädigung von American Airlines, die die Zahlung jedoch verweigerten. Daraufhin beauftragte die Frau Flightright mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Sowohl die erste als auch die zweite Instanz wiesen den Anspruch der Frau auf Entschädigung ab, weshalb Flightright in die Revision ging. Der BGH legte dem EuGH die Frage vor, ob eine einheitliche Buchung vorliege, wenn das Reisebüro mehrere Anschlussflüge unterschiedlicher Airlines unter einem einheitlichen Preis und einer Nummer zusammenfügt.
Ab einer Verspätung von mehr als drei Stunden am Endziel haben Reisende einen Anspruch auf Entschädigung – bei Langstrecken in Höhe von 600 Euro. Um einen Anspruch erfolgreich gegen die Airline geltend machen zu können, benötigt der Passagier eine bestätigte Buchung. Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass das Reisebüro mehrere einzelne Flüge unterschiedlicher Airlines zu einer Buchung zusammenfasste. Auf der Buchungsbestätigung der Frau war nur ein Gesamtpreis ausgewiesen und eine einzige Buchungsnummer, sodass es für die Passagierin als eine einheitliche Buchung zu verstehen war.
Teilbuchungen sind als einheitliche Buchungen zu betrachten
Der EuGH hat mit dem von Flightright vor das Gericht gebrachte Urteil vom 6. Oktober 2022 zum Az. C-463/21 entschieden, dass die Buchungsbestätigung des Reisebüros als eine einheitliche Buchung anzusehen ist. Denn auch wenn das Reisebüro mehrere Teilflüge verschiedener Airlines zusammenfasste, lagen direkte Anschlussflüge und somit eine Gesamtstrecke von Stuttgart nach Kansas City vor. Unerheblich war für den EuGH auch, dass weder Swiss noch American in einer rechtlichen Beziehung zueinander standen. Ausschlaggebend war die Buchungsbestätigung des Reisebüros, dass sämtliche Flüge zu einem Gesamtpreis und einer einheitlichen Buchungsnummer auswies. Der EuGH verwies darauf, dass die Fluggastrechteverordnung nicht vorsehe, dass zwischen den Fluggesellschaften eine rechtliche Beziehung bestehen muss. Nur so kann ein hohes Schutzniveau für die Flugreisende erreicht werden.
Erst im vergangenen Jahr hatte der EuGH eine Entscheidung zu den bestätigten Buchungen herausgebracht, die unter anderen auch durch Flightright initiiert war (Az. C-146/20, C-188/20, C-196/20 und C-270/20). Insbesondere bei neuen Gerichtsurteilen verwehren Airlines häufig zunächst die Zahlung. Bei der Durchsetzung helfen dann Verbraucherrechtsportale wie Flightright.