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weibliche Expats
© Andrea Piacquadio - Pexels

Wie weibliche Expats Job und Familie unter einen Hut bringen

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Eine Person kommt am Abend von der Arbeit nach Hause. Die Familie bereitet gemeinsam das Abendessen vor, die Kinder gehen danach ins Bett. Die Person erzählt später, gemütlich auf dem Sofa sitzend – halb aufgeregt, halb abwartend – dass ihre Abteilungsleiterin sie angesprochen hätte, ob es für sie in Frage käme, eine gewisse Zeit für die Firma ins Ausland zu gehen. 

Die Aufgabe sei herausfordernd, aber hochinteressant. Und genau die eigene Fachexpertise sei gefragt. Das Gehaltspaket ist attraktiv und für die Schule der Kinder, Unterkunft und so weiter sei gesorgt.

Wen sehen Sie vor sich? Eine Frau eine weibliche Expat -, die ihren Mann mit dieser Nachricht überrascht? Oder doch eher den klassischen Manager, der von seiner Firma (mitsamt Familie) ins Ausland entsendet wird? Und schauen wir mal auf den Partner oder die Partnerin. Welche Annahmen verbinden wir mit dem „mitausreisenden Elternteil“? Klar bleibt „sie“ zu Hause bei den Kindern (wird ja schließlich für alle nicht einfach) und „er“ braucht einen Job – nicht dass ihm die Decke auf den Kopf fällt.

Frauen folgen ihren Partnern nicht mehr selbstverständlich ins Expat-Exil

Dass eine Frau ihrem Mann ins Ausland folgt und dabei selbstverständlich ihre eigene Karriere unterbricht, ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr!

Auch wenn statistisch noch immer mehr Männer als Frauen von ihren Firmen ins Ausland entsendet werden, sehen wir zunehmend eben auch andere Konstellationen. Eine weibliche Fach- und Führungskraft, die ins Ausland entsendet wird, oder zwei Mitarbeitende, die gemeinsam von einer Firma entsendet werden. Oder eben Partner und Partnerinnen, die sich selbst eine (befristete) berufliche Zukunft in der Ferne aufbauen möchten – die Möglichkeiten sind so vielfältig wie Familien eben sind (und ich möchte hier explizit auch gleichgeschlechtliche Paare einschließen).

weibliche Expats
Immer häufiger gehen auch Frauen für den Job ins Ausland. Oft gemeinsam mit dem Partner. (Foto: Tima Miroshnichenko – Pexels)

Und so haben Wissenschaft und Forschung Paare, die gemeinsam im Ausland leben und arbeiten, in verschiedene Gruppen eingeteilt. Diese sind bei weitem nicht „divers“ definiert, sondern in der Regel geht es um Mann-Frau-Verbindungen – mit oder ohne Kinder. Da ist die Rede von „mitausreisenden PartnerInnen“, female Expats, Expat-Partners, Dual Career Couples, International Career Couples, Konstellationen mit „Single-Earner“ oder „Dual Earners“. Gemeinsam ist all diesen: Es sind Menschen, Personen, Familien, Paare, die drauf und dran sind, ihr Leben (temporär) fundamental zu verändern. Oft, sehr oft, ist nur ein Job „gesichert“ und der des Partners oder der Partnerin steht plötzlich zur Disposition. 

Wenn beide Partner im Ausland arbeiten wollen, dann sind einige Fragen im Vorfeld zu klären: Ist die Berufstätigkeit im Gastland rein rechtlich überhaupt möglich? Wie sind die individuellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt? Welche Bedingungen herrschen auf dem Arbeitsmarkt hinsichtlich Arbeitszeiten, Urlaubstagen, Elternzeit, Durchschnittsgehalt vor? Sind diese attraktiv für den Jobsuchenden oder eher nicht? Und wenn Erwerbsarbeit nicht in Frage kommt, welche Alternativen gibt es eventuell? Welche Sprachkenntnisse sind bereits vorhanden oder sollten noch entwickelt werden? Kann der mitausreisende Teil des Paares sich gegebenenfalls beurlauben lassen und später wieder in seinen Job zurückkehren? Wie möchte er dann die Zeit im Ausland für sich gestalten? Ist eine berufliche Weiterbildung eine Option und wie könnte das organisiert werden? Ist ehrenamtliche Arbeit eine Option? All dies sind Fragen, die Partner am besten schon vor der Ausreise miteinander klären sollten.

Eine gemeinsame Vision entwickeln und klare Vereinbarungen treffen

Hilfreich sind auch Vereinbarungen – möglichst klare Vereinbarungen. Zum Beispiel, dass der Partner, der während des Auslandsaufenthaltes ein Aufbaustudium beginnen möchte, genau die gleiche Unterstützung erhält, wie der, der den „Brotjob“ übernimmt.

Gerne mache ich mit Paaren, die vor der Entscheidung stehen, gemeinsam ins Ausland zu gehen, die folgende kleine Übung, ich nenne sie „Das Leben unserer Träume“. Diese können Sie zu Hause einfach nachmachen:

Dazu nehmen Sie ein gewöhnliches Maßband, 1 bis100 cm lang. Ein Zentimeter steht für ein Jahr. Wenn Sie 100 Jahre Lebenszeit zur Verfügung hätten, was würde jeder einzelne Partner damit tun? Eine normale Lebenserwartung würde ja bei ungefähr 80 Jahren liegen. Kürzen Sie das Maßband entsprechend. Dann markieren Sie Ihr aktuelles Alter auf dem Band mit zwei verschiedenen Farben. Wie ist das Verhältnis der linken und rechten Seite? Seit wann gehen Sie schon gemeinsam auf diesem Zeitstrahl? Was haben Sie bereits zusammen erreicht?

Dann stellen Sie sich einmal beide vor, wie das sein könnte, wenn Sie gemeinsam am Lebensende auf den gesamten Zeitstrahl zurückblicken? Wer und wie wollen Sie sein? Wie sehen Sie sich? Wo sind Sie? Worauf möchten Sie voller Stolz zurückblicken können?

Schauen Sie von dort aus auf Ihr gegenwärtiges Alter. Wie möchten Sie mit der verbleibenden Zeit umgehen? Welche Ideen haben Sie, was Sie konkret tun könnten, um Ihre Ziele zu erreichen?

Je konkreter die gemeinsame Idee, desto besser

Abschließend überlegen Sie gemeinsam, welche dieser Lebensträume Sie in Ihrer Zeit im Ausland weiterverfolgen möchten und was Sie konkret tun könnten, um ihnen ein Stückchen näher zu kommen. Je konkreter die Ideen sind, umso besser. Halten Sie die Ideen fest. Schauen Sie sich diese am nächsten Tag und in den nächsten Wochen vor der Ausreise gern noch mal an und leiten Sie konkrete Vereinbarungen ab.

Was diese Übung auch herausfordert, ist die Entwicklung einer gemeinsamen Vision. Was ist beiden Partnern wichtig? Hinsichtlich Beruf und Karriere aber auch hinsichtlich des gemeinsamen Lebens. Was erhoffen sich beide von der Erfahrung, gemeinsam ins Ausland zu gehen? Was möchten sie gemeinsam erreichen in dieser Zeit? Wie wollen sie die gemeinsame Erfahrung nutzen?

Sind diese Themen im Vorfeld gut abgestimmt und vorbereitet, kann der gemeinsame Start in der Ferne gelingen. Selbstverständlich werden dort neue Herausforderungen warten und in der Regel läuft auch nicht alles wie geplant. Aber ein guter Grundstein ist schon mal gelegt. 

Mehr weibliche Expats infolge der Pandemie

weibliche Expats

Infolge der Covid-19-Pandemie hat sich die Demografie der Expatriates verändert, und obwohl es insgesamt nicht weniger Entsandte gibt, hat die Pandemie ein anderes Profil von Expatriates hervorgebracht.
Typischerweise sind Expatriates Männer mit jungen Familien, doch die Pandemie hat dazu geführt, dass einige Familien in ihre Heimat zurückgekehrt sind und daher besteht ein größerer Anteil der arbeitenden Expats nun aus Frauen und Singles. Aktuell sind auch weniger Familien willens, ins Ausland zu gehen.