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Business-Knigge Indonesien: Erst die Freundschaft, dann die Geschäfte

Indonesien gilt als einer der Wachstumsmärkte schlechthin; laut einer BBC-Erhebung, die unter 24.000 Personen in 24 Ländern durchgeführt wurde, ist Indonesien sogar als bester Standort für Unternehmensneugründungen genannt worden – noch vor den USA, Kanada und Australien. Dies erkennt nun zunehmend auch der deutsche Mittelstand, der gute Chancen hat, sich auf dem indonesischen Markt mit seinen rund 240 Millionen potenziellen Konsumenten (und einem Zuwachs des BIP in diesem Jahr von sechs Prozent) zu etablieren. Der Grund: Deutsches Fachwissen und deutsche Ingenieurskunst sind sehr gefragt. So besteht beispielsweise großer Bedarf bei Geräten, Anlagen und Systemen der Sicherheitstechnik.

„Gummizeit“ verlängert Prozesse

Da ihnen der gute Ruf vorauseilt, werden deutsche Geschäftsreisende mit offenen Armen und mit dem für Indonesier typischen Lächeln empfangen. Diese Offenheit sollte jedoch nicht täuschen, denn der Weg zum Erfolg ist tendenziell steinig. Eine besonders große Hürde ist das Zeitempfinden der Einwohner. Was bei den Indern die „Indian streching time“ ist, nennt sich in Indonesien „Jam karet“, was frei übersetzt „Gummizeit“ bedeutet. Und Gummi ist ein dehnbares Material. Auf Pünktlichkeit legen Indonesier keinen gesteigerten Wert – im Gegenteil: Wer beispielsweise als Gast auf die Minute zum vereinbarten Termin erscheint, gilt als unhöflich. Noch unhöflicher ist es, die Geduld zu verlieren – etwa wenn Geschäftspartner für europäische Verhältnisse nicht schnell genug auf den Punkt kommen. Während die europäische Kultur sehr sachorientiert ist, steht für Indonesier der Mensch beziehungsweise das Kollektiv an erster Stelle. Für den Business-Alltag bedeutet dies, dass frei nach dem Motto „Erst die Freundschaft, dann die Geschäfte“, der Beziehungsaufbau den geschäftlichen Details vorausgeht. Das macht Verhandlungen unter Umständen zäh, doch wer auf schnelle Entscheidungen drängt, zieht eben auch schnell den Kürzeren. Beispielsweise sollte man nie zu früh auf einer Vertragsunterzeichnung bestehen – dies wird als mangelndes Vertrauen ausgelegt, das jedoch die Basis jeglicher Kontrakte und Kooperationen ist.

Richtlinien statt Pflichten

Ohnehin hat ein harmonisches Miteinander einen hohen Stellenwert. Dies wirkt sich oft auch auf die Vertragsgestaltung aus, wie der Kreditversicherer Atradius aus Erfahrung weiß. In seinem 10-Punkte-Plan für Geschäftsaufbau in Indonesien empfiehlt das Unternehmen, vertragliche Bestimmungen so zu formulieren, als handle es sich um Richtlinien und nicht um eine Auflistung von Pflichten. Für den Fall, dass einmal Zahlungsprobleme auftauchen sollten, rät Atradius betroffenen Unternehmen, sich gütlich zu einigen, anstatt drastische Maßnahmen zu ergreifen. Andernfalls ist eine mittel- bis langfristige geschäftliche Partnerschaft massiv gefährdet.

Eigeninitiative, konstruktive Kritik oder Verbesserungsvorschläge sind bei indonesischen Angestellten sehr unüblich. Verantwortung wird gerne an Vorgesetzte delegiert. Entsprechend unwahrscheinlich ist es auch, dass Probleme direkt benannt werden. Geraten Missstände ans Tageslicht, ist es für ihre Behebung meist schon zu spät. Europäische Führungskräfte sollten deshalb den Blick für Schwierigkeiten bei Projekten besonders schärfen.

Wie in den meisten asiatischen Kulturen legen auch Indonesier großen Wert auf Hierarchien. Für Geschäftsreisende bedeutet dies, Rangfolgen etwa bei der Begrüßung und bei Verhandlungen einzuhalten. Der Titel auf Visitenkarten hilft dabei, die Position und damit den Status seines Gegenübers besser einzuschätzen. Frauen spielen auf dem Insel-Archipel noch immer eine vergleichsweise untergeordnete Rolle und werden nicht zuerst begrüßt. Bei privaten Einladungen ist es häufig üblich, dass nur Männer und Gäste bewirtet werden und Frauen an einem separaten Tisch mit den Kindern essen.

Zwar sind mehr als 80 Prozent der Einwohner Indonesiens Moslems, Staatsreligion ist der Islam allerdings nicht. Die Menschen leben den so genannten sunnitischen Islam, der von großer Toleranz geprägt ist. Frauen sollten dennoch in der Öffentlichkeit Schultern und Knie bedecken. Im Geschäftsleben ist westliche Bekleidung – also Anzug und Krawatte für Männer und Kostüm oder Hosenanzug für Frauen – an der Tagesordnung.

 Kurzer Business-Knigge Indonesien

  • Pünktlichkeit gilt insbesondere bei privaten Einladungen als unhöflich
  • Wer sich lautstark artikuliert, gilt als aggressiv. Halten Sie sich deshalb auch bei der Tonlage zurück.
  • Die Begrüßung erfolgt mit der rechten Hand, allerdings wird diese nur sanft, keinesfalls kräftig geschüttelt. Die linke Hand gilt als unrein.
  • Beim Betreten von religiösen Stätten und Privathäusern sollten die Schuhe ausgezogen werden.
  • Gastgeschenke aus Deutschland (etwa Marzipan, Schokolade oder Gummibärchen) werden geschätzt, Zurückhaltung ist bei Alkohol geboten.
  • Typische Gesprächsthemen sind Religionszugehörigkeit und die Familie. Wer keiner Religion anhört und/oder keine Kinder hat, muss mit ungläubigen Kommentaren rechnen.
  • Bringen Sie Ihr Gegenüber nie in Verlegenheit. Auch bei Indonesiern ist Gesichtsverlust mitunter das Unhöflichste, was man seinen Mitmenschen antun kann.

Lesetipp:

Doris Gutting: Management in Südostasien: Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur in Indonesien, Malaysia, Singapur, Thailand, Vietnam und auf den Philippinen. NWB Verlag, ISBN:978-3-47064811-8; 27,90 Euro

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