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Expat-Management in der Coronapandemie
© metamorworks - AsobeStock

Wie die Coronapandemie das Expat-Management verändert

Der internationale Expat-Management ist durch die Coronapandemie einem Paradigmenwechsel ausgesetzt. Das haben diverse Studien untersucht. Personalabteilungen werden sich weiter an die veränderten Bedingungen anpassen müssen. Dazu tragen neben der andauernden Pandemie auch geopolitische Risiken bei.

Obwohl es keinen Rückgang hinsichtlich der Anzahl von Expatriates insgesamt gibt, so hat die Pandemie doch ein anderes Profil von Expats hervorgebracht. Zu diesem Schluss kommt Cigna in einer Studie. So wurden vor 2020 vor allem Männer mit jungen Familien ins Ausland entsandt, doch die Pandemie hat dazu geführt, dass einige Familien nach Hause zurückgekehrt sind und daher ein größerer Anteil von Frauen und Singles weltweit unter den Expats zu finden sind. Trotz der Pandemie und der damit verbundenen Unsicherheiten streben Arbeitnehmende nach wie vor ein Leben im Ausland an. Anziehend wirken der Cigna-Studie zufolge vor allem Karrieremöglichkeiten und kulturellen Erfahrungen, die ein Umzug in ein neues Land bieten würden.

Bereitschaft für den Job ins Ausland zu gehen ist gesunken

Laut einer Studie der Boston Consulting Group (BCG) ist die Bereitschaft von Fach- und Führungskräften im Rahmen einer Entsendung für den Arbeitgeber ins Ausland zu gehen seit der Covid-19-Pandemie insgesamt jedoch deutlich gesunken. Demnach wären weltweit nur noch 50 Prozent aller Arbeitnehmenden bereit, für den Job ins Ausland zu gehen. Die Pandemie war zudem ein gewaltiger Katalysator für Veränderungen in den Unternehmen, denn sie hat neue Lebens- und Arbeitsweisen hervorgebracht. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt haben erfahren, dass sie ihre Arbeit effektiv erledigen können, ohne jemals einen Fuß in ein Büro zu setzen. Neunundachtzig Prozent erwarten laut Erhebungen von BCG, die für die Studie mehr als 200.000 Personen in 190 Ländern befragte, dass sie nach dem Ende der Krise zumindest zeitweise von zu Hause aus arbeiten können.

Arbeitnehmende weltweit wollen Flexibilität

Es ist in der Tat die Flexibilität, an der die meisten Arbeitskräfte interessiert sind, und nicht die völlige Ablehnung des traditionellen Modells der physischen Vollzeitzusammenarbeit. Überdurchschnittlich viele Menschen in Entwicklungsländern befürworten Vollzeitmodelle für die Arbeit von zu Hause aus; 44 Prozent in Südafrika und 39 Prozent in Indien gaben an, dass sie diese Idee gut fänden. Die Menschen in den Industrieländern sind eher weniger interessiert, wobei die USA eine Ausnahme bilden: 35 Prozent der US-Bürger gaben an, dass sie gerne in Vollzeit von zu Hause aus arbeiten würden. Das hat auch Auswirkungen auf die Entsendepraxis.

neues Expat-Management während der Pandemie

„Remote-Work ist das ’neue Normal‘ im Expat-Management“

Expat-Management
Omer Dotou, Leiter BDAE Consult

„Remote-Work und Homeoffice im Ausland ist das neue „Normal“ im Expat-Management und im Global-Mobility-Sektor, Langzeiteinsätze lassen derzeit stark nach“, weiß Omer Dotou von der BDAE Consult GmbH. Dabei zeigt sich aber auch, dass Remote-Work in vielen Varianten daher kommt und in unterschiedlichen Ausprägungen stattfindet. In der Beratungspraxis der BDAE Consult haben sich vor allem die folgenden Wunschmodelle herauskristallisiert:

  • Expats verbleiben im Heimatland im Homeoffice und sind in einem internationalen Team des Ziellandes integriert
  • Expats werden für eine bestimmte Position in einem bestimmten Zielland ausgewählt, wollen aber weder in Deutschland noch im Zielland leben, sondern beispielsweise in einem anderen Land (aus persönlichen Gründen etwa oder um sich einen Reisetraum zu erfüllen)
  • Arbeitnehmende entdecken die „Workation“ für sich und wollen Arbeit mit Urlaub im Ausland verbinden
  • Arbeitnehmende wandern (temporär) aus und wollen vom neuen Lebensmittelpunkt weiter für den deutschen Arbeitgeber tätig bleiben

Kommt es dann doch zu längerfristigen Einsätzen im Ausland, dann bevorzugen laut BCG potenzielle Expats den asiatisch-pazifische Raum (zum Beispiel Singapur, Neuseeland). Länder in dieser Region betreiben ein gutes Pandemie-Management, Expats gewinnen damit an Sicherheit. Bei der Vorbereitung für den Auslandseinsatz stehen dann Pandemie- und geopolitische Sicherheitsfragen im Vordergrund. Das bedeutet auch, dass Sicherheitskonzepte angepasst und individualisiert und in den Onbording-Prozess implementiert werden.

Work-Life-Harmony bei Expats im Vordergrund

„Auffallend ist auch, dass die Familie stärker einbezogen ist als zuvor. Mittlerweile gilt Work-Life-Harmony anstatt Work-Life-Balance“, so Dotou weiter. Auch gehe es im Vorfeld weniger darum, Expats von dem Schritt ins Ausland zu überzeugen, sondern darum, das Stresslevel möglichst niedrig beziehungsweise in Balance zu halten. Dazu gehören Gesundheitskonzepte, die einen niedrigschwelligen Zugang zu Gesundheitsleistungen bieten (beispielsweise Ärztinnen und Ärzten, welche die Muttersprache oder fließend Englisch sprechen, Unterstützung bei Leistungen zur psychischen Gesundheit, Telemedizin via App abrufbar machen).

Vor dem Hintergrund geopolitischer Risiken und sich schnell verändernder Sicherheitsbedingungen im Ausland stellen sich Personalverantwortliche vor allem die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass Expats auch bei Grenzschließungen außer Landes und zurück zu ihrer Familie kommen können. „Hier sollten entsprechende Szenarien skizziert und Handlungsschritte dokumentiert werden“, weiß BDAE-Unternehmensberater Dotou.

Notfallkonzepte müssen überarbeitet werden

Daneben spielen auch ein erstarkender Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Einschränkung von persönlichen Freiheitsrechten eine Rolle. Auch überlegen sich entsendende Firmen, welche konkreten Schritte bei einer Evakuierung vorgesehen sind (zum Beispiel bei Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbruch, Reaktorunfall), um ihre Expats zu schützen.

In Sachen Pandemie führen Unternehmen mittlerweile ein regelmäßiges Monitoring der weltweiten Covid-19-Situation durch samt den entsprechenden Vorschriften und Regelungen. Dazu gehört auch, zu klären, welche landesspezifischen Regelungen es in punkto Impfnachweis gibt, wo und wie Expats ihre (Auffrischungs-)Impfungen (inklusive der Familienangehörigen) erhalten, welcher Impfstoff in welchem Land anerkannt wird und welche Einreisebestimmungen je nach aktueller Pandemielage gelten.

Neue Maßnahmen im Onboarding-Prozess für Expats:

Coachings und (interkulturelle) Trainings finden überwiegend digital statt.

Sicherheitskonzepte mit pandemie- und geopolitischen Fragen sollten angepasst und individualisiert in den Onboarding-Prozess implementiert werden.

Die Familie sollte bei allen Prozessen noch stärker einbezogen werden als zuvor: „Work-Life-Harmony“ statt Work-Life-Balance. Unter anderem müssen die (rechtlichen) Anforderungen für das Remote Working des Partners/der Partnerin geprüft und individuelle Lösungen geschaffen werden.

Personalabteilungen haben die Aufgabe, bei Bedarf Präsenzen im ausländischen Büro zu ermöglichen, um die Arbeitsintegration zu erleichtern.

Gesundheitskonzepte sollten die Psyche mit einbeziehen, um das Stresslevel insbesondere für Mitarbeitende im Homeoffice in Balance zu halten. Wichtig ist auch ein niedrigschwelliger Zugang zu Gesundheitsleistungen, beispielsweise Ärzte und Ärztinnen, welche die Muttersprache oder Englisch sprechen, Unterstützung bei Leistungen zur psychischen Gesundheit oder Telemedizin via App abrufbar zu machen.

Empfehlenswert ist, insbesondere in der Onboarding-Phase regelmäßige „Keep-inTouch“-Meetings durch digitale Dienste wie Teams oder Zoom zu organisieren. Es geht darum, regelmäßig Rücksprache über aktuelle Herausforderungen und Fortschritte in Sachen Integration vor Ort zu gewährleisten.

Patenschaften mit ehemaligen Expats können insbesondere in der Anfangsphase die Integration erleichtern.

Die Rückholung im Krisenfall muss bereits vor Einsatzbeginn organisiert werden.

Wie eine Workation rechtssicher gelingt

Spätestens seit der Coronapandemie ist ortsunabhängiges Arbeiten („remote work“) verbreiteter denn je. Neben Homeoffice im Ausland hat sich inzwischen auch die sogenannte Workation etabliert. Immer mehr Unternehmen wollen es ihren Mitarbeitenden ermöglichen, problemlos im Ausland für sie zu arbeiten – beispielsweise im Anschluss oder in Verbindung mit einem Urlaubsaufenthalt. Doch was gut gemeint ist, hat auch seine rechtlichen Tücken.

Sorgfältige Vorbereitung durch das Personalmanagement ist wichtig, gerade weil es sich bei Workation um eine neue Arbeitsform handelt, deren rechtliche Beurteilung sich erst noch entwickeln muss. Im deutschen Arbeitsrecht ist dieser Begriff noch nicht bekannt. Deshalb empfiehlt es sich, klare vertragliche Regelungen in einem Betrieb zur Workation zu definieren. Omer Dotou erwartet, dass es in nächster Zeit auch einige Gerichtsentscheidungen dazu geben wird. Dann erst werden sich nach und nach auf dieser Basis neue Leitlinien ergeben.

Doch schon jetzt ist klar: Workation ist nicht gleich Workation. Je nach Dauer, Ort und Art der Tätigkeit gibt es unterschiedlichen Anspruch an das Personalmanagement. Einige Beispiel-Konstellationen stellt Auslandsexperte  Omer Dotou in diesem Video vor.