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Erfolgreich arbeiten in Brasilien

Wie man sich als Expat oder Geschäftsreisender in Brasilien verhält, beschreibt Germany Trade & Invest (gtai) in einem Kurzbeitrag.

Trotz ihrer informell wirkenden Art legen Brasilianer großen Wert auf den richtigen Ton. Alles Negative sollte sich der deutsche Besucher verkneifen, und sei es die berechtigte Beschwerde über das Chaos am Flughafen bei der Einreise. Gute Laune und Optimismus sind Pflicht. Kritik am Verhalten des anderen gilt schon in kleinster Dosis als Affront und darf, wenn überhaupt, nur scherzhaft verpackt geäußert werden.

Brasilianer mögen keine Direktheit

Reserviertes und schüchternes Verhalten befremdet die stets demonstrativ lockeren Brasilianer, ebenso wie ein zu schnelles und ungeduldiges Vorpreschen im Gespräch. Von der direkten deutschen Art fühlt sich der sensible Brasilianer vor den Kopf gestoßen. Es wird viel zwischen den Zeilen gesagt oder als Anekdote verkleidet erzählt. Dies ist durch ein starkes Harmoniebedürfnis zu erklären. Man möchte nicht mit der Tür ins Haus fallen und womöglich abgewiesen werden.

Ausgehend von seinem eigenen Verhalten konzentriert sich der Deutsche oft zu sehr auf den Wortlaut seines Verhandlungspartners und achtet nicht auf ergänzende Signale wie Körpersprache, Tonfall und kulturellen Kontext. Dadurch verpasst er einen Teil der Botschaft. Deutsche verlieren schnell die Geduld, wenn Brasilianer nicht gleich zum Punkt kommen. Diese indirekte Art sollte nicht als unsachlich angesehen werden sondern als kulturell bedingter anderer Gesprächseinstieg.

Begrüßung ist „körperlicher“

Alles beginnt unter Männern mit einem festen Händedruck, wobei man sich in die Augen sieht, sich fast schon übertrieben anlächelt und sofort mit dem Vornamen anspricht. Zwischen Mann und Frau sowie unter Frauen sind Küsschen auf die Wange bereits beim ersten Treffen normal, die Dame wird ebenfalls mit dem Vornamen angesprochen, oft veredelt durch die Anrede Dona, besonders bei älteren Damen. Wem die Begrüßung mit Küsschen zu schnell geht, kann beim ersten Treffen auch die Hand geben und dann bei der Verabschiedung einen Wangenkuss wagen, schließlich hat man sich nun kennengelernt.

Gleichzeitig zum körperlichen Erstkontakt vergewissert sich der Brasilianer ausführlich und ohne Eile, dass es dem anderen auch gut geht, am liebsten mit dem klassischen „tudo bem?“ (alles gut?), das der Gefragte mit denselben Worten und dem Zusatz „e você“ (und selbst?) an den Fragenden zurückgibt, der dies mit einem weiteren „Tudo bem“ bestätigt. Ziel dieses Rituals ist es, durch die Wortwiederholung bereits den Eindruck einer ersten Gemeinsamkeit zu schaffen. Ehrliche Antworten wie „geht so“, „lange Reise gehabt“ etc. sind fehl am Platz.

Fußball als gutes Small-Talk-Thema

Es folgt eine Aufwärmphase mit leichtem Small-Talk. Der Direkteinstieg in die Verhandlung gilt als rücksichtslos. Man spricht über Dinge, die beide mögen, wie angenehme Erlebnisse und lustige Anekdoten. Doch Vorsicht mit Ironie: obwohl der Brasilianer gerne lacht und scherzt, bevorzugt er in der Regel den harmlosen und naheliegenden Spaß und könnte einen doppelbödigen Witz leicht missverstehen. Ein guter Eisbrecher ist Fußball, der in Brasilien Religionsstatus besitzt. Wichtiger als das Thema selbst sind eine positive Einstellung, Interesse an Brasilien und eine Art herzlicher Verbindlichkeit.

Portugiesisch-Kenntnisse können hilfreich sein. Obwohl viele brasilianische Manager Englisch sprechen, kommunizieren sie in ihrer Muttersprache wesentlich ausführlicher und fassen schneller Vertrauen. Aber auch schon ein paar portugiesische Vokabeln schaffen ein positives Klima.

Eine ablehnende Haltung oder auftretende Schwierigkeiten sind einem Brasilianer nicht leicht anzumerken. Kann er eine Frist nicht einhalten oder ist an einem Geschäft nicht interessiert, sagt er dies nicht offen. Wichtiger als Sachlichkeit und Ehrlichkeit sind momentane Harmonie und die Vermeidung von Konfrontationen. So kann es vorkommen, dass der Deutsche sich kurz vor Vertragsabschluss wähnt, obwohl der brasilianische Partner mit den Gedanken schon beim Konkurrenten ist.

Unverbindlichkeit bedeutet nicht Respektlosigkeit

Die brasilianische Unverbindlichkeit ist für Deutsche gewöhnungsbedürftig. Um sich selbst vor Enttäuschungen zu bewahren, sollte man die Charme-Attacken der Brasilianer sowie die freundschaftliche Gesprächsatmosphäre nicht überbewerten und mit Verbindlichkeit verwechseln. So kann auch eine Verabredung zum Mittagessen oder eine persönliche Einladung nach Hause nicht mehr sein als eine spontane Sympathiebekundung oder ein Zeichen von guter Laune, und ist in der nächsten Sekunde wieder vergessen. Falls sie doch ernst gemeint ist, folgt eine Bestätigung mit genaueren Details.

Lockerer als in Deutschland ist auch das Zeitmanagement. Verspätet zu Geschäftsterminen zu kommen ist in Brasilien kein Kapitalverbrechen und sollte auch vom deutschen Unternehmer nicht als Respektlosigkeit eingestuft werden. Die Widrigkeiten des Alltags lassen eine exakte Termineinhaltung oft nicht zu.

Zu diesen Widrigkeiten zählt neben Regen und Verkehr allerdings auch die notorische Improvisationslust der Brasilianer. So kann es passieren, dass der deutsche Gast zur vereinbarten Zeit von der Sekretärin im Vorzimmer erfährt, dass der Gesprächspartner noch gar nicht in der Stadt ist. Hier gilt die Regel: lieber einen Termin einmal zu oft vorher bestätigen, als hinterher zu warten und sich zu ärgern.

Integration für Ausländer oft schwierig

Aufgrund der Größe, Abgeschiedenheit und eigenen kulturellen Stärke Brasiliens haben viele Brasilianer wenig Erfahrung mit anderen Kulturen. Obwohl sie entspannte und gastfreundliche Menschen sind, tun sich viele Brasilianer schwer mit den „Gringos“ (Ausländern) und deren unbeholfenem Verhalten und holprigem Portugiesisch.

Ein Nachvollziehen der kulturellen Unterschiede und ein Interesse an der Persönlichkeit des anderen ist vielen Brasilianern zu anstrengend. Freundschaften entstehen im Kindesalter. Für Neulinge ist eine Integration in einen brasilianischen Freundeskreis nicht ganz leicht. Ein professionelles interkulturelles Training im Vorfeld eines Geschäftsbesuchs oder eines längeren Arbeitsaufenthalts in Brasilien können diesen Schritt stark erleichtern.

Über Germany Trade & Invest:

Germany Trade & Invest (gtai) ist die Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing der Bundesrepublik Deutschland. Die Gesellschaft berät ausländische Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit auf den deutschen Markt ausdehnen wollen. Gleichzeitig unterstützt die Gesellschaft deutsche Unternehmen, die ausländische Märkte erschließen wollen, mit Außenwirtschaftsinformationen.

Der Beitrag über interkulturelles Verhalten in Brasilien ist hier abrufbar.

Foto: © Lledó – Fotolia.com