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Gesundheits- und Sozialversicherungssystem in Thailand: Überwiegend Privatsache

Zwischen 25.000 und 31.000 Deutsche leben nach Schätzungen des Auswärtigen Amtes in Thailand. Neben vielen Expatriates zieht es vor allem Ruheständler in das Urlaubsparadies, die von den vergleichsweise geringen Lebenshaltungskosten vor Ort profitieren.

Ein Sozialversicherungssystem hat Thailand erst 1990 eingeführt – vorher war soziale Absicherung eine rein private Angelegenheit. Im Wesentlichen besteht das System aus drei Säulen: der Krankenversicherung sowie der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Aufgrund des Niveauunterschieds besteht bislang in keinem dieser Zweige ein sogenanntes Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland. Bis 2001 war gut ein Drittel der Bevölkerung nicht krankenversichert. Erst im Jahr 2002 führte die Regierung im Rahmen der staatlichen Gesundheitsfürsorge eine universelle Deckung ein, das Universal Coverage Scheme (UCS), das Schätzungen zufolge die öffentlichen Gesundheitskosten von 49 Millionen Einwohnern und damit von zwei Dritteln der Bevölkerung deckt. Weitere Pfeiler der Gesundheitsfürsorge sind das Civil Servant Medica Benefit Scheme für Staatsdiener (19 Prozent) und das Social Security Scheme für private Angestellte (13 Prozent). Etwa jeder fünfte Thai soll privat versichert sein.

Grundsätzlich ist in Thailand jeder Arbeitnehmer zwischen 15 und 60 Jahren in der Pflicht, Versicherungsbeiträge zu zahlen. Davon befreit sind unter anderem Beamte, Personen, die für ausländische Staaten und internationale Organisationen tätig sind, Personal von Privatschulen, Hausangestellte und Angestellte, die regelmäßig im Ausland arbeiten. Diese Personengruppen haben die Möglichkeit, sich freiwillig oder privat zu versichern.

Arbeitgeber schließen Zusatzversicherung ab

Die von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entrichtenden Beiträge sind vergleichsweise niedrig und betragen jeweils fünf Prozent des Bruttolohns und maximal 750 Baht pro Angestellten (rund 19 Euro) und im Einzelnen für die Rentenversicherung drei Prozent, für die Krankenversicherung 1,5 Prozent und für Arbeitslosigkeit 0,5 Prozent. Wichtig: Die Leistungen im Krankheitsfall für den Versicherten sind monatlich auf lediglich 15.000 Baht begrenzt (rund 377 Euro) – Voraussetzung ist zudem, dass mindestens drei Monate am Stück Beiträge eingezahlt worden sind. Es ist allerdings üblich, dass Unternehmen für ihre Angestellten Verträge mit nahe gelegenen Krankenhäusern abschließen, in denen sie sich als fürsorglicher Arbeitgeber dazu verpflichten, zu den verhandelten Summen für die Krankheitskosten aufzukommen.

Angehörige statt Krankenpfleger Nichtsdestotrotz ist Gesundheit in Thailand weiterhin überwiegend Privatsache, und der Staat geht davon aus, dass sich die Familie eines Bürgers um dessen Gesundheit kümmert. Dies betrifft sowohl die körperliche Pflege als auch die finanzielle Unterstützung. So ist es beispielsweise in einfachen staatlichen Krankenhäusern selbstverständlich, dass nicht das Krankenhauspersonal die Versorgung von bettlägerigen Patienten übernimmt, sondern deren Angehörige. Dementsprechend gibt es auch keine Besuchszeiten, und es ist üblich, dass Verwandte beim Patienten übernachten. Grundsätzlich besteht eine enorme Diskrepanz zwischen staatlichen und privaten Krankenhäusern, von denen es augenblicklich 1.000 beziehungsweise 400 gibt.

fakten-zu-thailands-gesundheitssystemWährend sich die privaten Hospitäler laut einem Bericht von Germany Trade & Invest (GTAI) aktuell über steigende Einnahmen freuen (2013: rund 12,6 Milliarden Euro; 2014: rund 15 Milliarden Euro), befinden sich die öffentlichen Einrichtungen in einer schlechten Verfassung. So steckten 2014 etwa 100 Kliniken tief in den roten Zahlen; zudem beklagten die Beschäftigten einen zu hohen bürokratischen Aufwand. Da das System das staatliche Haushaltsbudget zu sprengen droht, werden die Rufe nach einer Reform der Finanzierung des Gesundheitssystems lauter. Die privaten Kliniken hingegen forcieren den Medizintourismus, der sich während des vergangenen Jahrzehnts laut GTAI verdoppelt hat. So kamen  2014 etwa 2,3 Millionen ausländische Patienten auf 37 Kliniken, im vergangenen Jahr waren es Schätzungen zufolge bereits 3 Millionen. Im privaten Sektor sollen die vier Ketten Bangkok Dusit Medical Services (BDMS), Bumrumgrad Hospital, Bangkok Chain Hospital (BCH) und Thonburi Hospital Group (THG) führend sein.

Ausländer werden in Thailand verstärkt zur Kasse gebeten

Da die Privatkliniken profitorientiert arbeiten, ist es nicht ungewöhnlich, dass die Ärzte mit ihren Patienten und Angehörigen über Kosten verhandeln. In Deutschland findet diese Praxis in der Regel mit den Krankenkassen beziehungsweise privaten Krankenversicherern statt, sodass deutsche Patienten in Thailand oft irritiert reagieren. Ebenfalls nicht ungewöhnlich ist es, dass Privathäuser von ausländischen Kunden eine Anzahlung verlangen. Nach Erfahrungen des BDAE fordern die Institutionen von Ausländern oft überhöhte Preise – der Umstand, dass es in Thailand keine geregelten Arzthonorare gibt, trägt zu dieser Praxis bei. Arzt- und Krankenhausrechnungen müssen in der Regel vom Patienten selbst bezahlt werden. Es empfiehlt sich, eine private Auslandskrankenversicherung abzuschließen, die mit den Krankenhäusern direkt abrechnet und bei besonders hohen Behandlungskosten vorab eine Kostenübernahmeerklärung abgibt.

Große Unterschiede in der Gesundheitsversorgung bestehen zudem zwischen ländlichen Gebieten und der Metropolregion Bangkok. In Hospitälern auf dem Land fehlt es beispielsweise oft an medizinischem Equipment, sodass medizinische Operationen oft nicht möglich sind. Was vielen Ausländern aus den westlichen Industrienationen überdies nicht bewusst ist: Thailand verfügt nur über ein unterentwickeltes Notfallambulanz-System. Die wenigen Krankenwagen, die auf Siams Straßen zu sehen sind, werden zudem hauptsächlich von freiwilligen Helfern gefahren.