Das sind die Auswirkungen des Brexit für Verbraucher und Unternehmen
Mit dem Jahreswechsel sind die Auswirkungen des Brexit im Alltag der Menschen angekommen. Der Austritt des Vereinigten Königreichs (UK) aus der Europäischen Union ist nun vollzogen, auch wenn weiterhin rechtliche Fragen zwischen EU und britischer Regierung offen sind. Nichtsdestotrotz wirkt sich der vollzogene Brexit in vielerlei Hinsicht auf die Menschen aus, im Beruf wie im Alltag. Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland zeigt die Änderungen im Detail auf.
Was ist anders?
Die Einreisebestimmungen
Bis 30. September 2021 ist die Einreise für EU-Bürger mit einem Personalausweis oder einem Reisepass möglich. Ab 1. Oktober 2021 ist die Einreise nur noch mit einem Reisepass gestattet. Wer allerdings über einen „settled“ oder „pre-settled“-Status verfügt, Grenzgänger oder ein „S2-Healthcare-Visitor“ ist, kann seinen Personalausweis auch noch bis 31. Dezember 2025 zur Einreise nutzen. Für Kurzzeitaufenthalte, zum Beispiel für einen Urlaub, ist kein Visum erforderlich.
Studiengebühren
Wer sein Studium im Juli 2021/2022 beginnt, bezahlt nicht mehr die gleichen Studiengebühren wie britische Studierende. Es werden die internationalen Studiengebühren, die meist höher sind, fällig.
Die Europäische Krankenversicherungskarte verliert ihre Gültigkeit
Grundsätzlich gilt die Europäische Krankenversicherungskarte EHIC seit dem 1. Januar 2021 im Vereinigten Königreich nicht mehr. Personen, die vor dem 31. Dezember 2020 ins Vereinigte Königreich eingereist sind und sich über den Austrittstermin hinaus dort aufhalten, unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen, die im Einzelfall geprüft werden müssen, dem Austrittsabkommen. Für sie sollen die deutschen Krankenkassen dann bis zur Beendigung des Aufenthaltes eine entsprechende Provisorische Ersatzbescheinigung (PEB) ausstellen.
Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland weist allerdings darauf hin, dass bei vorübergehenden Aufenthalten im Vereinigten Königreich auch ab 01.01.2021 im bisherigen Format weiterhin eingesetzt werden können. Auch vom britischen Träger ausgestellte EHICs und PEBs seien bei vorübergehenden Aufenthalten in Mitgliedstaaten weiter einsetzbar.
Mit der EHIC können Sie während ihres Urlaubs in allen EU-Mitgliedstaaten sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz in Notfällen und bei ungeplanten Behandlungen zum Arzt gehen und bekommen die gleichen Leistungen wie Bürgerinnen und Bürger des jeweiligen Reiselandes. Die Kosten für die medizinisch notwendige Versorgung werden normalerweise von der Krankenkasse übernommen. Es kann jedoch sein, dass Sie in Vorleistung gehen müssen.
Personen, die nach dem 31. Dezember 2021 ins Vereinigte Königreich einreisen, haben weder einen Anspruch auf eine EHIC noch auf eine PEB. Daher ist der Abschluss einer Auslandsreise-Krankenversicherung umso wichtiger. Verbraucher sollten im Zweifel prüfen, ob ihr bisheriger Krankenversicherungsschutz durch die neuen Regelungen aufgefangen wird und erhalten bleibt, oder ob sie sich neu beziehungsweise zusätzlich absichern sollten, etwa durch eine private Auslandskrankenversicherung wie die des BDAE.
Die Europäischen Gerichtsverfahren entfallen
Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, das Europäische Mahnverfahren sowie der Europäische Vollstreckungstitel entfallen. Somit wird es für Verbraucher zunehmend schwieriger, ihre Ansprüche gegenüber Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich durchzusetzen.
Was bleibt?
Die Bahngastrechte
Die Bahngastrechte gelten für grenzüberschreitende Fahrten von der EU nach UK, von UK nach Europa und für Fahrten innerhalb des Vereinigten Königreiches. Zugreisende können weiterhin, unter bestimmten Voraussetzungen, bei einer Verspätung ab 120 Minuten 50 Prozent des Ticketpreises zurückverlangen. Bei einer Verspätung zwischen 60 und 119 Minuten sind es 25 Prozent.
Die Busgastrechte
Bei den Busgastrechten können Verbraucher, deren Busfahrt annulliert wurde, unter bestimmten Voraussetzungen, die Erstattung des Fahrpreises verlangen und sich gegebenenfalls zum Abfahrtsort zurückbringen lassen.
Die Fahrgastrechte für Fährpassagiere
Fährpassagiere haben zum Beispiel auch weiterhin das Recht auf eine Entschädigung in Höhe von 25 Prozent des Ticketpreises, falls die Verspätung zwei Stunden, bei einer planmäßigen Fahrtzeit zwischen vier und acht Stunden, beträgt.
Die Anerkennung des nationalen Führerscheins
Wer in UK Auto fahren möchte, kann dies weiterhin mit einem deutschen, europäischen oder internationalen Führerschein tun.
Die gesetzliche Gewährleistung bei Einkäufen im Laden
Wer in Großbritannien im Laden kauft, kauft nach britischem Recht. Ist die Ware defekt, können Verbraucher vom Händler Reparatur oder Ersatz verlangen. Bei Neuwaren: In England, Wales und Nordirland 6 Jahre lang. In Schottland 5 Jahre lang.
Die kostenlose Bearbeitung von grenzüberschreitenden Verbraucherbeschwerden
Zumindest in Sachen Verbraucher-Beratung halten sich die Auswirkungen des Brexit in Grenzen. Denn auch nach der Übergangsphase nimmt das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland Verbraucherbeschwerden gegen britische Unternehmen entgegen. Diese werden weiterhin mit den britischen Kollegen gemeinsam bearbeitet. Der Service ist für Verbraucher kostenlos.
Brexit-Helpline für Bürger und Unternehmen
Die Europäische Kommission hat über das Europe-Direct-Kontaktzentrum einen zentralen Service für alle Fragen im Zusammenhang mit den künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich eingerichtet.
Über diese Kontaktstelle können Sie Ihre Fragen per Telefon oder per E-Mail stellen, in allen 24 EU-Sprachen. Das Kontaktzentrum ist aus den 27 Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich über ein kostenloses Telefon (00 800 6 7 8 9 10 11) und ein Webformular erreichbar. https://europa.eu/european-union/contact_de
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite der Europäischen Kommission.
Was ist unklar?
Die Roaming-Gebühren
Viele deutsche Netzbetreiber haben derzeit laufende Roaming-Verträge mit britischen Netzbetreibern. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass diese Verträge nach der Übergangsphase aufgelöst werden sollen.
Wenn die britischen Netzbetreiber allerdings eines Tages die bestehenden Verträge kündigen, könnten für Reisende aus anderen EU-Ländern, die sich in Großbritannien aufhalten, wieder Roaming-Gebühren anfallen.
Bleibt die Frage, wie sich die deutschen Telefongesellschaften in einem solchen Fall entscheiden. Denn es besteht auch die Möglichkeit, Großbritannien wie das Nicht-EU-Land Schweiz zu behandeln. Die Schweiz wurde zum Beispiel von einigen Telefongesellschaften in den Euro-Tarif eingestuft.
Fragen Sie auf jeden Fall vor Ihrem Urlaub in UK bei Ihrem Provider nach, wie er sich in Sachen Roaming entschieden hat und wieviel Sie gegebenefalls bezahlen müssen.
Verwirrung bei Unternehmen hält weiter an
Laut einer Umfrage von YouGov aus dem Herbst 2020 fühlten sich viele Unternehmen in Europa nicht gut auf die Auswirkungen des Brexit vorbereitet. Die Mehrheit der britischen Unternehmen (58 Prozent) hat zwar angegeben gut vorbereitet zu sein, demgegenüber standen allerdings auch 31 Prozent, die das Gegenteil von sich annehmen. Auch spanische Unternehmensentscheider sehen sich mehrheitlich gut gewappnet. In Italien, Deutschland und Frankreich war die Sorge vor dem Ausstieg der Briten hingegen höher. Etwa 22 bis 25 Prozent der Befragten standen den Auswirkungen des Brexit nur wenig vorbereitet gegenüber.
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Doch die Unsicherheit betrifft nicht nur Firmen, die im Vereinigten Königreich ihre Zentrale oder diverse Filialen haben. Lea Fiebelkorn von der Unternehmensberatung BDAE Consult weist auf die Unsicherheiten in Bezug auf Entsendungen und Geschäftsreisen hin. Die Expertin für die rechtliche Gestaltung von Auslandstätigkeiten betont:
Die Auswirkungen des Brexit auf Geschäftsreisen
„Auch für Geschäftsreisende und deren Arbeitgeber bringt das neue Jahr 2021 aufgrund des Brexits einige Fragestellungen mit sich. Aufgrund der nun fehlenden EU-Freizügigkeit müssen sich Arbeitgeber nun ebenfalls mit den aufenthaltsrechtlichen Anforderung auseinandersetzen, sobald diese ihre Mitarbeiter nach Großbritannien entsenden möchten. Der Aufwand zur Beantragung eines Visums lässt sich in Zusammenhang mit kurzfristigen Geschäftsreisen in der Regel jedoch vermeiden.
Eine Einreise bleibt in Zusammenhang mit festgelegten Geschäftsreisezwecken für deutsche Staatsangehörige weiterhin ohne Visum möglich. Auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht bestehen aktuell noch gewisse Unsicherheiten für deutsche Arbeitgeber. Für Entsende-Fälle, die bereits vor dem Jahreswechsel begonnen haben, gilt jedoch ein Bestandsschutz. Auch für Sachverhalte, die ab dem 01.01.2021 beginnen beziehungsweise begonnen haben, konnte nun ein Handels- und Kooperationsabkommen ausgehandelt werden, welches ebenfalls Übereinkünfte zur Koordinierung der sozialen Sicherheit enthält, die weitestgehend den bisherigen Gegebenheiten entsprechen.
Eine endgültige Zustimmung des Europäischen Parlaments soll bis spätestens Ende Februar 2021 erfolgen. Aufgrund der späten Einigung schlug die Kommission vor, das Abkommen für einen begrenzten Zeitraum bis zum 28. Februar 2021 vorläufig anzuwenden, um für den Zeitraum ab Ende des bisherigen Übergangszeitraums bis zur Zustimmung des europäischen Parlaments eine Übergangslösung zu finden.“