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Auswanderung und Flucht
© Thomas Reimer - AdobeStock

Neues „Zeit Geschichte“ Heft über deutsche Auswanderer erschienen

Eine aktuelle Ausgabe von „ZEIT Geschichte“ widmet sich der Auswanderungswellen der Deutschen von 1680 bis heute. Einen Bezug zur aktuellen Ukraine-Krise und der Fluchtbewegung nach Deutschland wird darin auch thematisiert.

Historiker Andreas Kossert zeigt sich im Gespräch mit der Redaktion von der großen Hilfsbereitschaft der Deutschen gegenüber den Flüchtenden aus der Ukraine nicht überrascht: „Von vielen Ukrainern hören wir, dass sie möglichst bald in ihre Heimat zurückwollen, viele sind bereits zurückgekehrt. Und wir sind fast ein Nachbarland. Auch 2015 gab es zunächst eine Willkommenskultur in Deutschland, bevor die Stimmung kippte. Wie lange sie dieses Mal anhält, müssen wir abwarten. Eine Willkommenskultur ist historisch eher die Ausnahme.“

Frage nach dem richtigen Terminus für Menschen auf der Flucht

Kossert, der 2020 das Buch „Flucht. Eine Menschheitsgeschichte“ veröffentlicht hat, entscheidet sich bewusst für den Begriff „Flüchtlinge“: „Hinter dem Wort ‚Geflüchtete‘ steckt die gut gemeinte Absicht, den vermeintlich abwertenden Terminus ‚Flüchtling‘ zu ersetzen. Ich sehe darin jedoch eine Verharmlosung.“ Der Begriff „Geflüchtete“ wird dem promovierten Historiker zufolge den von Flucht geprägten Schicksalen nicht gerecht, denn er „vermittelt etwas Abgeschlossenes, das in der Vergangenheit liegt. Aus jedem Flüchtling wird im Handumdrehen ein Geflüchteter – das bleibt angesichts der Dramatik von Fluchtbiografien leider Wunschdenken.“

„Flucht ist etwas, das uns alle betreffen kann.“

Auswanderer und Flucht
Cover ZEIT GESCHICHTE 03/2022 (EVT: 24.05.2022) / © DIE ZEIT

Dies zeigt sich insbesondere an der ganz anderen Haltung, die Europa den über das Mittelmeer Flüchtenden entgegenbringt: „Es ist eine Schande für Europa, was im Mittelmeer passiert. Ich hoffe, dass die Hilfsdynamik, die sich gerade in Osteuropa zeigt, zu einem generellen Umdenken führt, weil die Menschen verstehen: Flucht ist etwas, das uns alle betreffen kann.“ Kossert, der bei der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung tätig ist, bemerkt: „Wir dürfen nicht vergessen: Bis heute hängen afghanische und syrische Flüchtlinge an der Grenze von Belarus zu Polen fest, daran hat der Krieg in der Ukraine nichts geändert.“

Die aktuelle Ausgabe von ZEIT Geschichte (Heft 3/2022 mit dem Titel „Deutsche Auswanderer. Aufbruch in ein neues Leben – von 1680 bis heute“) ist am 24. Mai 2022 im Handel erschienen und ist auch hier erhältlich.

Der Krieg in der Ukraine hat zu einem Anstieg der Zahl der zwangsweise geflüchteten Menschen geführt. Wie die Statista-Grafik auf Basis von UNHCR-Daten zeigt, sind mittlerweile mehr als 100 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Konflikten, Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung. Ende des Jahres 2021 lag die Zahl noch bei 90 Millionen Menschen. Bis zum 23.05.2022 kamen durch den Krieg in der Ukraine weitere 14 Millionen Flüchtlinge hinzu: laut UNHCR setzt sich diese Zahl aus 8 Millionen Binnenflüchtlingen innerhalb der Ukraine und 6 Millionen Ukrainern zusammen, die in andere Länder geflüchtet sind.