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© Richie Chan – AdobeStock

Mitarbeitereinsatz in Taiwan: Ausländische Fachkräfte willkommen

Taiwan ist als fünftwichtigster Handelspartner direkt nach Hongkong bei der deutschen Wirtschaft ebenso beliebt wie bei den Expats. In der aktuellen Expat-Insider-Studie des Netzwerkes InterNations steht Taiwan an zweiter Stelle der beliebtesten Länder von Expats und Fachkräfte weltweit.

In Sachen Lebensqualität belegt der Inselstaat seit 2016 den Spitzenplatz. Mehr als zwei Drittel aller Expats, die in Taiwan leben, betrachten ihren Arbeitsplatz als sicher. 77 Prozent sagen, sie fühlen sich in Taiwan zu Hause – mehr als in allen anderen Expat-Destinationen.

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Fachkräfte dringend benötigt

Taiwans Wirtschaft wächst seit gut zehn Jahren sehr gut, was sich auch in einem kontinuierlich steigenden Bruttoinlandsprodukt (2018 betrug es 613,3 Milliarden US-Dollar) sowie einer äußerst niedrigen Arbeitslosenquote (3,76 Prozent im Jahr 2018) widerspiegelt. Allerdings benötigt das Land dringend Fachkräfte. Wohl auch, um qualifiziertes Personal aus dem Ausland anzuwerben, ist am 8. Februar 2018 das neue Gesetz für Recruitment and Employment of Foreign Professionals in Kraft getreten, das zum Ziel hat, den Zugang zum taiwanischen Arbeitsmarkt für ausländische Fachkräfte zu vereinfachen und ihre Absicherung sowie Rechte zu stärken.

Für Geschäftsreisen ohne Arbeitstätigkeit dürfen deutsche Arbeitnehmer bis zu 90 Tage ohne Visum einreisen. Für Tätigkeiten, die über Geschäftsmeetings oder Teilnahmen an Konferenzen hinausgehen, wird ebenfalls keine Arbeitserlaubnis verlangt, sofern die Arbeitsdauer 30 Tage nicht überschreitet. Benötigt ein Arbeitnehmer danach eine Arbeitserlaubnis, so kann diese nur von einem Unternehmen in Taiwan beim Council of Labour Affairs beantragt werden – also beispielsweise von einer deutschen Tochtergesellschaft vor Ort.

Hat ein Unternehmen noch keine Betriebsstätte in Taiwan, kann der Antrag auch von einem taiwanischen Kunden oder Partnerunternehmen gestellt werden und der entsandte Mitarbeiter wird dort pro forma als Angestellter auf Zeit tätig. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer beruflich qualifiziert ist, in der Regel reicht ein Bachelorabschluss oder eine Meisterprüfung aus.

Tendenz zu mehr Arbeitnehmerfreundlichkeit für Fachkräfte

Taiwan war lange ein sehr arbeitgeberfreundliches Land. Aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels und der hohen internationalen Nachfrage nach Produkten aus Taiwan steigt die Bereitschaft von Regierung wie Firmen, den Arbeitnehmern mehr Rechte und vor allem höhere Löhne und Gehälter einzuräumen. Erst 2018 wurde der gesetzliche Mindestlohn auf 22.000 taiwanesische Dollar erhöht (circa 625 Euro), ebenso wie der Mindeststundenlohn von 140 taiwanesischen Dollar (circa vier Euro).

Der Mindestlohn ist auch die Messlatte bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge. Grundsätzlich gibt es ein Lohngefälle zwischen Nord und Süd. So ist das Lohnniveau in Taipei deutlich höher als auf dem Rest der Insel. Allerdings sind dort auch Mieten und Lebenshaltungskosten um einiges höher. Dies sollten Unternehmen bei der Gehaltsfrage ihrer Expats in Taiwan ebenso berücksichtigen wie einen möglichen Kaufkraftverlust bei Währungsschwankungen.

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Im Dezember 2016 wurde in Taiwan die Fünf-Tage-Woche eingeführt, mit einem festen und einem flexiblen Ruhetag bei nicht mehr als acht Stunden pro Tag und nicht mehr als 40 Stunden pro Woche. Überstunden plus Regelarbeitszeit dürfen 12 Stunden am Tag nicht übersteigen; im Monat dürfen nicht mehr als 46 Überstunden anfallen.

Taiwanische Unternehmen gewähren häufig nur die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsozialleistungen. Ausländische Firmen sind dagegen für gewöhnlich etwas großzügiger. So finanzieren diese etwa gesundheitsbezogene Zusatzleistungen wie Zuschüsse für einen zusätzlichen Versicherungsschutz bei Krankenhausaufenthalten.

Zudem ist es üblich, Unfall- sowie Lebensversicherungen durch den Arbeitgeber bezahlt zu bekommen. Des Weiteren gestatten insbesondere ausländische Firmen ihren Beschäftigten mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen Urlaubstage.

Fortschrittliches Gesundheitssystem

Taiwans Sozialversicherungssystem ist im Vergleich sowie zu Deutschland sehr rudimentär ausgeprägt. Derzeit umfasst es lediglich die Kranken- und Berufsunfallversicherung. Bei letzterer leistet die Versicherung auch nur ausschließlich für bestimmte Berufe. Die Krankenversicherung ist obligatorisch für alle Personen mit Wohnsitz in Taiwan sowie für alle Ausländer, die sich mindestens sechs Monat im Land aufhalten oder eine lokale Anstellung haben. Weiteren Sozialversicherungsschutz gibt es nicht. Es existiert allerdings ein Pensionsmodell, das Arbeitgeber verpflichtet, sechs Prozent des beitragsfähigen Anteils des Lohnes in einen Rentenfond einzuzahlen. Mit dem neuen Arbeitsgesetz für ausländische Fachkräfte gilt das nun auch für Expats.

Zentrale Säule des Gesundheitssystems ist das staatliche NHI-Programm, in dem 99 Prozent der Bevölkerung krankenversichert sind. Die Beitragsermittlung ist etwas kompliziert und basiert auf dem Grundlohn, dem Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitragssatz sowie aus der Anzahl der Familienangehörigen. Im Vergleich zu anderen westlichen Ländern sind die Beiträge aber äußerst niedrig. So zahlt beispielsweise eine vierköpfige Familie rund 75 US-Dollar pro Monat an Beiträgen, diese sind sogar steuerlich absetzbar.

Die NHI bietet weit mehr als einen Basisversicherungsschutz, neben der Notfallversorgung sind auch Leistungen im zahnmedizinischen Bereich, bei Schwangerschaft und Entbindung inbegriffen ebenso wie der Zugang zur traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Nicht inbegriffen im Versicherungsschutz sind Leistungen bei Urlaubsreisen ins Ausland, Geschlechtsumwandlungen, Behandlungen bei Unfruchtbarkeit, Sehhilfen und Hilfsmittel (wie zum Beispiel ein Rollstuhl oder ein Hörgerät) sowie Medikamente für den Drogenentzug.

Gesundheitsuntersuchung bei Einreise gefordert

Darüber hinaus haben Versicherte im ganzen Land freie Arzt- und Krankenhauswahl. Um in einer Klinik oder beim Facharzt behandelt werden zu können, genügt es, die Versichertenkarte vorzuzeigen. Die Karte erhalten Versicherte sobald sie bei der NHI gemeldet worden sind.

Bei entsandten Arbeitnehmern muss der Arbeitgeber die Registrierung vornehmen, bei Schülern und Studenten ist die jeweilige Bildungseinrichtung zuständig und nicht erwerbstätige Angehörige sind in der Regel über den Partner beziehungsweise den erwerbstätigen Elternteil mitversichert. Für die Einreise von Ausländern verlangt Taiwan übrigens eine Gesundheitsuntersuchung inklusive HIV-Test.

Vertragsloses Ausland

Da Taiwans Sozialversicherungssystem einem Vergleich mit dem deutschen nicht standhalten kann, gibt es auch kein Sozialversicherungsabkommen. Taiwan gehört somit aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht zu den sogenannten vertragslosen Ländern. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie in jedem Fall dafür Sorge tragen müssen, dass ihre Mitarbeiter einen alternativen Sozialversicherungsschutz erhalten, sofern sie nicht im deutschen System verbleiben können. Letzteres ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich und stark abhängig von arbeits- und steuerrechtlichen Gegebenheiten im Kontext des Mitarbeitereinsatzes.

Entsandte Arbeitnehmer, die alle Voraussetzungen für den Verbleib im deutschen Sozialversicherungssystem erfüllen, vermeiden etwaige Beitragslücken, sind aber in punkto Krankenversicherung in jedem Fall doppelt versichert. Auch kann es sein, dass doppelte Beiträge in die Berufsunfähigkeitsversicherung abgeführt werden.

Eine klare bilaterale Regelung gibt es immerhin beim Doppelbesteuerungsabkommen, das seit 2013 angewandt wird. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wendet Deutschland eine Mischung aus der Freistellungs- und der Anrechnungsmethode, Taiwan hingegen ausschließlich die Anrechnungsmethode an.