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Freiwilligenarbeit
Schülerinnen einer zweiten Klasse einer Schule für Straßenkindern in Kalkutta ©Steffi Hochgraef

Kinderschutzrisiken im Voluntarismus müssen minimiert werden

Viele Menschen möchten reisen und sich dabei sozial engagieren. Die Tourismusbranche hat auf diesen Wunsch längst reagiert und bietet eine Mischung aus Freiwilligenarbeit und Tourismus an – den so genannten Voluntourismus.

Was genau steckt hinter Voluntarismus?

Wie schon erwähnt, ist es eine Kombination aus Freiwilligenarbeit und Tourismus, die es Reisenden ermöglicht, ihren Urlaub sinnvoll zu nutzen, indem sie in sozialen Projekten oder Umweltschutzprogrammen mitwirken. Zusammengesetzt aus den Wörtern “Volunteering” (Freiwilligenarbeit) und “Tourismus” ergibt es den Volunteer Tourism – oder auch einfach Voluntourismus. Reisende arbeiten in sozialen Projekten oder Umweltschutzprogrammen mit und haben gleichzeitig Zeit für Urlaub und Erholung. 

Dabei kann Voluntourismus in verschiedenen Bereichen stattfinden. So etwa das Engagement in sozialen Projekte wie der Bau von Schulen oder die Unterstützung von Gemeinschaftszentren aber auch die Arbeit mit Kindern, beispielsweise in Waisenhäusern. Auch im Umweltschutz kann man sich engagieren etwa bei der Unterstützung von Aufforstungsmaßnahmen oder bei diversen Naturschutzprojekten. Viele möchten auch im Bereich der Tierprojekte mitarbeiten wie beispielsweise in Tierheimen, Tierauffangstationen oder in Naturschutzgebieten. 

Voluntourismus in sozialen Projekten mit Kindern birgt Risiken

Mit einem geschätzten Jahresumsatz von 2 Milliarden US-Dollar ist der Voluntourismus ein relevantes Segment der Tourismusbranche. Auf der derzeit stattfindenden Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin wird der wieder aufkommende Trend ein wichtiges Thema sein.

Vor allem für Reisende bietet der philanthropische Reisetrend viele Lernmöglichkeiten. Vor Ort birgt er aber auch Risiken, insbesondere bei Freiwilligeneinsätzen in sozialen Projekten mit Kindern. Besonders im Fokus steht dabei der sogenannte „Waisenhaustourismus“, bei dem Freiwillige tage- oder wochenweise in Waisenhäusern arbeiten. Obwohl die negativen Auswirkungen auf die emotionale und kognitive Entwicklung der Kinder hinreichend bekannt sind und auch Fälle von Menschenhandel in Waisenhäusern bekannt wurden, bieten immer noch mehr als ein Drittel der Anbieter Freiwilligeneinsätze in Waisenhäusern an.

Keine gesetzlich verbindlichen Kinderschutzmaßnahmen für Voluntourismus 

Aufbauend auf früheren Studien zum deutschen Voluntourismusmarkt aus den Jahren 2015 und 2018 haben ECPAT Deutschland, die Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung,  und Tourism Watch im Auftrag von Brot für die Welt Ende 2023 erneut eine Marktanalyse durchgeführt und 50 Angebote von 25 Anbietern untersucht. Tourism Watch setzt sich als Teil der Grundsatzabteilung von Brot für die Welt für nachhaltigen Tourismus, den Schutz der Menschenrechte und Klimagerechtigkeit ein.

Trotz zahlreicher Anläufe in den vergangenen zehn Jahren ist eine Selbstregulierung des Voluntourismus-Marktes bislang gescheitert. Der gesetzliche Rahmen für den Voluntourismus-Markt in Deutschland sieht derzeit keine verbindlichen Kinderschutzmaßnahmen vor. ECPAT und Tourism Watch bei Brot für die Welt haben ein Policy Paper zum Thema „Kinderschutzrisiken im Voluntourismus minimieren – Empfehlungen zur politischen Gestaltung“ veröffentlicht. Auch wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Voluntourismusmarkt in Deutschland  keine verbindlichen Kinderschutzmaßnahmen vorsehen, gibt es Beispiele aus anderen Ländern die zeigen, dass es Lösungsansätze gibt. Es zeigt auf, wie einigen Risiken begegnet werden kann, um der Verantwortung gerecht zu werden, die mit der Entsendung von deutschen Freiwilligen in Einsätze mit Kindern weltweit verbunden ist. Ziel dieses Papers ist es demnach, diese Lösungsansätze vorzustellen und damit einen Impuls für die Diskussion in Deutschland zu geben. 

„Organisationen, die in Deutschland mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, sind verpflichtet Kinderschutzstrategien umzusetzen. Sobald es aber um kommerzielle Projekte im Ausland geht, greifen die deutschen Gesetze nicht mehr – das muss sich dringend ändern“ fordert Antje Monshausen von Brot für die Welt, Vorständin bei ECPAT Deutschland.

ECPAT International bietet auf seiner Homepage informative Berichte und Videos zum Thema Voluntourismus.