Gesundheitskosten können US-Mittelstand in Armut treiben
Medizinische Probleme und die damit verbundenen Kosten sind für 66,5 Prozent der Privatkonkurse in den USA zumindest mitverantwortlich, so eine aktuelle Studie. Dies trifft demnach 530.000 Familien pro Jahr, so die Organisation Physicians for a National Health Program (PNHP).
Der als „Obamacare“ bekannte Affordable Care Act (ACA) hat demnach nichts gegen hohe Gesundheitskosten als ein Hauptfaktor für formal abgewickelte Privatkonkurse gebracht. Diese gibt es nämlich besonders in der Mittelschicht, die vom ACA kaum profitiert hat.
US-Amerikaner können sich keine Krankheit leisten
„Wenn man nicht Bill Gates ist, steht man bei nur einer schweren Erkrankung vor dem Konkurs. Für die amerikanische Mittelschicht bietet Krankenversicherung kaum Schutz“, mein PNHP-Mitgründer David Himmelstein. Dafür spricht auch die aktuelle Studie, für die Forscher 910 Amerikaner, die zwischen 2013 und 2016 Privatkonkurs eingereicht haben, befragt und abstrahierte Gerichtsdokumente zu den Fällen analysiert haben. Demnach haben 58,5 Prozent der Betroffenen Gesundheitskosten und 44,3 Prozent krankheitsbedingte Einkommensausfälle als mitverantwortlich für die eigene Überschuldung angeführt. In rund zwei Dritteln der Fälle ist zumindest einer dieser Faktoren vorhanden.
Dieser Anteil ist trotz des 2010 verabschiedeten ACA effektiv unverändert gegenüber jenem, den das Consumer Bankruptcy Project in Studien aus den Jahren 2001 und 2007 ermittelt hatte. Das hängt damit zusammen, dass der ACA hauptsächlich den ärmsten Bevölkerungsschichten etwas gebracht hat. Diese suchen aber relativ selten um einen formalen Privatkonkurs an, da sie kaum schützenswerten Besitz (zum Beispiel ein Eigenheim) und vergleichsweise schlechten Zugang zu einer Rechtsberatung haben. Die Mittelschicht, die sich eher um eine formale Konkursabwicklung bemüht, hat indes wenig von Obamacare.
Private Krankenversicherung deckt die Gesundheitskosten nicht ausreichend
Stattdessen ist die US-Mittelschicht damit konfrontiert, dass die in den USA unerlässliche private Krankenversicherung letztendlich wenig bringt. „Die meisten von uns haben Policen mit so vielen Schlupflöchern, Eigenanteilen und Selbstbehalten, dass einen eine Krankheit ins Armenhaus bringen kann“, meint Himmelstein. Die letztlich aus der eigenen Tasche zu zahlenden Kostenanteile sind dabei laut Studie in den vergangenen Jahren trotz ACA sogar angestiegen. Für die PNHP ist das ein Indiz, dass das US-Gesundheitswesen keine kleinen Korrekturen wie den ACA, sondern eine radikale Neuaufstellung mit nationaler Gesundheitsversicherung braucht.
Deutsche und Europäer, die sich vorübergehend in den USA aufhalten, sollten daher unbedingt eine Auslandskrankenversicherung abschließen.