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young friends talking and drinking coffee in cafe.

Lebenswelt der Koreaner: Wie das Business funktioniert

Falls Sie sich kurz vor Augen halten, wie fremd sich schon Nachbarländer in Europa sind, erahnen Sie bereits, was Sie im Fernen Osten in der Republik Korea an kulturellen Besonderheiten erwartet. Üblicherweise wird von einem Kulturschock gesprochen.

Der erste Eindruck von Seoul – und für die meisten wird Seoul der erste Eindruck von Korea sein – verführt dazu anzunehmen, dass nicht nur die Gebäude und die Infrastruktur der unseren gleicht, sondern dass sich Koreaner auch irgendwie westlich verhalten. Das ist falsch! Sie verhalten sich wie Koreaner. Koreaner sind anders als Deutsche, Österreicher oder Schweizer, nicht besser oder schlechter, nur anders. Diese andere Kultur ist faszinierend, wunderbar überraschend und kann zugleich frustrierend sein.

Beziehungen und Gruppen der Koreaner

Dem Besucher fällt schnell auf, dass Koreaner entweder zu den freundlichsten Menschen gehören, die er je getroffen hat, oder zu den eher gleichgültigen oder unfreundlichen. So wird ein koreanischer Gastgeber seinen Besucher freundlich und zuvorkommend umsorgen, während man auf der Straße von Fremden bedenkenlos ohne Weiteres angerempelt oder auf die Seite geschoben wird. Der Unterschied dieses so offensichtlichen Widerspruchs liegt in Ihrer ganz persönlichen Beziehung zu dem jeweiligen Koreaner. Sind Sie ein Familienmitglied, Freund oder guter Bekannter, werden Sie auf das Höflichste behandelt. Menschen, die er nicht persönlich kennt, beachtet ein Koreaner nicht und die Enge der Städte und manche Traditionen führen unvermeidbar zu unangenehmen Begegnungen, wie zum Beispiel, dass man Ihnen die Türe vor der Nase zufallen lässt.

Koreaner

Foto: tragrpx auf pixabay.com

Koreaner sind kurz gesagt in Gruppen organisiert. Jeder Koreaner gehört verschiedenen Gruppen an, zum Beispiel einer Gruppe von Personen, die dieselbe Universität besucht oder in derselben Militäreinheit gedient haben. Das Besondere ist, dass diese Gruppen auf Dauer angelegt sind und sich die Mitglieder in einem vergleichs­weise hohen Maß selbst disziplinieren bzw. sanktionieren, um die Ordnung in der Gruppe aufrechtzuerhalten. Dies war insbesondere in den letzten Jahrhunderten ein wesentlicher Bestandteil der Gruppenbeziehungen, da es kaum andere Möglichkeiten gab, priva­te oder geschäftliche Streitigkeiten zu regeln. Es gab dafür schlicht kein vergleichbares Gerichtssystem wie in Europa. Und nach wie vor erachten die Koreaner die Gruppenbeziehungen als we­sentliches Element ihrer Kultur.

Integration in Korea nicht leicht

Wichtig sind also persönliche Beziehungen. Falls Sie solche herzustellen versuchen, berücksichtigen Sie, dass ein Koreaner Sie nur zögerlich in seine Kreise einziehen lässt, da er, wie bereits erwähnt, nach koreanischer Denkweise den anderen Mitgliedern solch
(in-)formeller Verbindungen bzw. Gruppen quasi (mit-)verantwortlich für Ihr zukünftiges Verhalten ist. Beachten Sie aber auch, dass Sie als Ausländer nie ein „vollwertiges“ Mitglied einer solchen Runde werden können, da es für den gewöhnlichen ausländischen Geschäftsmann schon zu spät ist, sich zum Beispiel durch Besuch derselben Universität oder durch Ableistung des Wehrdienstes als vollwertiges Mitglied bestimmter Gruppen wirklich zu qualifizieren. Zudem sprechen die wenigsten Ausländer Koreanisch, was in solchen Gruppen selbstverständlich die Umgangssprache – zumindest für Problemlösungen – ist.

Es gibt aber einen Schutz für Ausländer, der gegen jeden Koreaner durchgesetzt werden kann, und der Ausländer nicht diskriminiert. Das sind zum einen die koreanischen Gesetze und zum anderen die koreanischen Gerichte. Das koreanische Recht ist dem deutschen nachempfunden und dadurch für den deutschsprachigen Kaufmann in der Regel nachvollziehbar. Die koreanischen Gerichte bzw. Richter sind – zu Recht – stolz auf ihre richterliche Unabhängigkeit. Die Richter sind gut ausgebildet und die Prozessdauer ist grundsätzlich in etwa halb so lang wie in Deutschland. Deshalb ist es in Korea dringend zu empfehlen, sich bei allen Arten von Verträgen und Engagement (beispielsweise Firmengründung, Joint-Venture-Verhandlungen, Know-how-Transfer) professionellen Rechtsrat einzuholen.

Beziehungen für Koreaner wichtiger als Verträge

Grundsätzlich sind Verträge für Koreaner disponibel. Koreaner erwarten deshalb oft, dass sich die Vertragsbedingungen anpassen, falls sich die Rahmenbedingungen ändern. Das kann gut und schlecht sein. So gibt es durchaus europäische Firmen, die in der Asienkrise 1997/98 die Vorteile dieses Systems kennengelernt haben, als nämlich die koreanischen Geschäftspartner nicht auf alle Vertragsbedingungen bestanden haben, einschließlich des festgelegten Preises, um den Konkurs des Geschäftspartners zu vermeiden, auch wenn es sich dabei nicht um einen unverzichtbaren Geschäftspartner gehandelt hat. Dies ist eine besondere in diesem Falle positive Ausprägung des Grundsatzes, dass persönliche Beziehungen wichtig sind.

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Foto: mimikim auf pixapay.com

In der Regel ist also die gute persönliche Beziehung einem Koreaner wichtiger als die Einzelheiten eines Vertrags – und diese Einstellung erwartet er auch von Ihnen. Das heißt aber, wie eben gesagt, im Umkehrschluss nicht, dass Sie sich als Ausländer im Ge­schäftsverkehr ohne Verträge bewegen sollten. Sie benötigen vielmehr gut ausgearbeitete Verträge, um Ihre Interessen im Zwei­fel schützen oder durchsetzten zu können, auch wenn ein Koreaner von Ihnen erwartet, nicht auf die Einhaltung jedes Vertragsdetails zu bestehen. Wenn Sie gute Verträge haben, bleibt es Ihre Entscheidung, ob Sie der Gegenseite Zugeständnisse machen  oder eben nicht.

Versuche, den koreanischen Markt von Deutschland aus zu erschlie­ßen, führen nur zu sehr eingeschränkten Erfolgen, falls Sie nicht über ein unverzichtbares einmaliges Produkt verfügen, das von koreanischen Unternehmen benötigt wird (zum Beispiel Erdöl oder ausgewählte Maschinenteile). Das Wichtigste für koreanische Geschäftsleute ist, wie bereits ausgeführt, die persönliche Bezie­hung, und diese kann durch Aktivitäten in Deutschland, Österreich oder der Schweiz nicht wirklich aufgebaut werden. Um sich erfolgreich im koreanischen Markt zu etablieren, sollten Sie sich am besten entweder eines Dritten bedienen, der Sie bei potenziellen koreanischen Kunden einführt, oder Sie kommen selbst nach Korea und versuchen vor Ort persönliche Beziehungen aufzubauen. Was Sie dabei auf jeden Fall mitbringen müssen, ist viel Zeit, diese persönlichen Beziehungen aufzubauen und zu pflegen.

Konfuzianismus in Korea

Die Wertvorstellungen der Koreaner sind auch heute noch vom ca. 2.500 Jahre alten Konfuzianismus geprägt, weit mehr als vom inzwischen weit verbreiteten Christentum, das erst in den letzten Jahrzehnten an kulturellem Einfluss gewonnen hat. Zum Grundkonzept des Konfuzianismus gehören unter anderem der Respekt vor dem Alter, das Senioritätsprinzip und ein für die europäische Denkweise extrem ausgeprägtes Hierarchiebewusstsein. Eine Aus­wirkung dieses Grundkonzepts ist, dass die gesamte koreanische Gesellschaft, einschließlich der koreanischen Unternehmen, klar hierarchisch strukturiert ist.

Konfuzius

Stark vereinfacht dargestellt kann man von einer Pyramide der Loyalitäten in der koreanischen Gesellschaft sprechen, die man sich immer vor Augen führen sollte, wenn man zu koreanischen Geschäftspartnern oder Mitarbeitern Kontakt aufnimmt oder pflegt. Während an erster Stelle in dieser Pyramide die Familie einschließlich naher und ferner Verwandter steht, die Schul- und Studienkameraden sowie für Männer die Kameraden der militärischen Einheit, in welcher der Wehrdienst geleistet wurde, kommen in den Ebenen darunter weitere Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, der Arbeitgeber, der ausländische Arbeitgeber und der Rest der Welt. Auch geografische Zugehörigkeit, also aus welcher Provinz, Stadt oder welchem Stadtteil das Gegenüber kommt, spielt im täglichen Beziehungsgeflecht der Koreaner und der koreanischen Politik durchaus eine Rolle.

Foto: commons.wikimedia.org

Kleiner Business-Knigge Korea

Es wird von Koreanern auch gerne gesehen, wenn der Gast etwas über das Land weiß und ein paar Worte der Sprache kennt. Ein koreanisches „Guten Tag“, „Danke“ und „Auf Wiedersehen“ wirkt sich bei dem Versuch, eine angenehme Atmosphäre herzustellen, sehr positiv aus. Über die Notwendigkeit der immerwährenden Verfügbarkeit von Visitenkarten und der darauf verzeichneten Position des Inhabers wird ständig und von jedem, der zu Korea etwas schreibt, hingewiesen. Visitenkarten dienen der Einordnung des Ge­genübers in die allgegenwärtigen hierarchischen Strukturen, da grundsätzlich versucht wird, auf gleicher Ebene zu kommunizieren. Die Ausführungen zur Übergabe von Visitenkarten, die zum Teil publiziert wurden, halte ich aber für teils völlig übertrieben und weltfremd, da sich nach meiner Beobachtung viele Koreaner partout weigern, sich so zu verhalten, wie von manchem Autor be­schrieben.

Lernen Sie nichts auswendig, verhalten Sie sich der Situation angemessen. Beachten Sie grundsätzlich das Alter Ihres Gegenübers deutlich mehr als in Deutschland und seien Sie dementsprechend freundlich. Ebenfalls sollte jedem Asienreisenden klar sein, dass Schuhe im privaten Bereich immer und in Restaurants oft ausgezogen werden müssen. Löcher in den Socken hinterlassen analog Löcher im Ansehen. Wer den Erwartungen der Koreaner an einen Geschäftspartner entsprechen will, wird nie ohne Anzug und Krawatte sowie den passenden sauberen (geputzten) Schuhen auftreten. Frauen wird grundsätzlich betont konservative Geschäftskleidung empfohlen.

Um die allgegenwärtigen Klimaanlagen angemessen zu dosieren und damit Energie zu sparen, hat es die koreanische Regierung in den letzten Jahren für Beamte zur Pflicht gemacht, im Hochsommer ohne Krawatte zu arbeiten. Dem Wunsch der Regierung entsprechen auch die Banken und andere Großbetriebe. Wundern Sie sich also nicht darüber und ziehen Sie trotzdem Ihre Krawatte an. Kleider machen Leute, vor allem in Korea.

Bevor Sie nach Korea reisen, sollten Sie sich immer erkundigen, wie die koreanischen Feiertage fallen (siehe dazu auch http://www.nowak-partner.com/de/informationen-zu-korea/feiertage-in-korea). Auch in Deutschland hätte es niemand gerne, wenn ein ausländischer Geschäftspartner am ersten Weihnachtsfeiertag vor der Tür oder dem Unternehmenstor steht und Einlass begehrt.

Das Highlander-Prinzip in Korea

Für die koreanische Firmenstruktur gilt immer das „Highlander-Prinzip“ (erinnern Sie sich vielleicht an Russell Mulcahys Spielfilm „Highlander – Es kann nur einen geben“ von 1986 mit Christopher Lambert in der Hauptrolle? Falls ja, haben Sie schon eine gute Vorstellung davon, was ich sagen möchte). Das heißt, an der Spitze des Unternehmens kann es nur einen geben, der entscheidet. Auch wenn Sie viele Direktoren eines Unternehmens kennenlernen, wird es nur einen geben, der die wirklich wichtigen Entscheidungen trifft.

Es ist essenziell für den Geschäftserfolg, diesen zu lokalisieren und für sein Anliegen zu gewinnen. Für („weniger wichtige“) Entscheidungen, die auf den Ebenen darunter getroffen werden, ist es ebenfalls ratsam herauszufinden, wer wirklich entscheidet, denn selten wird derjenige mit dem ausländischen Geschäftspartner direkt verhandeln. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, die Entscheidung durch Dritte zu beeinflussen. Versuchen Sie, mit Mit­arbeitern Ihres Geschäftspartners zu verhandeln, die Ihr Anliegen bei dem Entscheidungsträger tatsächlich voranbringen können. Ermitteln Sie also immer rasch, wer dieser Entscheidungsträger und wer dessen Vertrauter ist, mit dem Sie verhandeln sollten.

Positionen und Titel in Korea

Um mit einem Entscheidungsträger wirklich verhandeln zu können, benötigen Sie einen vergleichbaren Titel, d.h. eine vergleichbare Position in Ihrem Unternehmen. Ist Ihr Titel falsch gewählt, kann Sie das schnell um den Geschäftserfolg bringen. Alleinentscheidend ist dabei nur der Titel, nicht Ihr Können oder Ihre Erfahrung! Jeder Koreaner versucht, immer mit jemandem auf seinem ei­genen Level zu verhandeln bzw. verhandeln zu lassen.

Stellen Sie auch Ihr Unternehmen richtig vor. Koreaner sind an gro­ße Einheiten gewöhnt und werden regelmäßig nicht dadurch beeindruckt, dass Sie zum Beispiel 1.500 Mitarbeiter haben. Besser ist es zu betonen, dass Sie beispielsweise der Weltmarktführer in Ihrer Branche sind oder dass internationale bekannte Unternehmen oder koreanische Konglomerate zu Ihren Kunden zählen.

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 Der Autor:

Joachim_NowakJoachim Nowak kam im Dezember 1997 nach Korea – mitten in der Asienkrise. Seit dieser Zeit hat er neben dem Mittelstand auch Großunternehmen der deutschen, österreichischen und schweizerischen Wirtschaft erfolgreich betreut.

Als Partner der ausländischen Geschäftsleitung koreanischer Tochter- und Joint-Venture-Gesellschaften hat sich Joachim Nowak in der Konfliktzone der täglichen Managemententscheidungen in Korea über eineinhalb Jahrzehnte bewährt.

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