Wenn Expats wieder zuhause sind – „reverse culture shock“ statt „home sweet home“
Seit drei Wochen ist unsere Familie nun wieder in Deutschland. Nach 12 Stunden Maske tragen in diversen Flugzeugen und einem Würgereiz-verursachenden Corona-Test hatte uns der Frankfurter Flughafen Anfang August in Richtung Baden-Württemberg entlassen. Nach drei Jahren USA endlich wieder in das eigene Haus einzuziehen und Freunde und Familie zu sehen, war ein tolles Gefühl. Ich war mir eigentlich sicher, dass unsere weitere „Repatriation“ problemlos ablaufen würde, aber stattdessen komme ich nun so gar nicht mit meiner Heimat klar. Ich habe ständig das Gefühl, dass die Menschen um mich herum mich nicht verstehen, vieles nervt und in manchen Momenten würde ich am liebsten in ein Flugzeug zurück nach Minnesota, „nach Hause“, steigen.
Ich telefoniere mit einer guten Freundin, die gerade im Mutterschutz ist, viel Zeit zum Zuhören hat und glücklicherweise nebenbei auch noch Psychologin ist. Ich höre durchs Telefon, wie sie sich, nachdem sie meine Klagen gehört hat, kurz zurücklehnt, seufzt, und sagt: „Meine Liebe, Du hast einen „reverse culture shock“.“Oh je, denke ich, was ist das denn?
„Reverse culture shock“ – der Kulturschock zu Hause
Ein „reverse culture shock“ ist ein Kulturschock von der eigenen Kultur. Das Gemeine ist, dass Dich dieser Kulturschock quasi aus dem Nichts befällt, denn wer rechnet schon damit, sich schlecht zu fühlen, wenn er „nach Hause“ kommt. Aber: Expats, die mehrere Jahre in einer anderen Kultur gelebt haben, haben sich im Laufe der Zeit so sehr angepasst und deren Sitten und Gebräuche verinnerlicht, dass sie sich im eigenen Land auch erst einmal wie Fremde fühlen. Dazu kommt noch, dass nicht nur sie sich während der Zeit im Ausland verändert haben, sondern auch ihr Heimatland, ihre Freunde und die Familie haben sich in der Zwischenzeit verändert. Beide Seiten müssen also wieder zueinander finden – und das kann durchaus einige Monate dauern.
Ich habe mir jetzt vorgenommen, die Tipps meiner Freundin zur Überwindung meines „reverse culture shocks“ zu befolgen. Ich werde mir und meiner Umgebung Zeit lassen, uns neu kennenzulernen, ich werde aufhören, ständig Vergleiche anzustellen und ich werde akzeptieren, dass sich nicht jeder in meinem Umfeld für „USA-Geschichten“ interessiert. Und wenn mich doch wieder die ganz große „reverse homesickness“ erwischt (ja, auch die gibt es), dann telefoniere ich einfach mit Minnesota.