Reisebuchungen: Zu hohe Vorauszahlungen sind Abzocke
Die von vielen Reiseveranstaltern in ihren AGB geforderten Anzahlungen auf den Reisepreis sind besonders bei kurzfristigen Reisen oft zu hoch. Verbraucherschützer haben dagegen geklagt und Recht bekommen. Reiseveranstalter dürfen jetzt nur noch in Ausnahmefällen mehr als 20 Prozent Anzahlung für kurzfristige Pauschalreisen verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az.: X ZR 85/12). Die ARAG-Rechtsexperten erläutern das Urteil.
Verbraucherschützer gingen bis vor den BGH
In ihrer Klage wendeten sich mehrere Verbraucherzentralen gegen Klauseln in den Reisebedingungen für Pauschalreisen. Demzufolge mussten Kunden 25, 30 oder 40 Prozent vom Gesamtpreis der Rechnung anzahlen. Die Verbraucherschützer waren bis vor den BGH gezogen, um gegen die ihrer Meinung nach zu hohen Kosten vorzugehen. Die Richter gaben ihnen weitgehend Recht. Die Unternehmen können zwar auch weiterhin von ihren Kunden höhere Anzahlungen verlangen – sie müssten das dann aber sachlich rechtfertigen können, so die ARAG-Rechts-Experten. Die Richter hatten entschieden, dass Verbraucher durch die entsprechenden Klauseln unangemessen benachteiligt werden. Anzahlungen in Höhe von 20 Prozent des Reisepreises seien in der Regel noch in Ordnung. Was darüber liege, sei aber unangemessen.
Stornierungskosten sind ebenfalls zu hoch
Auch die hohen Kosten für die Stornierung einer Reise sind laut dem Urteil nicht akzeptabel. Daher ging die Verbraucherzentrale NRW auch gegen prozentual gestaffelte Kosten bei Reisestornierungen vor. Die Höhe der Kosten richtet sich dabei nach der Anzahl der verbleibenden Tage bis zum Reiseantritt. Das wollten die Richter des BGH so pauschal auch nicht mehr gelten lassen. Die Veranstalter müssen nun dem Urteil zufolge genaue Gründe für die Höhe der Stornogebühren angeben.
Was bedeutet das für die Reiseveranstalter?
Bei den Branchen-Riesen gibt man sich angesichts der BGH-Entscheidung gelassen. Es werde auch weiterhin „günstige Angebote im Kurzfristsegment“ von Europas größtem Reisekonzern geben, sagte ein Sprecher. Für kleinere Veranstalter könnte es allerdings schwierig werden, dieses Geschäft aufrecht zu erhalten. Diese müssen wohl künftig gegenüber Fluggesellschaften und Hoteliers stärker aus eigenen Mitteln in Vorkasse gehen. Den Verbraucherzentralen könnte das BGH-Urteil aber auch Rückenwind für weitere Klagen geben. Denn sie kritisieren bereits seit langem, dass Kunden von Billig- und Ferienfluggesellschaften in der Regel direkt bei der Buchung und damit oftmals viele Monate im Voraus ihre gebuchten Flüge komplett bezahlen müssen. Auch dies ist nach Ansicht deutscher Verbraucherschützer ein klarer Verstoß gegen das Prinzip „Ware gegen Geld“. Der Fluggast trägt so schließlich das Risiko, sein Geld im Fall einer Pleite der Fluggesellschaft nicht zurückzubekommen, so die ARAG-Rechts-Experten.
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