Türkei: Mehr als 5.000 Straßenbahnen und Metros benötigt
In der Türkei steht in den kommenden 15 Jahren ein massiver Ausbau des Schienennahverkehrs bevor. Fahrzeuge im Wert von 18 bis 20 Milliarden US-Dollar benötigen die Kommunen für ihre Vorhaben. Das berichtet Germany, Trade & Invest (gtai).
Ein Teil der Straßenbahnen soll lokal gefertigt werden. Für 2012 ist die Serienproduktion der ersten 14 Exemplare für Bursa geplant. 2013 soll es für Istanbul losgehen. In fast allen türkischen Großstädten wird der schienengebundene öffentliche Nahverkehr ausgebaut. Der Bedarf an neuen Straßenbahn- und U-Bahn-Fahrzeugen ist hoch. In den nächsten 15 Jahren werden landesweit schätzungsweise 5.250 zusätzliche Einheiten benötigt, 3.200 allein für die Metropole Istanbul.
Wachstum und Verkehrskollaps zwingen zum Umdenken
Das Gesicht türkischer Großstädte wandelt sich. Das dynamische wirtschaftliche Wachstum der letzten zehn Jahre hat nicht nur neue Bürotürme, Shopping Malls und Wohnsiedlungen aus dem Boden sprießen lassen. Der enorm gestiegene Absatz von Autos spiegelt sich auch in zunehmenden Verkehrsproblemen. Obwohl ständig neue Schnellstraßen, Tunnel und Umgehungen eröffnet werden, steht das innerstädtische Straßennetz nicht nur in der Metropole Istanbul zu den Hauptverkehrszeiten regelmäßig vor dem Kollaps.
Der schienengebundene Personennahverkehr wurde wie der Schienenverkehr in der Türkei auch über mehrere Jahrzehnte vernachlässigt. Erst seit den 1990er Jahren beginnt sich das Bild zu wandeln. In Istanbul, Ankara und Izmir wurden erste Metro-Linien eröffnet. Der Ausbau ging zunächst eher schleppend voran. In Relation zu den Einwohnerzahlen bleiben die Bahnnetze bescheiden.
Seit etwa 2002 ändert sich die Situation jedoch. Zahlreiche weitere Großstädte begannen mit eigenen Straßenbahn- und Metro-Projekten. Vorreiter waren Konya mit einer Straßenbahn mit Gebrauchtfahrzeugen, Bursa mit einem neuen Stadtbahnsystem und Eskisehir mit der ersten Niederflurstraßenbahn des Landes.
Allein Istanbul will 3.200 neue öffentliche Verkehrsmittel haben
Allein in Istanbul sollen zu den derzeit vorhandenen 380 Fahrzeugen 3.200 neue hinzukommen. Landesweit wurde die Zahl zusätzlicher Bahnen und Waggons für diesen Zeitraum während einer Fachkonferenz in Bursa im November 2011 auf 5.250 taxiert. In Anbetracht dieser Zahlen werden die Forderungen von Seiten der türkischen Industrie lauter, einen Teil der Fahrzeuge lokal zu fertigen. Eine florierende Elektrogeräteherstellung und der Bau von Bussen diverser Hersteller stellen dabei zusammen mit dem vorhandenen Waggonbau-Unternehmen der Staatsbahn TCDD (Tüvasas) eine prinzipiell gute Know-how-Basis dar. Auf Grundlage eines Joint-Ventures mit dem koreanischen Unternehmen Hyundai-Rotem werden bereits Nahverkehrszüge für das Marmaray-Projekt in der Türkei gefertigt.
Auch deutsche Unternehmen beteiligt
Den ersten Prototyp für eine lokal gebaute Straßenbahn hat das Verkehrsunternehmen Istanbul Ulasim in Zusammenarbeit mit Fahrzeugtechnik Dessau und Vossloh-Kiepe bereits 2009 vorgestellt. Konkreter wird es nun beim Projekt Ipekböcegi (Seidenraupe), das die Stadtverwaltung Bursa zusammen mit dem Maschinenbauunternehmen Durmazlar Makine umgesetzt hat. Mitte 2011 wurde der Prototyp vorgestellt, bis Ende des Jahres sollen die notwendigen Zertifizierungen abgeschlossen sein. Die Antriebstechnik steuert Siemens bei.
Noch für 2012 ist geplant, die ersten 14 in Serie gefertigten Exemplare auf der neuen Straßenbahnstrecke Heykel-Garaj in der westtürkischen Industriestadt in Betrieb zu nehmen. 2013 soll dann auch das RTE T4 genannte Istanbuler Straßenbahnmodell produktionsreif sein. Nach Abschluss der Testfahrten ist zunächst die Fertigung von 16 Exemplaren geplant. Wenn der Einsatz auch in den ersten Jahren auf die initiierenden Kommunen beschränkt bleiben dürfte, so ist der Verkauf in andere türkische Städte oder auch der Export durchaus vorstellbar.
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