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Lufthansa
© Oliver Roesler oro-photography.com für Lufthansa

Lufthansa-Streik: Reisende haben Anspruch auf Entschädigung

Die Lufthansa sorgt auch in diesem Spätsommer weiter für negative Schlagzeilen. Knapp einen Monat nach dem Streik des Bodenpersonals streiken am heutigen Freitag die Piloten der Lufthansa ganztägig für eine bessere Bezahlung. Wichtig für Flugreisende ist, dass es sich bei diesem internen Streik der Lufthansa nicht um einen außergewöhnlichen Umstand handelt. Somit haben Reisende bei Flugausfällen und großen Verspätungen einen Entschädigungsanspruch. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache C-28/20 Anfang 2021 unmissverständlich entschieden. Welche Rechte Flugreisende beim heutigen Streik haben, erklärt Oskar de Felice, Fluggastrechtsexperte und Leiter der Rechtsabteilung bei Flightright.

Interner Streik gilt nicht als außergewöhnlicher Umstand.

„Bei kurzfristigen Annullierungen und großen Verspätungen können Flugreisende einen Anspruch auf Entschädigung von 250 Euro bis 600 Euro geltend machen, da es sich bei internen Streiks der Airline nicht um einen außergewöhnlichen Umstand handelt, mit dem sich die Lufthansa gerne versucht, herauszureden“, so de Felice.

Der EuGH hatte  Anfang 2021 entschieden, dass Airline-interne Streiks wie dieser zu einer Entschädigung der Flugreisenden führen. Die ehemals deutsche Premium-Airline verweigert Flugreisenden zudem immer noch anspruchsberechtigte Entschädigungszahlungen, die im Zusammenhang mit dem internen Streik bei Lufthansa Ende Juli stehen.

Lufthansa blockiert berechtigte Entschädigungszahlungen

Zum Streik, der am 2. September 2022 ganztägig stattfindet und alle deutschen Abflughäfen der Lufthansa betrifft, hatte die Gewerkschaft Cockpit (VC) aufgerufen. Sie fordern für die knapp 5.000 Kapitäne und Ersten Offiziere eine Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent im laufenden Jahr und für das folgende Jahr einen automatisierten Inflationsausgleich. „Unter dem Streik leiden wie so häufig in diesem Sommer die Kund*innen der Lufthansa. Wenn diese aufgrund von Flugverspätungen und -ausfällen ihre berechtigten Entschädigungszahlungen fordern, stellt sich die Lufthansa quer und verzögert die Auszahlungen durch Gerichtsverfahren, obwohl die Rechtsprechung eindeutig auf Seiten der Passagier*innen ist. Auch bei dem heutigen Streik erwarten wir wieder eine Blockadehaltung bei der Auszahlung berechtigter Entschädigungszahlungen“, so de Santis weiter.

Gerichte schon jetzt überlastet

Die Lufthansa müsse sich endlich rechtskonform verhalten. Solange sie das nicht täte, müssten die Gerichte weiterhin entsprechende Klagen bearbeiten. Verweigert die Lufthansa die Entschädigungszahlungen, bleibt Verbraucher*innen oft nichts anderes übrig, als die Fälle vor Gericht zu verhandeln. Dadurch geht viel Zeit verloren und die Flugreisenden müssen oft viele Monate auf ihre Entschädigung warten.

Ein weiteres Problem verursacht die Lufthansa, indem sie die vielen bundesweiten Amtsgerichte mit unnötigen Klagen überlastet, die von der Rechtsprechung her klar geregelt sind. So fand das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ kürzlich heraus, dass einzelne Amtsgerichte, die für Flughäfen zuständig sind, bis zu 90 Prozent mit Fluggastklagen beschäftigt sind und so für andere wichtige Strafverfahren nicht zur Verfügung stehen.

Lufthansa mit beispielloser Stornierungswelle

Dass die Lufthansa-Group das von Flightright erstellte Stornierungs-Ranking 2022 mit großem Abstand anführt, ist nach den ganzen Negativmeldungen der Airline nicht überraschend. „Die Lufthansa-Group steht einsam an der Spitze der stornierten Flüge und das sagt alles über den aktuellen Zustand der Airline aus. Wenn eine selbsternannte Premium-Airline einen Service anbietet, den man eigentlich nur von Low-Cost-Carriern erwartet, dann wird das Ansehen dieser Airline stark beschädigt. Zahlreiche Lufthansa-Kund:innen berichten uns seit Monaten von unzähligen Problemen im Zusammenhang mit der Airline. Die ausbleibenden Entschädigungszahlungen aufgrund des internen Streiks sind ein weiteres Paradebeispiel für die unzähligen Verfehlungen der Lufthansa in diesem Sommer“, so Weishaupt abschließend.

Lufthansa Spitzenreiterin bei Stornierungen 2022Lufthansa

Mehr als2.500 Stornierungen gab es 2022 bei der Lufthansa. Zum Vergleich: Die Urlaubsflieger TUIfly und Condor hatten nur jeweils 50 bzw. 20 Stornierungen zu verzeichnen.

Luthansa-Konzern selbst kann Streikmotive nicht nachvollziehen

Lufthansa
© Lufthansa Gruppe

Hintergrund: Lufthansa muss an den Drehkreuzen in Frankfurt und München für Freitag 800 Flüge streichen, vereinzelt werden auch Flüge bereits am heutigen Donnerstag gestrichen. Betroffen sind voraussichtlich 130.000 Fluggäste. Mit Blick auf das kommende Wochenende, das Ferienende in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland arbeitet Lufthansa mit Hochdruck daran, den Flugbetrieb wieder so schnell wie möglich zu normalisieren, so die Pressestelle.

Dennoch können die Auswirkungen des Streiks auch am Samstag und Sonntag noch zu einzelnen Flugausfällen oder Verspätungen führen. Eurowings und Eurowings Discover sind von dem Streikaufruf nicht betroffen und sollen planmäßig stattfinden. Von Streichungen betroffene Fluggäste werden heute umgehend informiert und nach Möglichkeit auf alternative Flüge umgebucht. Michael Niggemann, Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Deutschen Lufthansa AG, sagt: „Uns fehlt jedes Verständnis für den Streikaufruf der VC. Die Arbeitgeberseite hat ein sehr gutes und sozial ausgewogenes Angebot gemacht – trotz der nachwirkenden Lasten der Corona Krise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft. Diese Eskalation geht zu Lasten vieler Tausend Kundinnen.“

Konkret hat der Konzern ein Angebot mit 18-monatiger Laufzeit vorgelegt, bei dem Pilot*innen der Lufthansa und Lufthansa Cargo in zwei Stufen insgesamt 900 Euro mehr Grundvergütung pro Monat bekommen. Davon profitieren vor allem die Einstiegsgehälter. Ein Berufseinsteiger als Copilot bzw. Copilotin erhält so mehr als 18 Prozent zusätzliche Grundvergütung über die Laufzeit, ein Kapitän beziehungsweise Kapitänin in der Endstufe fünf Prozent. Mit dem Abschluss für den Boden hat der Konzern gezeigt, dass er zu signifikanten Lohnzugeständnisse bereit ist. Alternativ wurde der VC angeboten dieses Volumen ganz oder teilweise anderweitig zu verteilen, beispielsweise für strukturelle Änderungen wie Angleichungen der Vergütungstabelle.