Deutscher Reiseverband (DRV) sieht Reisewirtschaft in guter Stimmung
Der Deutsche Reiseverband (DRV) thematisiert im Hauptstadtkongress die ökonomischen Aussichten, Klimakrise und Fachkräftesicherung für die Reisewirtschaft.
„Erstmals nach der Corona-Pandemie haben wir wieder ein normales Jahr geschafft. Und das aus eigener Kraft. Die Deutschen wollen reisen und sie reisen auch wieder – sowohl privat als auch zu geschäftlichen Zwecken“, betont DRV-Präsident Norbert Fiebig in seiner Grundsatzrede die gute Stimmung der Reisewirtschaft kurz vor Ende des Touristikjahres 2022/2023. Herausfordernd bleibe allerdings die allgemeine wirtschaftliche Lage. So hat die Anzahl der Reisenden, entgegen der Umsatzentwicklung, noch nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht.
Die soziale Schere klafft in Deutschland immer weiter auseinander. Dies hat Auswirkungen auf das Urlaubsverhalten der Menschen mit geringem Einkommen. Während einige Menschen sich nach wie vor – auch bei gestiegenen Preisen – das Reisen leisten können und wollen, gibt es auf der anderen Seite auch immer mehr Menschen, die für den Sommerurlaub nicht mehr genügend Geld zur Verfügung haben. „Das hat das Zeug zu einer sozialen Frage, wenn nicht alle aufpassen. Der Urlaub muss auch für Durchschnittsverdiener weiter bezahlbar bleiben“, so der DRV-Präsident. Deshalb dürfe auch die Preisschraube von den Leistungsträgern nicht überdreht werden. Fiebig fordert von der Bundespolitik mehr Entlastungen, sodass „die Menschen mehr Geld für den Konsum in der Tasche haben.“
Pauschalreiserichtlinie: DRV fordert keine neuen Auflagen
Die Pauschalreiserichtlinie ist von der Europäischen Union eingeführt worden, um unter Berücksichtigung der vermehrten Nutzung von Internetbuchungen ein hohes, einheitliches Verbraucherschutzniveau im Zusammenhang mit Verträgen für Pauschalreisen und verbundenen Reiseleistungen einzuführen. Die Pläne der EU-Kommission, der Branche „weitere Regelungen aufzuzwingen“ sieht der DRV-Präsident kritisch. Er findet, dass bei der Reiseform der Pauschalreise „Schutz und Sicherheit schon sehr gut funktionieren“. Fiebig sieht die Verschärfung der Pflichten von Reiseveranstaltern und Reisemittlern als „gut gedacht, schlecht gemacht.“ Zusätzliche Auflagen würden das Reiseprodukt teuerer machen und daher auch unattraktiver, besonders für preissensible Reisende. Diese würden dann auf ungeschützte Produkte ausweichen.
Fachkräftemangel allgegenwärtiges Problem in der Reisewirtschaft
In den kommenden Jahren werden viel mehr Beschäftigte aus dem Arbeitsleben ausscheiden als nachrücken – das gilt auch für die Reisewirtschaft. Diese Entwicklung – bedingt durch den demografischen Wandel – verschärft den Fachkräftemangel weiter. Die Reisewirtschaft befinde sich, laut Fiebig, längst im intensiven Wettstreit mit anderen Branchen um die besten Talente. Die gezielte Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland könne hier – zumindest in einigen Segmenten der Branche – Entlastungen bringen.
Die Ausbildungssituation in der Reisewirtschaft gibt dem DRV-Präsidenten ebenfalls Bedenken. „Wir müssen uns selbst stärker in die Pflicht nehmen und wir müssen wieder mehr ausbilden“, appelliert der DRV-Präsident. Reisebüros bekommen durch die schnelle Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz ernsthafte Konkurrenz bei der Reisebuchung. Laut Fiebig erhöhe es den Anspruch der immer besser informierten Kundinnen und Kunden an die Beratungsqualität der Reisebüros zusätzlich – auch der Einsatz von KI im Arbeitsalltag Entlastungen schaffen kann. Der DRV- Präsident möchte die junge Generation für die Reisewirtschaft begeistern und ausbilden. Junge Menschen haben vielfältige Möglichkeiten, den Wandel, in dem sich die Reisewirtschaft befindet, aktiv mitzugestalten. „Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Digitalisierung, plus die Chance ins Ausland zu gehen und die Welt kennenzulernen – wir haben viel von dem zu bieten, was jungen Menschen heute wichtig ist“, wirbt der DRV-Präsident. „Unsere Branche ist modern, zukunftsorientiert und gut aufgestellt.“
Trotz Klimakrise suchen Urlaubende die „Schönwetter-Garantie“
Das der Klimawandel immer weiter voranschreitet und katastrophale Folgen mit sich bringt, hat der Sommer mit seinen Wetterextremen, die zu Waldbränden und Überflutungen in ganz Europa führen, erneut deutlich gemacht. Noch habe es kein verändertes Reiseverhalten der Deutschen in Folge der Sommerhitze gegeben, so Fiebig. „Die Menschen suchen den ‚zuverlässigen Sommer‘, die ‚Schönwetter-Garantie‘. Und das bietet im Sommer insbesondere der Süden Europas.“ Fiebig stellt klar: „Die Wetterextreme nehmen zu. Der Klimawandel ist Realität. Darauf müssen wir uns einstellen, das müssen wir im Blick haben!“ Veränderungen im Konsumverhalten sind abzusehen und nachhaltiges Reisen wird für viele Deutsche immer wichtiger. „Das muss Veränderungen in der Angebotsstruktur nach sich ziehen“, fordert er. „Wir haben eine große Verantwortung“, betont der DRV-Präsident. „Wir alle müssen beim Klimaschutz noch schneller und noch stärker werden. Perspektivisch hilft nur der schrittweise Verzicht auf fossile Brennstoffe. Das Ziel heißt nach wie vor CO2-neutrale Mobilität.“ Die Politik sei hier gefordert, die Förderung von Innovationen und klimaschonenden Technologien und deren Umsetzung schneller und gezielter voranzutreiben.
Online-Trainingsprogramm für Reisebüros zum nachhaltigen Reisen
Reisebüros haben die Aufgabe Reisende zu sensibilisieren und zu beraten in Hinblick auf klimaschonendere, nachhaltigere Reisen. Der DRV-Climate Counter ist ein Online-Training für Reisebüros und auf der DRV-Webseite zur kostenlosen Nutzung veröffentlicht. Dieses vermittelt Basiswissen zur Klimawirkung von Reisen und zum Klimaschutz im Tourismus, ergänzt um praktische Tipps für die Beratung.