Expatriate-Studie weltweit
Emerging Markets bei Expatriates beliebt
Die Entsendepraxis von Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich geändert. Einen hohen Anteil an diesem Umstand haben offenbar junge Fach- und Führungskräfte. Dies ist eine wichtige Erkenntnis des britischen Economist Verlags, dessen hauseigenes Institut im Rahmen einer Studie 400 Personen im Management befragte. Demnach glaubt jede dritte junge Führungskraft weltweit, dass insbesondere eine Entsendung innerhalb aufstrebender Märkte („emerging markets“) der Karriere einen enormen Schub gibt. Entsprechend hoch ist die Bereitschaft der so genannten Young Professionals, dem Job zuliebe die Heimat zu verlassen. 80 Prozent der als Generation Y bezeichneten jungen Arbeitskräfte wollen für eine gewisse Zeit im Ausland arbeiten.
Die entsendenden Unternehmen stellt dies vor eine Herausforderung, denn nicht immer kann nach einem beruflichen Auslandsaufenthalt die Beförderung in eine Führungsposition erfolgen. Ein Grund dafür ist, dass längst nicht mehr Mitarbeiter in hohen Positionen entsandt werden. Zwar hat immer noch knapp jeder dritte Expatriate die Position „Country Manager“ oder „Region Manager“ inne, doch 26 Prozent der international tätigen Gesellschaften geben an, dass sie vorrangig Arbeitskräfte aufgrund erforderlicher Fertigkeiten und weniger um die Auslands-Dependance zu leiten, entsenden.
Rundum-Sorglos-Paket für Expatriates hat ausgedient
Hinzu kommt, dass sich der Auswahlprozess potenzieller Expatriates in Richtung einer selbst initiierten Entsendung verschiebt. Während vor etwa einem Jahrzehnt Personalverantwortliche noch mühsam nach geeigneten Führungskräften suchen und diese mit vielen Extras in die Ferne locken mussten, stellen sich viele junge Mitarbeiter selbst für den Auslandsaufenthalt zur Verfügung. Die Folge: Das traditionelle Expatriate-Paket mit etlichen Zulagen gibt es inzwischen deutlich seltener. Stattdessen bezahlen Unternehmen ihre entsandten Mitarbeitern zunehmend zu lokalen Konditionen und packen lediglich ein zu verhandelndes Plus drauf. Eine Erschwerniszulage beispielsweise gibt es nur noch in Ausnahmefällen. Ein befragter Personalverantwortlicher bringt es auf den Punkt: „Südafrika, China – dabei handelt es sich um eine großartige Chance, aber nicht um einen Härtefall. Es ist sicherlich hart, entsandt zu werden, wenn man eine Familie und feste soziale Strukturen zurücklässt, aber für gewöhnlich nicht, wenn man erst 25 ist.“
Als so genannte Hardship-Länder, die als besonders herausfordernd gelten und daher ein höheres Expatriate-Gehalt zur Folge haben, gelten laut Studie überwiegend Nigeria (37 Prozent), Indien (34 Prozent), China (31 Prozent), Kolumbien und Vietnam (je 30 Prozent) sowie Indonesien (29 Prozent).
Mehr als jede zweite Firma zahlt Miete und Heimflug
Eine Schlussfolgerung der Studienleiter ist demnach die Annahme, dass Unternehmen künftig bei Entsendungen auf junges Personal setzen werden. Denn dieses ist flexibler und verlangt weniger Gehalt. Folgerichtig gewähren nur noch 58 Prozent einen Mietzuschuss, 56 Prozent zahlen einen Heimatflug, lediglich 39 Prozent steuern etwas zum Schulgeld der Kinder bei und weniger als jede dritte Firma (29 Prozent) zahlt noch eine Erschwerniszulage.
Dafür sind Unternehmen eher bereit, ihren Expatriates Sprach- oder interkulturelle Trainings zu finanzieren (36 Prozent). Der Grund: Zahlreiche Studienteilnehmer betrachten die kulturelle Kompetenz als einen der wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Entsendung. Ebenfalls als außerordentlich wichtig für den gelungenen Auslandseinsatz empfinden sie die Familie des Expatriates. Allzu oft scheitern Entsendungen aufgrund der Tatsache, dass sich beispielsweise der Ehe- oder Lebenspartner im neuen Land nicht wohlfühlt. Die typische Entsendedauer beträgt mehrheitlich (53 Prozent) nach wie vor maximal zwei bis fünf Jahre. Lediglich bei fünf Prozent übersteigt sie die Fünfjahresgrenze. 17 Prozent entsenden ein bis zwei Jahre und acht Prozent weniger als zwölf Monate.
Wichtigste Entsendeziele China und Indien
Zudem planen 39 Prozent der Firmen, innerhalb der kommenden fünf Jahre Mitarbeiter ins Ausland zu transferieren. In der Realität haben dies jedoch nur 13 Prozent tatsächlich umgesetzt. Die wichtigsten Entsendedestinationen sind wirtschaftlich aufstrebende Länder wie China (35 Prozent), Indien (16 Prozent) und der Nahe Osten (19) Prozent. Weitere zahlreiche Entsendungen finden nach Nordamerika (25 Prozent), West- und Osteuropa (29 Prozent und 12 Prozent) statt.
Des Weiteren befasst sich die Erhebung mit den tatsächlichen Erfahrungen der entsandten Mitarbeiter, die sie während des Auslandsengagements gemacht haben. Ein wichtiges Ergebnis ist: Personalverantwortliche sind sich deutlich darüber im Klaren, welche Fähigkeiten ein Mitarbeiter mitbringen muss, um seinen Auslandsjob bestmöglich zu bewältigen. So gaben 73 Prozent an, dass eine gewisse kulturelle Sensibilität vorhanden sein muss, um sich in das neue Umfeld zu integrieren. 39 Prozent finden es wichtig, dass bereits Auslandserfahrungen gesammelt worden sein sollten. Für 32 Prozent sind Fremdsprachenkenntnisse essentiell.
Fremdsprachen lernen für jeden zweiten reizlos
Ob Mitarbeiter für den Auslandseinsatz geeignet sind, prüfen Unternehmen häufig in Online-Tests. Zudem ermöglichen sie potenziellen Expatriates Sprachtrainings und Kurse zur Förderung des kulturellen Bewusstseins oder gar ein komplettes interkulturelles Training. Aber: „Dieses wird oft als ungemein zeitraubend und teuer angesehen, obwohl es so wichtig ist“, sagt eine Studienteilnehmerin. Und auch der Faktor Fremdsprache spielt in der Realität beim Großteil der Entsandten eine eher untergeordnete Rolle. Demnach findet weniger als die Hälfte (46 Prozent) der Befragten die Herausforderung, eine neue Sprache zu erlernen, reizvoll. Dabei trägt diese in einem hohen Maße dazu bei, sich im neuen kulturellen Umfeld anzupassen. Nicht erfolgte kulturelle Anpassung führt jedoch zu einer der am häufigsten auftretenden Schwierigkeiten während der Entsendung. Mehr als jeder zweite Expatriate gibt als größte Herausforderung seines Auslandsengagements die kulturellen und nationalen Konflikte mit dem Personal an. Ebenso viele nannten die Unfähigkeit des ausländischen Managers, die kulturellen Rahmenbedingungen zu verstehen und ein Drittel wiederum macht für das Scheitern der Entsendung das Unvermögen, die lokale Sprache zu sprechen, verantwortlich. Als weitere Konflikte erweisen sich extreme Gehaltsunterschiede zwischen Expatriates und lokalem Personal, ein arrogantes Auftreten der entsandten Mitarbeiter und deren Auftreten, etwas Besseres als die lokalen Angestellten zu sein (siehe auch Auflistung am Ende des Beitrags).
Unzufriedenheit des Partners oft Grund für Scheitern
Einen weiteren wichtigen Aspekt, warum Entsendungen vorzeitig abgebrochen werden, benennt Helen Walton, Director of Global Mobility bei AstraZeneca: „Am häufigsten scheitern Entsendungen aufgrund des Lebenspartners – entweder, weil dieser keinen adäquaten Job findet oder weil er zu früh aufgibt.“ Damit bestätigt sie eine Einschätzung der Permits Foundation, die sich für die Belange von Expatriate-Partnern einsetzt und sich dafür engagiert, dass die Bedingungen für die Erteilung der Arbeitserlaubnis von Ehepartnern entsandter Mitarbeiter gelockert werden.
Hinzu kommt, dass viele Expatriates sich von ihrem entsendenden Unternehmen nicht ausreichend verstanden fühlen. So sind 59 Prozent der Ansicht, dieses hätte keinerlei Gespür dafür, wie sich das Geschäftsumfeld im Entsendeland gestaltet. Zudem macht jeder dritte Expatriate die Erfahrung, dass sich das Auslandsgeschäft nur schwer in die globale Marktstrategie des Konzerns integrieren lässt. 31 Prozent beklagen, dass sich die Muttergesellschaft zu stark in die Belange der Auslandsgesellschaft einmischt. Umgekehrt beschweren sich genau so viele darüber, dass die Auslandsniederlassung zu sehr nach ihren eigenen Regeln spiele.
Die größten Probleme einer Entsendung
- Kulturelle und nationale Konflikte mit dem Personal (50 %)
- Unfähigkeit ausländischer Manager, die lokale Kultur zu verstehen (47 %)
- Unterschiedliche Führungsstile und Arbeitsvorschriften (42 %)
- Ausländischer Manager beherrschen lokale Sprache nicht (33 %)
- Ärger über Gehaltsunterschiede zwischen Expatriates und lokalen Managern (28 %)
- Arroganz und Überlegenheit ausländischer Manager (25 %)
- Mangelndes Interkulturelles Training vor dem Auslandseinsatz (16 %)
- Unangemessener Lebensstandard oder schlechte Lebensqualität (16 %)
- Generelles Fehlen von Respekt gegenüber dem ausländischen Manager (9 %)