Italien erneuert seinen Schienenverkehr
Die italienische Bahn plant, von 2019 bis 2023 rund 6 Milliarden Euro in den Schienenverkehr zu investieren. Der Schwerpunkt der Investitionen liegt auf der Modernisierung der Flotte im regionalen Personenverkehr. Diesen hat Italien laut Marktkennern lange vernachlässigt. Im Jahr 2018 war die Flotte im Durchschnitt 21 Jahre alt. Durch einen Austausch von 80 Prozent der Züge soll dieser Wert bis 2023 auf 10 Jahre sinken. Die italienische Bahn (Ferrovie dello stato) will dazu im Zeitraum 2019 bis 2023 insgesamt 594 neue Regionalzüge beschaffen. 216 einstöckige Regionalzüge des Modells „Pop“ kommen nach und nach aus den Alstom-Werken in Savigliano (Piemont), Sesto S. Giovanni (Lombardei) und Bologna. 250 doppelstöckige Züge des Modells „Rock“ kommen von Hitachi in Pistoia (Toskana), dazu 128 Züge weiterer Hersteller.
Deutsche Firmen liefern Türsysteme, Elektrik und Signaltechnik
Als Unterlieferanten sind auch deutsche Unternehmen im Geschäft. Die Firma Bode Schaltbau aus Kassel beliefert unter anderem Hitachi mit Tür- und Zustiegssystemen für die Regionalpersonenzüge. Auch die rund 50 neuen Diesel-Elektro-Hybridzüge der Schweizer Firma Stadler (Modell Flirt) werden von Bode ausgestattet. Sie werden im Auftrag der Ferrovie Nord Milano ab 2021 auf nicht-elektrifizierten Strecken in der Lombardei zum Einsatz kommen.
Die Firma MTM Power GmbH aus Frankfurt am Main konnte in den vergangenen Jahren ebenfalls ihr Geschäft in Italien ausbauen und hat dort mittlerweile einen ihrer stärksten Auslandsmärkte. MTM beliefert unter anderem die TIR 1-Systemhersteller mit Netzteilen und Stromversorgungsausrüstung, die speziell auf die Bahntechnik ausgelegt sind. Der Lieferant hält Italien für einen arbeitsintensiven, aber gleichzeitig auch gesund wachsenden Markt. Dabei sei das Label „Made in Germany“ in Italien nicht automatisch ein Kaufargument, da es neben der Qualität auch mit höheren Kosten assoziiert werde und Italien ein sehr preisorientierter Markt sei.
Im Infrastrukturbereich ist die Kieler Firma Zöllner Signal GmbH aktiv, für die Italien hinter Österreich, der Schweiz, Frankreich und dem Vereinigten Königreich der fünftwichtigste Auslandsmarkt ist. In Italien erwirtschaftet Zöllner 80 Prozent des Umsatzes mit Warnanlagen für Bahnbaustellen. Die italienische Bahn hat in ihrem Strategieplan 2019 bis 2023 für die Modernisierung und den Ausbau der Bahninfrastruktur 28 Milliarden Euro vorgesehen, davon 4 Milliarden für die Digitalisierung.
Schienenverkehr ist Schwerpunkt des Infrastrukturausbaus
Im neuen Gesetz zur Entblockierung der Infrastrukturprojekte („Sblocca Cantieri“) nimmt der Ausbau des Bahnnetzes mit Investitionen von über 30,5 Milliarden Euro klar die wichtigste Position ein. Zentrale Punkte dabei sind der Knotenpunkt Florenz (1,6 Milliarden Euro), die Hochgeschwindigkeitstrecken Brescia-Verona (3,4 Milliarden Euro), Verona-Padua (5,2 Milliarden Euro), der Knotenpunkt Genua/Terzo Vallico (7,5 Milliarden Euro), die Kapazitätserhöhung der Strecke Venedig-Triest (1,8 Milliarden Euro) und die Fertigstellung der Strecke Genua-Ventimiglia (1,5 Milliarden Euro). Im Süden stehen die Hochgeschwindigkeitsstrecken Neapel-Bari sowie eine weitere Strecke auf Sizilien an.
Auch der Warenverkehr über die Schiene könnte in den kommenden Jahren deutlich wichtiger werden. Zumal pocht die Europäische Union auf die Vollendung der europäischen Transportkorridore (TEN-T). Hier gilt es insbesondere die noch kaum an das Bahnnetz angeschlossenen Häfen zu integrieren beziehungsweise die dortige Schieneninfrastruktur auszubauen. Auch das rollende Material muss aufgestockt werden. In ihrem Strategieplan will die italienische Bahn 100 Lokomotiven und 714 Waggons anschaffen, dazu kommen die vermutlich wesentlich höheren Investitionen privater Akteure.
Branchenverband sieht dauerhafte Aufwärtsentwicklung
Laut Verband der italienischen Elektroindustrie (ANIE) zeigten alle Indikatoren der Mitgliedsfirmen 2018 eine Verbesserung. Ein Grund sind die konstant zunehmenden Investitionen in den nationalen Schienentransport seit 2014. In den kommenden Jahren wird besonders die Expansion im regionalen Personentransport verbunden mit den Ausschreibungen regionaler Unternehmen für weiteren Aufwind sorgen. Die Investitionen in Technologie hält ANIE noch für begrenzt und auch die Umsetzung von Projekten in der Elektrifizierung sei noch nicht zufriedenstellend.
Auch in der Signaltechnik registriert der Verband, trotz wichtiger anstehender Systemharmonisierungen im europäischen Kontext (ERTMS), ein zurückgehendes finanzielles Engagement vom Netzbetreiber RFI. Im lokalen Personenverkehr fordert der Verband einen strukturierten Plan, um die urbanen Zentren im Land besser zu verbinden. Für die Hochgeschwindigkeitsstrecken rechnet er angesichts der deutlich gestiegenen Nachfrage auch mit einer entsprechenden Aufstockung des rollenden Materials. Was den Warenverkehr über die Schiene betrifft, werden sich laut ANIE die europäischen Integrationsbemühungen positiv auswirken.
Quelle: GTAI Germany Trade & Invest