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Gepäck nicht rechtzeitig aufgegeben
© petunyia - AdobeStock

Gepäck nicht rechtzeitig aufgegeben: Keine Rückerstattung für Pauschalreise

Schaffen es Reisende nicht rechtzeitig, vor Antritt einer Flugreise ihr Gepäck aufzugeben, so stellt dies keinen Reisemangel dar, aufgrund dessen der Reisevertrag gekündigt werden kann. Das Amtsgericht München hat eine Klage gegen einen Reiseveranstalter abgewiesen, bei der es um die Rückerstattung des Reisepreises in Höhe von 3.998 Euro ging (Az. 158 C 4570/20).

In dem zugrunde liegenden Fall hatten die Klägerin und ihr Ehemann eine Pauschalreise nach Kuba gebucht, bei der auch ein Rail & Fly-Ticket für die Anreise zum Flughafen inklusive war. Am Tag des Hinflugs kamen die Reisenden aufgrund einer Zugverspätung erst gegen 11 Uhr am Flughafen an. Das Boarding für den Flug nach Kuba hatte bereits begonnen, und eine Gepäckaufgabe war nicht mehr möglich. Die Fluggesellschaft bot an, den Flug ohne Aufgabegepäck anzutreten, was die Klägerin und ihr Ehemann jedoch ablehnten.

Die Klägerin argumentierte, dass die bereits begonnene Boarding-Zeit kein Grund sei, die Flugreise mit aufgegebenem Gepäck zu verweigern. Das Gericht entschied jedoch, dass die Nichtbeförderung aufgrund der Verletzung von Mitwirkungspflichten der Reisenden erfolgte.

Nicht genügend Zeitpuffer eingeplant

Die Airline hatte empfohlen, die Anreise so zu planen, dass der Check-in zwei Stunden vor Abflug erreicht wird, und zusätzlich einen Zeitpuffer von 45 Minuten je 100 km Anreise einzuplanen. Die Klägerin war diesen Empfehlungen nicht gefolgt und die gewählte Zugverbindung sah eine planmäßige Ankunft am Flughafen weniger als zwei Stunden vor Abflug vor.

Das Gericht urteilte, dass die Klägerin nicht wirksam gekündigt habe, da kein erheblicher Reisemangel vorlag: „Der Nichtantritt der Weiterbeförderung per Flugzeug durch die Klägerin trotz entsprechenden Angebotes der Beklagten bzw. ihres Beförderungsunternehmens stellt eine konkludente Kündigung des Reisevertrages dar. Die Kündigung war nicht wirksam, § 651l Absatz 1 Satz 1 BGB, da kein (erheblicher) Reisemangel vorlag. (…)“

Zeitliche Verschiebungen an großen Flughäfen sind zumutbar und erwartbar

Das Gericht betonte, dass Reisende gewisse  Mitwirkungsobliegenheiten haben. Dazu gehöre auch die rechtzeitige Ankunft am Flughafen. Der Hinweis der Fluggesellschaft auf der Boardkarte bezüglich der Gepäckabgabe konnte laut Gericht nicht das Vertrauen der Klägerin ändern, und sie durfte nicht davon ausgehen, bis zur letzten Minute die Möglichkeit zur Gepäckabgabe zu haben.

Die Klägerin habe auch nicht davon ausgehen dürfen, dass sie tatsächlich bis zur buchstäblich letzten Minute Gelegenheit haben würde ihr Gepäck abzugeben. Darauf deutet bereits der Wortlaut des Hinweises „nicht später als“ (statt: „bis“) hin. Auch könne man es regelmäßig erwarten, dass geringfügige Verschiebungen der Abflug- und Boardingzeiten vor und zurück aufgrund der Abläufe an einem großen Flughafen wie dem Münchner mit eng getakteten Zeitkorridoren und einer Vielzahl von Abflügen und Ankünften vorkommen.

Das Urteil des Amtsgerichts München ist bereits rechtskräftig.

Videotipp: Flug wegen zu langer Wartezeiten verpasst – das sind die Rechte

Gepäck nicht rechtzeitig aufgegeben

Wer aufgrund langsamer Sicherheitskontrollen den Flug verpasst, kann vom Bund Schadensersatz verlangen. Wann das klappen kann, weiß Auslandsexpertin Anne-Katrin Schwanitz. Insbesondere in der beginnenden Ferienzeit sorgen regelmäßig Streiks und Personalmangel an den Flughäfen für Chaos, Verspätungen und Flugausfällen. Oftmals dauert auch noch die Sicherheitskontrolle sehr lang.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte bereits im Jahr 2022 klargestellt, dass Reisende Schadensersatz verlangen können, wenn das Sicherheitspersonal bei den Kontrollen zu langsam ist und Reisende deshalb ihren Flug verpassen. 

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