Wenn die Familie den Expat besucht: Die Konsequenzen für den Arbeitgeber
Frau Meier ist nach Schweden entsandt worden, um dort für ihren Arbeitgeber ein langfristiges Projekt zu realisieren. Das Unternehmen hat bereits langjährige Erfahrung, solche Entsendungen zu organisieren, so dass sich Frau Meier gut beraten fühlt und mit großer Motivation an dieses auch finanziell wichtige Projekt geht. Ihre Familie, Ehemann und ein Sohn, verbleibt in dieser Zeit in Deutschland und freut sich schon auf ein Wiedersehen in Schweden. Herr Meier und der gemeinsame Sohn sind über Frau Meier in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert.
Eines Tages erhält der Arbeitgeber eine Krankenhausrechnung von Frau Meier, die Ihren Sohn Karl betrifft. Sie fordert den Arbeitgeber auf, die Kosten von rund 10.000 Euro zu erstatten. Dieser ist darüber jedoch etwas konsterniert und kann zunächst nicht nachvollziehen, wieso er für die Krankenhauskosten des Sohnes einer Mitarbeiterin aufkommen soll. Was war passiert?
Familie Meier hatte beschlossen, die Sommerferien in Schweden zu verbringen. Eine rein private Entscheidung also? Bei einem Ausflug zu den Stockholmer Schäreninseln nutzen alle die Gelegenheit für ein Bad in der Ostsee. Obwohl sämtliche Familienmitglieder geübte Schwimmer sind, kam es zu einem Unfall. Karl wurde von einer Welle erfasst und brach sich beim Aufprall gegen einen Fels am Ufer den Oberschenkel. Sein Vater konnte allerdings direkt eingreifen und Ihn vor größerem Schaden bewahren.
Schwedisches Krankenhaus akzeptiert Gesundheitskarte nicht
Ein Notarzteinsatz transportierte Karl in das nächstgelegene Krankenhaus. Bei der Aufnahme der Daten kam die nächste Hiobsbotschaft, als Herr Meier seine europäische Krankenversichertenkarte vorzeigte. Das Krankenhauspersonal machte ihn daraufhin darauf aufmerksam, dass Karl im Krankenhaus nicht aufgenommen und behandelt werden könne. Die Karte wurde schlichtweg nicht akzeptiert. Es blieb Familie Meier nichts anderes übrig, als die Behandlung als Privatperson zu übernehmen. Man erklärte ihnen jedoch, dass sie das Geld von Ihrer Krankenversicherung zurück fordern könnten.
Nach dem Krankenhausaufenthalt und dem Begleichen der Rechnung reichte Frau Meier dann die Rechnung bei Ihrer gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein. Von dieser erhielt Frau Meier jedoch lediglich den Hinweis, dass sie sich an Ihren Arbeitgeber wenden müsse, um die Kosten erstattet zu bekommen. Das übliche Vorgehen sehe vor, dass der Arbeitgeber Familie Meier die entstandenen Kosten komplett erstattet und sich im Anschluss wiederum von der GKV die Auslagen zurückholt. Die GKV erstattet die Kosten allerdings nur bis zu der Höhe, in der die Behandlungskosten in Deutschland angefallen wären. Unter Umständen bleibt der Arbeitgeber also auf Kosten „sitzen“.
Arbeitgeber muss auch für die Familie des Expats Arzt- und Krankenhauskosten erstatten
Es stellt sich die Frage: Muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Kosten erstatten?
Ja, denn dies ist eine gesetzliche Auflage an den Arbeitgeber und findet sich im SGB V §17 Nummer 1:
„Mitglieder, die im Ausland beschäftigt sind und während dieser Beschäftigung erkranken oder bei denen Leistungen bei Schwangerschaft oder Mutterschaft erforderlich sind, erhalten die ihnen nach diesem Kapitel zustehenden Leistungen von ihrem Arbeitgeber. Satz 1 gilt entsprechend für die nach § 10 versicherten Familienangehörigen, soweit sie das Mitglied für die Zeit dieser Beschäftigung begleiten oder besuchen.“
Wenn ja, welchen Betrag bekommt er von der GKV ersetzt?
Die Antwort findet sich wieder im SGB V §17 Nummer 2;
„Die Krankenkasse hat dem Arbeitgeber die ihm nach Absatz 1 entstandenen Kosten bis zu der Höhe zu erstatten, in der sie ihr im Inland entstanden wären.“
Wusste der Arbeitgeber überhaupt von dem geplanten Urlaub der Familie? Hätte die Familie den Arbeitgeber vorher informieren müssen? Der Arbeitgeber wurde von Familie Meier nicht informiert. Sie war auch nicht verpflichtet, den Arbeitgeber über derartige Besuche zu informieren. Die Pflichten aus SGB V §17 bestehen für den Arbeitgeber dennoch. Hätte eine Reisekrankenversicherung ausgereicht, um den Schaden direkt mit dem Krankenhaus zu begleichen?
Auch die Reisekrankenversicherung wird die Kosten nicht direkt übernehmen. Erst nachdem der Arbeitgeber mit der GKV von Frau Meier abgerechnet hat, klärt die Reisekrankenversicherung, ob sie die restlichen Kosten nach Versicherungsbedingung übernehmen muss. Ein Restkostenrisiko bleibt also.
Muss der Arbeitgeber denn jede Rechnung zu 100 Prozent begleichen?
Nein, denn der Arbeitnehmer ist auch nur zu Leistungen berechtigt, die er vergleichsweise in Deutschland beziehen würde. Nicht über die GKV abrechenbare Leistungen muss er nicht erstatten. Voraussetzung ist jedoch, dass Personalverantwortliche wie Travel Manager diese spezielle Rechtslage kennen und also wissen, dass die Kosten nicht erstattungsfähig sind und demnach nicht unter §17 fallen. Fordert der Arbeitgeber Geld einer ausgezahlten Rechnung zurück, ist dies zwar sein Recht, wirkt sich jedoch nicht positiv auf das Verhältnis zum Mitarbeiter aus.
Unabhängig davon gelten die Bestimmungen von § 17 auch für die mitreisenden Familienmitglieder, sofern diese nach § 10 gesetzlich familienversichert ist. Damit erstreckt sich die Fürsorgepflicht auch auf die Angehörigen eines Expats und Personaler sollten besonders Obacht geben, wenn entsandte Mitarbeiter mit Kind und Kegel ins Ausland gehen.
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Der Autor:
Claus-Helge Groß ist Firmenkundenberater Auslandsversicherungen bei der BDAE GRUPPE
Tel.: +49-306874-70
E-Mail: chgross@bdae.com
www.bdae.com
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