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Zwang zur Jobsuche
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Niederländische Studie: Zwang zur Jobsuche bei fehlender Qualifikation schadet

Jobsuchende dazu zu drängen, ihre Suche auch auf Bereiche auszudehnen, für die sie wenig oder gar nicht qualifiziert sind, kann kontraproduktiv sein. Das hat Wissenschaftlerin Heike Vethaak von der Universität Leiden im Rahmen eines Experimentes der niederländischen Arbeitsagentur UWV herausgefunden. Dabei luden Arbeitsämter im Zeitraum von 2015 bis 2017 etwa 130.000 Langzeitarbeitslose zu zusätzlichen Gesprächen mit Beraterinnen und Beratern ein. Diese betonten die Notwendigkeit, auch nach Jobs zu suchen, die den früheren Berufserfahrungen, Gehältern oder Reisezeiten entsprachen, andernfalls drohten Kürzungen der Leistungen.

Teilnehmende des Experiments fanden zwar tatsächlich schneller Arbeit, jedoch war dieser Effekt nicht primär auf die Erfüllung spezifischer Anforderungen zurückzuführen. Laut Vethaak hatte das zusätzliche Treffen mit dem Berater oder der Beraterin einen positiven Einfluss, während das Drängen zur Ausweitung der Suche kontraproduktiv war. Dies führte dazu, dass die Jobsuchenden ihre Strategie änderten und sich vermehrt auf Jobs konzentrierten, für die sie aufgrund geringer Qualifikationen weniger wahrscheinlich ausgewählt wurden. In vielen Fällen handelte es sich dabei um Teilzeit- oder befristete Beschäftigungen.

Geringerer Stresspegel erhöht Erfolgswahrscheinlichkeit bei Jobsuche

Abgesehen von diesem Experiment über den Zwang zur Jobsuche hat Vethaak in einer weiteren Studie die Auswirkungen von unterschiedlichen Bewilligungsverfahren für Sozialhilfeleistungen in Rotterdam untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass längere Bewilligungsverfahren negative Auswirkungen auf die Antragstellenden haben können. Eine längere Zeit ohne Einkommen verursacht finanziellen Stress, der durch Vorschüsse gemindert werden kann. Ein geringerer Stresspegel wiederum trägt wahrscheinlich zu einer erfolgreichen Arbeitssuche bei. 

Hintergrund: Auf dem niederländischen Arbeitsmarkt herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Arbeitsuchenden und verfügbaren Stellen, da die gefragten Qualifikationen von denjenigen abweichen, die derzeit ohne Beschäftigung sind. Arbeitsagenturen und Personalvermittler profitieren von dieser Situation des Arbeitskräftemangels.

Der Arbeitsmarkt in den Niederlanden zeichnet sich zudem durch eine hohe Anzahl befristeter Arbeitsverträge und einen signifikanten Grad an Selbstständigkeit aus. Darüber hinaus war das Land bereits vor dem Ausbruch der Coronakrise führend im Bereich Teilzeitbeschäftigung. Im Jahr 2018 arbeitete knapp die Hälfte der Beschäftigten in Teilzeit.

Weitere Studien über Zwang zur Jobsuche und den Auswirkungen

Zusätzlich zu diesen Erkenntnissen gibt es zwei weitere relevante Studien, die Vethaaks Forschung ergänzen und die Bedeutung verschiedener Faktoren im Zusammenhang mit der Arbeitsplatzsuche beleuchten.

Studie 1:The Impact of Active Labor Market Policies on Unemployment: A Global Perspective

Diese internationale Studie, durchgeführt von einem Forschungsteam an der Harvard University, analysiert die Auswirkungen aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen auf die Arbeitslosigkeit weltweit. Dabei werden verschiedene Ansätze wie Qualifizierungsprogramme, Arbeitsvermittlung und Subventionsmaßnahmen betrachtet. Die Studie gibt Einblicke in die Wirksamkeit unterschiedlicher Strategien zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und hebt dabei sowohl erfolgreiche als auch weniger effektive Maßnahmen hervor. Sie wurde im Jahr 2020 veröffentlicht und bietet wichtige Erkenntnisse für die Gestaltung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen auf globaler Ebene.

Studie 2: „Long-Term Effects of Unemployment on Mental Health: A Cross-National Comparative Study

In dieser internationalen Studie, durchgeführt von einem Forschungsteam an der University of Oxford, liegt der Fokus auf den langfristigen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf die psychische Gesundheit. Die Forschung vergleicht dabei verschiedene Länder und untersucht, wie unterschiedliche Arbeitslosigkeitsdauern und -bedingungen mit psychischen Gesundheitsproblemen in Verbindung stehen. Die Ergebnisse dieser Studie, veröffentlicht im Jahr 2019, unterstreichen die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung der Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, insbesondere im Hinblick auf langfristige psychische Gesundheitsaspekte.