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Tourismusindustrie
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Deutsche Tourismusindustrie mit Rekordminus – Hoffnung für zweites Halbjahr 2021

Einen noch nie da gewesenen Einbruch bei Reiseausgaben und Anzahl der Reisenden hat die deutsche Tourismusindustrie zu verzeichnen. Gleichzeitig startet sie in ein ungewisses, nicht berechenbares Reisejahr 2021. Wurden von den Deutschen im Rekordjahr 2019 noch 69,5 Milliarden Euro für Reisen ausgegeben, waren es im Corona-Jahr nur noch knapp 32 Milliarden Euro – ein Rückgang um 54 Prozent. Dies belegen die Auswertungen des Marktforschungsunternehmens GfK für den Deutschen Reiseverband (DRV) und beziehen sich auf Urlaubs- und Privatreisen ab mindestens einer Übernachtung, die vorab vor Reiseantritt gebucht wurden.

12,5 Millionen Euro für Pauschalreisen

Quelle: GfK Mobilitätsmonitor, Bundesamt für Statistik, DRV

Von den 32 Milliarden Euro Reiseausgaben entfielen 12,5 Milliarden Euro auf die organisierte Reise – also die Pauschal- und Bausteinangebote der Reiseveranstalter. Das ist ein Rückgang um 65 Prozent beziehungsweise 23 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr (35,4 Milliarden). Damit fällt der Umsatz auf ein Niveau von vor über 30 Jahren zurück. Der organisierte Reisemarkt hat besonders stark unter der Pandemie gelitten.

Die Ausgaben für selbstorganisierte Reisen – also ohne Reiseveranstalter – sanken um 43 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro. Damit wurden erstmals nur 39 Prozent der Privat- und Urlaubsreisen über Reiseveranstalter gebucht – bislang lag der Anteil organisierter Reisen seit Jahren bei über 50 Prozent. Dieser Rückgang resultiert aus der 2020 vermehrten Reisetätigkeit innerhalb Deutschlands und den angrenzenden Ländern wie Österreich. Diese Reisen organisieren Urlauber zumeist individuell und ohne Reisebüro oder Veranstalter.

Nord- und Ostsee sowie Bayern waren 2020 Hauptreiseziele

Besonders drastisch sanken im vergangenen Jahr die Ausgaben in der für den Tourismus überaus wichtigen Sommersaison – von 46 Milliarden Euro im Vorjahr um 64 Prozent auf 16 Milliarden Euro.  Mit der Öffnung europäischer Reiseziele im Sommer wurde auch wieder vermehrt gereist – trotzdem konnte das die massiven Rückgänge aus den ersten Monaten nicht ausgleichen: Die Anzahl der Reisen sank um über ein Drittel auf insgesamt 152 Millionen. Deutschland war dabei nach den GfK-Auswertungen für den DRV als Reiseziel in Ermangelung der weltweiten Reisemöglichkeiten zwar anteilig stärker gebucht, verzeichnete aber dennoch ein deutliches Minus und lag unter den Zahlen von 2019. Die am stärksten nachgefragten Reiseziele innerhalb Deutschlands waren nach Angaben des DRV-Ausschusses Marktforschung die Nord- und Ostseeküste und auch Bayern – in Folge waren zum Teil übervolle Strände und Wanderwege zu beobachten.

Kreuzfahrten: Ausgaben gehen um 60 Prozent zurück

Für Kreuzfahrten insgesamt (Fluss- und Hochseekreuzfahrten) gaben die Deutschen laut GfK-Auswertungen rund 2,4 Milliarden Euro aus –  ein massiver Rückgang um 60 Prozent vor dem Hintergrund, dass dieses Segment in den vergangenen Jahren immer der wachstumsstärkste Bereich der Tourismusindustrie war. Dabei waren die Rückgänge bei den Flusskreuzfahrten mit 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 300 Millionen Euro noch stärker als für Reisen auf den Meeren (minus 59 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro). Verreisten 2019 noch insgesamt 3,7 Millionen Menschen in Deutschland mit einem Kreuzfahrtschiff waren es im vergangenen Jahr nur noch rund 1,4 Millionen – davon fast 1,1 Millionen auf der Hochsee und etwas mehr als 300.000 Passagiere auf Flüssen.

Tourismusindustrie Kreuzfahrtbranche

Quelle: Statista

Obwohl derzeit viele internationale Ziele nicht oder nur schwer zu bereisen sind, wird sich dies nach aktueller Einschätzung langfristig nicht in einer grundsätzlichen Änderung des Reiseverhaltens niederschlagen. Laut einer aktuellen Umfrage der GfK im Februar 2021 hat sich an der Beliebtheit von Destinationen wenig geändert. So wollen die Befragten in den nächsten Jahren neben Deutschland unter anderem auch wieder die Balearen, Griechenland, Italien, die Kanaren, Österreich und andere weltweite Ziele bereisen.

 

Tourismusindustrie

Im ersten Quartal 2021 verharrte das Neubuchungsaufkommen auf einem Niveau von etwa 20 Prozent des Vorjahresvolumens. „Dieser Umsatzeinbruch bei Reiseveranstalterbuchungen von über 80 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum wird nicht annähernd einzuholen sein, dieses Jahr wird weiter von Verlusten für die Reisewirtschaft geprägt sein“, befürchtet DRV-Präsident Norbert Fiebig. Dabei sind die Zeit um den Jahreswechsel und die ersten Wochen eines Jahres in der Regel die Hauptbuchungsmonate der Deutschen für ihren Urlaub.

„Es wäre schon als Erfolg zu werten, wenn wir für den Markt der Reisebüros und Reiseveranstalter rund 50 Prozent des Umsatzvolumens von 2019 erreichen würden“

Die meisten Kunden buchen derzeit für Reisen in diesem Sommer oder später im Jahr – zum Teil sogar erst für Reisen im nächsten Jahr: Rund 60 Prozent der Buchungsumsätze der Tourismusindustrie gehen in diesen Tagen für die Sommersaison ein, ein Viertel der Umsätze werden für die Zeit nach Oktober eingebucht. Für den Sommer sind derzeit besonders Flugpauschalreisen für Ziele im östlichen Mittelmeer – etwa Griechenland und Türkei – gefragt. Die griechischen Inseln liegen derzeit bei der Nachfrage an der Spitze. Noch verhalten gehen die Buchungen für spanische Ziele wie zum Beispiel die Balearen ein. Dagegen steigt die Zahl der Buchungen für Kreuzfahrten und Fernreiseziele überproportional an. Dabei bezieht sich die Nachfrage bei den Kreuzfahrten mehrheitlich bereits auf den Sommer 2022.

Studie zur Tourismusindustrie in Deutschland

TourismusindustrieWie jedes Jahr zur ITB hat der Deutsche Reise Verband (DRV) auch diesmal seine Broschüre „Zahlen und Fakten zum Reisemarkt“ veröffentlicht. Die Zusammenfassung aus verschiedenen Quellen gibt Auskunft über die beliebtesten Reiseziele im In- und Ausland, Passagieraufkommen und Verkehrsmittel sowie die durchschnittliche Reisedauer. Aufbereitet sind zudem viele weitere Zahlen rund um die deutsche Reisewirtschaft: Anzahl der Urlaubsreisen der Deutschen, Einnahmen im internationalen Reiseverkehr, Reiseausgaben, Entwicklung der Reiseveranstalter- und Reisebüroumsätze, Reisehäufigkeit und viele mehr.

Laut DRV-Analyse war das Reiseland Deutschland im Krisenjahr auch bei den Veranstalterreisen stärker gefragt als je zuvor: Von 50,5 Millionen getätigten Reisen hatten 45 Prozent inländische Ziele. 2019 waren es „nur“ 26 Prozent.

Tourismusindustrie steht in den Startlöchern

Wie sich insgesamt das Touristikjahr 2020/21 (1.11.2020 bis 31.10.2021) entwickeln wird, ist schwer zu prognostizieren. „Es wäre schon als Erfolg zu werten, wenn wir für den Markt der Reisebüros und Reiseveranstalter rund 50 Prozent des Umsatzvolumens von 2019 erreichen würden“, zeigt sich DRV-Präsident Fiebig verhalten optimistisch. „Umfragen aus den vergangenen Wochen zeigen: Die Bundesbürger möchten verreisen und stehen in den Startlöchern“, so Fiebig. Dabei setzen die Kunden bei den derzeitigen Buchungen auf bestmögliche Absicherung, wie sie zum Beispiel die Pauschalreise bietet. Zudem bieten Reiseveranstalter derzeit attraktive Frühbucherkonditionen und flexible Umbuchungs- und Stornierungsmöglichkeiten, um die Buchungsentscheidung zu erleichtern.

Kampagne #reisebewusst

Die Wertschätzung für Reisen wird nach Abklingen der Pandemie ansteigen, prognostiziert der Deutsche Reiseverband (DRV). Nicht nur werden die Menschen ihr Fernweh lindern und Reisen als Weg aus der Isolation schätzen. Auch wird das in den letzten Jahren gestiegene Bedürfnis nach Achtsamkeit im Umgang mit Mensch und Natur, ebenso wie das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auf Reisen weiter zunehmen. Vor diesem Hintergrund hat der DRV am 11. März seine neue Instagram-Kampagne #reisebewusst gestartet. „#reisebewusst startet auf Instagram und liefert im Wochenrhythmus Tipps und Tricks zum bewussten Reisen.

Kern der Kampagne #reisebewusst sind von den Nachhaltigkeitsexpertinnen und -experten des DRV erarbeitete Tipps für achtsames Reisen. Sie empfehlen insbesondere eine intensivere Vorbereitung und Beratung im Vorfeld ebenso wie den sorgsamen Umgang mit Wasser, eine klimafreundlichen Anreise sowie die Vermeidung von Plastikmüll. 

Wenn sicheres Reisen wieder Tourismus ermöglicht, schafft dies Chancen insbesondere im Globalen Süden, also in Schwellen- und Entwicklungsländern, aber auch bei uns in Europa. Hier setzt die Kampagne #reisebewusst an, indem sie für die sozialen und ökologischen Aspekte des Reisens und der Tourismusindustrie sensibilisiert. 

Noch vor einigen Jahren schuf das Phänomen Overtourism in einzelnen Destinationen soziale und ökologische Probleme. Aktuell ist in fast allen Zielgebieten das Gegenteil der Fall: Touristen können aufgrund der weltweiten Reisebeschränkungen nicht kommen und die gesamte touristische Infrastruktur gerät massiv unter Druck. Die Folge: Menschen, die meist nicht von staatlichen Sicherungsnetzen aufgefangen werden, verlieren mit ihren Jobs auch ihre Zukunftsperspektiven.