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Weshalb mangelnde Integration von Impats zu bösen Überraschungen führen kann

Folgendes Szenario hat sich in Sachen Integration vor ein paar Jahren in einem großen deutschen Unternehmen der Konsumgüterindustrie tatsächlich so zugetragen: Um allen Mitarbeitern zu Ostern eine Freude zu machen, beschließt die Firmenleitung zusammen mit der Personalabteilung jedem einzelnen Mitarbeiter ein Überraschungsei zu schenken. Das Personalcontrolling eruiert also, wie viele Mitarbeiter das Unternehmen monatlich auf der Payroll hat und bestellt im Ergebnis rund 1.500 Überraschungseier im Handel. Am Dienstag nach Ostermontag werden die Eier an sämtliche Mitarbeiter verteilt – die Überraschung scheint gelungen, denn einige Abteilungsleiter bedanken sich bereits im Laufe des Vormittags telefonisch bei der Personalabteilung im Namen ihrer Mitarbeiter für die nette Geste.

Gegen 12 Uhr sind es allerdings die Personaler und die Chefetage, die eine Überraschung der unangenehmen Sorte erleben. Warum denn die 150 ausländischen Mitarbeiter diverser ausländischer Konzerngesellschaften des Unternehmens, die es von der Produktion über den Vertrieb bis ins Marketing gibt, nicht mit einem Schoko-Ei bedacht worden sind? Es sei der Eindruck einer Zwei-Klassen-Gesellschaft im Unternehmen entstanden und die so genannten Impats fühlten sich einmal mehr unwillkommen im Unternehmen. Für zwei israelische Vertriebsmitarbeiter der ausländischen Tochtergesellschaft, die zur Unterstützung der deutschen Belegschaft eingesetzt worden waren, sei dieser Vorfall sogar der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Nachdem es bereits Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Arbeitserlaubnis gegeben hatte und ihre Familien einen holperigen Start in Deutschland hatten, wollten sie ihren Arbeitseinsatz vorzeitig kündigen und wieder zurück in ihre Heimat gehen.

cover2015 2Grundlagen der Mitarbeiter-Integration oft nicht vorhanden

Das Beispiel verdeutlich, was in vielen Firmen in punkto Integration ausländischer Mitarbeiter schiefläuft: Es mangelt oft schon an Basics wie der bloßen (administrativen) Erfassung des Personals aus anderen Ländern – selbst von jenen aus Tochter- oder Muttergesellschaften. Oft bekommen die ausländischen Mitarbeiter lediglich einen Besucherausweis, obwohl sie eigentlich fester – wenn auch nur temporärer – Bestandteil der Personalstruktur eines Betriebes sind. Bei einem Incentive vergessen zu werden, ist dabei noch das geringste Übel, das diesen Personen widerfahren kann. Was ist jedoch, wenn der Zoll vor der Tür steht und wissen möchte, wie viel ausländisches Personal derzeit beschäftigt ist? Nur allzu schnell kann etwa der Verdacht der illegalen Beschäftigung erweckt werden – und in der Regel haben zunächst jene Mitarbeiter das Nachsehen, die als Gast und zur Unterstützung da sind.

Während die einheimischen Mitarbeiter einem klaren administrativen Regelwerk unterliegen, gibt es für die Erfassung der ausländischen Kollegen bestenfalls nur Excel-Listen, auf die wiederum nur wenige Personen Zugriff haben, geschweige denn von der überhaupt Kenntnis besteht. Dies ist umso bedauerlicher, als dass sich die Anwerbung und Einstellung ausländischer Fachkräfte sowie die Beschäftigung von Kollegen aus dem Ausland aufgrund der komplexen gesetzlichen Bestimmungen (nicht zuletzt kämpfen Unternehmen mit veralteten Einwanderungsbestimmungen) äußerst schwierig, langwierig und oftmals kostspielig gestaltet. Umso wichtiger sollte eine reibungslose Integration und unternehmensinterne Willkommenskultur sein.

Integration

Tatsächlich mangelt es jedoch in den meisten Unternehmen an Einarbeitungsplänen für neue ausländische Arbeitnehmer, an der Dokumentation von Arbeitsabläufen und vor allem an klar strukturierten und dokumentierten Prozessen, die die Eingliederung von Impats betreffen. Erfolgreiche Integration bedeutet weit mehr als die Suche nach einer geeigneten Wohnung für den Impat und seine Familie. Sie betrifft vor allem einen reibungslosen Ablauf bei allen personaltechnischen Angelegenheiten. So wie die deutschen Mitarbeiter eines Unternehmens vom Arbeitgeber erwarten, dass ihr Gehalt pünktlich auf das dafür vorgesehene Konto überwiesen wird, Urlaubsansprüche genauso wie familiäre Konstellationen berücksichtigt werden, an Geburtstage oder andere Jubiläen gedacht wird, erwarten auch Impats, dass man sie einerseits als Teil des Ganzen betrachtet und andererseits jegliche Nebenschauplätze ihrer Tätigkeit in Profihänden liegen.

Impat-Management sollte zentral in mindestens einer Hand liegen

Es ist wichtig, dass sich mindestens ein Personalverantwortlicher um die Belange eines Impats und dessen eventuell mit eingereister Familie kümmert. Dieser muss neben der Wohnungsfindung in der Regel Sprachkurse organisieren, sich neben der Beschaffung des Aufenthaltstitels gegebenenfalls auch um die Verlängerung desselben kümmern (hierzu ist eine entsprechende Wiedervorlage beispielsweise in der unternehmensinternen Datenbank unerlässlich). Er sollte zudem für eine interkulturelle Schulung sorgen, die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Situation klären (auch wenn keine vertragliche Bindung des temporär beschäftigten Mitarbeiters an das Unternehmen besteht) und auch die Bedürfnisse des mitreisenden Partners im Blick haben. Idealerweise wird der Personalverantwortliche von einem als Mentor ausgewählten Mitarbeiter bei seinen Aufgaben unterstützt. Ins Unternehmen zurückgekehrte Expats, die die Erfahrungen der ausländischen Mitarbeiter naturgemäß am besten nachvollziehen können, bieten sich besonders gut als Unterstützung an.

Wie wichtig inzwischen die Berücksichtigung des Partners ist, verdeutlich das Beispiel eines so genannten dual-career-couples: Ein internationales deutsches Beratungsunternehmen in Hamburg stellt nach mehr als einem Jahr intensiver Rekrutierung einen jungen männlichen Niederländer bei sich ein, der über Spezialkenntnisse im Bereich der regenerativen Energien verfügt. Dieser hat eine US-amerikanische Partnerin, die ihm nach Hamburg folgen möchte. Allerdings findet sie keinen adäquaten Job und scheitert überdies an den Behördengängen, als sie eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen möchte. Mehrfach schildert der niederländische Impat in seiner deutschen Firma die Probleme seiner Freundin. Allerdings findet er keinerlei Gehör. Nach gut einem Jahr beschließt er, seinen auf fünf Jahre ausgerichteten Arbeitsvertrag vorzeitig zu beenden, um seine Beziehung zu retten und nimmt ein Jobangebot in Shanghai an. Dort hat seine Partnerin mittlerweile eine gut bezahlte Stelle gefunden.

Integration scheitert oft an Lapalien

Ein weiteres Beispiel zeigt, wie schnell der Einsatz eines Impats an scheinbar lapidaren Formalitäten scheitern kann: Ein deutsches und australisches Unternehmen fusionieren unter anderem am Standort Berlin. Der australische Konzern entsendet hierfür einen Interimsmanager nach Deutschland, der von seiner mit dem dritten Kind schwangeren Freundin und den zwei Kindern im Vorschulalter begleitet wird. Weil alles ganz schnell gehen muss, zieht die Familie ohne die erforderliche Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis nach Berlin. Für den Manager organisiert die Firma nach dessen Ankunft schnell den notwendigen Aufenthaltstitel – um die schwangere Partnerin kümmert sich niemand. Die Ausländerbehörde weiß jedoch vom fehlenden Visum der Freundin und besteht auf deren Ausreise. Weil das Paar nicht verheiratet ist, habe die Partnerin kein Recht, länger als für einen Urlaub in Deutschland zu bleiben. Für die Familie gleicht dies einer Katastrophe und der Interimsmanager droht mit sofortiger Kündigung. Die Personalabteilung erwirkt zumindest kurzfristig, dass die Partnerin in Deutschland geduldet wird (dafür stellt die Ausländerbehörde eine so genannte Fiktionsbescheinigung aus) und muss nun an einer Lösung arbeiten. Das Problem: Wer in Deutschland nur geduldet ist und keinen Aufenthaltstitel hat, darf hierzulande auch keine Ehe schließen. Schlussendlich gibt sich das australische Paar, das bereits seit 15 Jahren zusammen ist, in Dänemark das Ja-Wort und kann in Berlin bleiben.

Integration

Diese Beispiele sind nur zwei von zahlreichen unterschiedlichsten Konstellationen, mit denen Personaler im Rahmen des Impat-Managements konfrontiert werden können. Sie zeigen, dass nach der erfolgreichen Integration die eigentliche Arbeit erst beginnt: Es den ausländischen Mitarbeitern nicht nur zu ermöglichen, einen guten Job zu machen, sondern auch dafür zu sorgen, dass sie diesen ungestört ausüben können – ohne um ihren bloßen Aufenthalt und den ihrer Familie bangen zu müssen.

Integration muss ernstgenommen werden

Tatsächlich beginnt die richtige Integration erst, wenn die aufenthalts-, sozialversicherungs- sowie steuer- und arbeitsrechtliche Situation des ausländischen Mitarbeiters geklärt ist. Selbst scheinbar einfache Schritte, wie die Wohnungssuche für den Gast, können rechtliche Konsequenzen haben. So ist es beispielsweise üblich, dass der deutsche Arbeitgeber für den Impat eine Wohnung mietet und demzufolge als Vermieter auftritt. Dies muss jedoch der Steuerberater der Firma wissen, um diesen Umstand in seinen Monatsabschlüssen zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass bei Mietschäden das Unternehmen haftet und für etwaige Unkosten aufkommen muss. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig die Kommunikation zwischen den einzelnen Abteilungen ist. Wird etwa die Beschäftigungsdauer eines Mitarbeiters von ursprünglich geplanten sechs auf acht Monaten erhöht, so sollte die Personalabteilung dies zwingend wissen, um rechtzeitig eine Ausweitung der Aufenthaltsgenehmigung zu erwirken. Andernfalls droht auch dort wieder die Gefahr einer illegalen Beschäftigung. Integration sollte also von allen Beteiligten eines Unternehmens ernstgenommen werden.

Neben diesen „harten Fakten“ gilt es aber auch, den Impats schnell das Gefühl zu geben, im Unternehmen Willkommen zu sein. Dies wiederum gelingt nur, wenn Führungsebene wie Kollegen und natürlich die Impats selbst interkulturell sensibilisiert sind, also die Besonderheiten des Gastes und des Gastgeberlandes hinreichend kennen und respektieren. Wer als Unternehmen in Fragen der Integration reüssieren will und somit auch den wirtschaftlichen Erfolg sichert, sollte analog zum Entsendmanagement ein Konzept zum Impat-Management entwickeln, in dem administrative Schritte ebenso wie soziale und psychologische Faktoren der Mitarbeitereingliederung dokumentiert sind, so dass diese Leitlinien auf die jeweiligen Einzelfälle angepasst und erfolgreich angewandt werden können.

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