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Internationale Mobilität deutscher Studenten – Wem steht die Welt offen?

Nach wie vor gehen Akademikerkinder häufiger während des Studiums ins Ausland als Studierende aus einkommensschwächeren Familien. Darüber berichtet das »Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung«. Die Forscher untersuchten anhand der Sozialerhebungsdaten des Deutschen Studentenwerks die internationale Mobilitätsentwicklung deutscher Studenten. Besondere Bedeutung galt dabei der Frage, ob das Mobilitätsverhalten jener Studierenden gestiegen ist, deren Eltern keinen akademischen Abschluss vorweisen.

Die Bedeutung eines Auslandsaufenthaltes steigt stetig und signalisiert potenziellen Arbeitgebern ein hohes Maß an Engagement. Zudem werden erweiterte Sprachkenntnisse und ein individueller Erfahrungs- und Wissensaustausch sichergestellt. Die Bereitschaft ein Auslandssemester zu absolvieren, hat in den letzten 15 Jahren nur leicht zugenommen. Die Hemmschwelle sozial benachteiligter Hochschüler ist noch immer groß. Die Entscheidung Auslandserfahrung zu sammeln, ist demnach von sozialen Faktoren abhängig. Insbesondere betrifft dies finanzielle Mittel, unflexible Studienpläne, Probleme bei der Anerkennung von Leistungen, steigende BAföG-Summen sowie leistungsorientierte Stipendien.

Jeder Zweite soll ins Ausland

Eine Benachteiligung bestimmter sozialer Gruppen bedeutet jedoch eine Verletzung der Chancengleichheit. So forderte der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) bereits 2004, dass bis 2010 etwa 50 Prozent der Studierenden einen Teil ihres Studiums im Ausland verbracht haben sollten. Doch was ist dabei hilfreich? Die BAföG-Reform 2001 erlaubt es, eine Förderung mit ins Ausland zu nehmen, plus einen zusätzlichen Auslandszuschlag, der gewährt wird. Zudem bietet der DAAD über 25.000 Stipendien an, die den Weg ins Ausland erleichtern sollen. Doch die neue BAföG-Reform und die Vielzahl bereitgestellter Stipendien brachten nicht den erhofften Erfolg. So sind Studierende die eine staatliche Finanzspritze erhalten, weniger mobil als Studierende, die kein BAföG bekommen. 65 Prozent der BAföG-Empfänger gaben 2009 als Haupthindernis Schwierigkeiten bei der Finanzierung an. 46 Prozent beklagten durch eine verlängerte Studienzeit die parallel steigenden BAföG-Summen, die zurückgezahlt werden müssen. Studenten aus nichtakademischen Elternhäusern können sich ein verlängertes Studium durch einen Auslandsaufenthalt oft nicht leisten.

Leistungsorientierte Stipendien sozial unverträglich?

Ähnlich steht es um die Stipendien, da diese leistungsorientiert vergeben werden und das zu sozialen Ungleichheiten führt. Studien zeigen, dass sozial Benachteiligte nicht per se schlechtere Leistungen erbringen, allerdings kommen sie mit einem durchschnittlich schlechteren Abitur an die Hochschulen. Dadurch können die Chancen auf ein Stipendium sinken. Weiterhin bestehen noch immer große Probleme bei der Anerkennung der im Ausland erworbenen Studienleistungen. Mehr als 30 Prozent der Studierenden nannten dies als weiteres Hindernis. Zudem sind es unflexible und stark verschulte Studienpläne sowie ein hoher Prüfungsdruck der die Mobilität vieler Studierenden zunehmend erschwert. Eine große Auswirkung auf die sozial unterschiedliche Verteilung internationaler Mobilität haben längere Auslandsaufenthalte vor dem Studium wie zum Beispiel Schüleraustausch, Auslandspraktikum, Sprachkurse. Studierende, die vor dem Studium im Ausland waren, sind um etwa zehn Prozentpunkte mobiler als Studierende, die vor dem Studium nicht im Ausland waren. Der Bildungshintergrund der Eltern spielt dabei eine wesentliche Rolle, denn es sind vor allem Eltern mit einem Hochschulabschluss, die ihre Kinder bei solchen Vorhaben aktiv fördern und sich dies auch finanziell leisten können.

Akademikerkinder bereits vor dem Studium öfter im Ausland

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Studierende aus finanziell besser situierten Familien fast doppelt so oft während ihrer Schulzeit im Ausland waren (64 Prozent) als jene, deren Eltern über geringe finanzielle Mittel verfügen (36 Prozent). Bachelor-Studierende sind mit 9,6 Prozent weitaus weniger mobil als Studierende traditioneller Studiengänge mit 13,8 Prozent (Stand: 2006). Ebenso ist eine leichte Zunahme der sozialen Ungleichheit zu erkennen: 1997 lag der Anteil mobiler Akademikerkinder um 3,4 Prozentpunkte über dem Anteil von Studierenden, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben. 2006 liegt dieser Unterschied bei 5,8 Prozentpunkten.

Förderlich für eine steigende Mobilität aller Studenten sind unter anderem Studienpläne, in die ein Auslandsaufenthalt leichter integriert werden kann oder diesen sogar explizit vorsieht. Weiterhin wird eine bessere Abdeckung der Stipendienprogramme benötigt, die nicht allein „leistungsorientiert“ fördern und damit zu sozialen Ungleichheiten führen. Ebenfalls sollte schon in der Schule der Austausch mit anderen Kulturen und Sprachen vorangetrieben werden und zwar nicht nur für diejenigen Schüler, die es sich leisten können. Sozial- oder wirtschaftlich benachteiligte Menschen müssen noch stärker in Mobilitätsprogramme einbezogen und zusätzliche Unterstützungen erhalten.

Hintergrund: Die dargestellten Ergebnisse beziehen sich aufgrund der kürzeren Regelstudienzeit bei den neu eingeführten Bachelor-Studiengängen im Vergleich zu den noch parallel laufenden »traditionellen« Studiengängen wie Diplom, Magister, Staatsexamen, nur auf Studierende bis zum achten Semester, die an deutschen Hochschulen eingeschrieben sind. Masterstudierende konnten in dieser Wertung leider noch nicht berücksichtigt werden, da die 2006-er Daten dies aufgrund der geringen Fallzahl nicht möglich machten.

Die Autorin:

Susanne Klotz ist Studentin der BWL & Marketing und absolviert derzeit ein Praktikum beim Auslandsspezialisten BDAE GRUPPE. (Kontakt: sklotz@bdae.de)

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