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China: Expatriate oder lokaler Manager?

Nahezu jedes führende deutsche Unternehmen hat bereits eine Niederlassung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Greater China boomt und daran wollen alle teilhaben.

Doch wer soll die Führungsverantwortung übernehmen – ein eigens in die Tochtergesellschaft entsandter Mitarbeiter oder ein lokaler Manager? Für beide Lösungen gibt es pros und contras.

Die gute Nachricht für Personalverantwortliche deutscher Unternehmen mit einer Niederlassung in China ist: Es gibt genügend junge Nachwuchs-Führungskräfte, die gerne für ein paar Jahre in der Volksrepublik arbeiten wollen. 93 Prozent können sich dies laut einer Umfrage des Jobvermittlungsportals www.sinojobs.de vorstellen. Die schlechte Nachricht für diese Personengruppe ist, dass der Bedarf an deutschen Fachkräften nicht mehr ganz so hoch ist wie noch vor ein paar Jahren. Denn das Riesenreich in Fernost macht einen Qualitätssprung. 1,2 Millionen chinesische Hochschulabsolventen treten jedes Jahr in den Arbeitsmarkt ein. Hinzu kommen mehr als 120.000 Chinesen, die im Ausland studiert haben.

Durchschnittlich 129.500 Dollar für westliche Führungskräfte

Auch wenn die Löhne in China anziehen, so ist deren Niveau im Vergleich zu den hierzulande gezahlten Salären für Management-Posten immer noch deutlich niedriger. Erhebungen zufolge verdient eine mittlere Führungskraft aus dem westlichen Ausland jährlich etwa 129.500 Dollar, ein im Ausland ausgebildeter Chinese nur 81.800 Dollar. Zudem bedürfen lokale Manager nicht zwingend einer interkulturellen Schulung; sie kennen Werte und Gepflogenheiten sowie die nach wie vor komplexen Strukturen und Verflechtungen zwischen Staat und Wirtschaft. Allerdings: Die gut ausgebildeten, aber noch jungen chinesischen Fachkräfte dürften Schwierigkeiten haben, von Mitarbeitern vor Ort akzeptiert zu werden. „In China spielt Seniorität, also die Weisheit des Alters eine große Rolle“, weiß Barbara Heyken, interkulturelle Trainerin und China-Expertin des auf Auslandsentsendungen spezialisierten Bund der Auslands-Erwerbstätigen (BDAE). In einem jüngeren Team könne ein junger deutscher Chef allerdings durchaus bestehen.

Zahlen und Fakten:

  • Rund 3.700 deutsche Unternehmen haben sich bei steigender Tendenz in der Volksrepublik niedergelassen.
  • 15.800 Bundesbürger leben und arbeiten bereits in der Region Greater China.
  • 81.800 Dollar verdient ein im Ausland ausgebildeter Chinese jährlich (zum Vergleich: sein westlicher Counterpart bekommt im Schnitt 129.500 Dollar)

Patriarchalischer Führungsstil in China

Die Chinesen pflegen immer noch einen patriarchalischen Führungsstil, sind eher autoritär und stark auf Hierarchien bedacht. Entscheidungen von Vorgesetzten werden demnach nicht in Frage gestellt – schon gar nicht öffentlich. „Dafür können sich die Mitarbeiter aber auch sicher sein, dass sich ihr Chef auch für sie einsetzt, wenn es beispielsweise familiäre Probleme gibt“, sagt Heyken weiter. Was neben niedrigeren Löhnen aus Sicht der Kostenersparnis spricht, sind auch die geringeren Sozialversicherungsbeiträge, die an das chinesische System abgeführt werden müssen. Beispielsweise beträgt der Arbeitgeberanteil bei Beschäftigten in Shanghai für Kranken- und Sozialversicherung lediglich rund 35 Prozent bei einer aktuellen Beitragsbemessungsgrenze von nur etwa mehr als 1.000 Euro brutto monatlich. Für einen deutschen Expatriate, der im Rahmen einer Entsendung oder Ausnahmevereinbarung unter Ausstrahlung der deutschen Sozialversicherungspflicht in China arbeitet, zahlen Firmen weiterhin die hiesigen hohen Lohnnebenkosten. Dazu kommen oft Extras wie Flüge ins Heimatland, Dienstwagen oder Auslands-Boni.

Ausländische Fachkraft muss Lücke füllen

„Grundsätzlich erhält ein ausländischer Mitarbeiter ohnehin nur eine Arbeitserlaubnis, wenn das entsendende Unternehmen begründen kann, dass die Position nicht mit einem lokalen Arbeitnehmer zu besetzen ist“, sagt Elisabeth Altmann, Leiterin der Auslandsberatungsstelle des BDAE. Doch je höher die Qualifikation ist, die der Job verlangt, desto eher kann ein Unternehmen glaubhaft machen, dass es der Expertise einer Fachkraft aus den eigenen Reihen bedarf. So sind etwa gut ausgebildete Ingenieure, Maschinenbauer, Finanzfachleute und Wirtschaftsingenieure in China noch schwer zu finden. Deshalb tun viele deutsche Firmen gut daran, die auf diese Berufsgruppe angewiesen sind, eigene Mitarbeiter als Expatriates in der chinesischen Niederlassung einzusetzen. Auch die Vertrautheit mit den Unternehmensstrukturen und die Kenntnis der Erwartungen, die das Mutterhaus an den Auslandseinsatz hat, sprechen dafür. Die direkte Anbindung ist für etliche in China aktiven deutschen Firmen ein entscheidendes Kriterium, denn: „Sie wollen natürlich, dass die Führungspersonen in der Auslandsniederlassung die Interessen der Muttergesellschaft vertreten und sich vor allem für diese einsetzen“, erläutert Auslandsexpertin Altmann.

Doch der Erfolg einer Mitarbeiterentsendung ist maßgeblich an eine optimale Vorbereitung gekoppelt. Und dabei geht es nicht nur um Projektwissen und Fachkompetenz. Denn ein Expatriate, der von den chinesischen Mitarbeitern nicht respektiert wird und interkulturelle Konflikte nicht zu lösen weiß, wird kläglich an seinem Auftrag scheitern. „Grundsätzlich werden deutsche Manager in China sehr gut aufgenommen“, weiß China-Spezialistin Heyken. „Deutsche Führungskräfte haben einen guten Ruf, sind bekannt für ihr hohes Qualitäts- und Rechtsbewusstsein, ihre Effizienz und Präzision. Insofern wird ein deutscher Expat zunächst einmal nicht auf Ablehnung in seinem chinesischen Team stoßen.“

Konfrontationen vermeiden

Wer sich als ausländische Führungskraft durchsetzen und Erfolg haben will, muss einige wesentlichen Regeln beherrschen. Zum Beispiel: Konfrontation vermeiden, denn Chinesen tragen Konflikte über indirekte Kommunikation aus. Deutsche würden dazu neigen, Leistungsschwächen direkt anzusprechen, oft sogar im Kollegenkreis – ein absolutes No Go in der chinesischen Kultur. Die deutsche Sichtweise, konstruktive Kritik nicht persönlich zu nehmen, lässt sich schlicht nicht auf den chinesischen Arbeitsmarkt übertragen. Die schwierigste Gradwanderung, die Expatriates in Führungspositionen zu meistern haben, ist die zwischen Respekt und Qualitätssicherung. Einerseits schätzen Chinesen klare Ansagen und legen Wert auf Führungsstärke, andererseits werten sie das Einbeziehen in Entscheidungsprozesse, das Anhören ihrer Meinung als Zeichen von Respekt. Andererseits würden sie sich aber innerhalb einer untergeordneten Position nie Entscheidungskompetenz übertragen lassen.

Ehrliches Feedback selten

Ein weiteres Problem: „Ein ehrliches Feedback mit kritischen Äußerungen über die eigene Führungsstärke werden Sie nie bekommen. Das gilt als unhöflich.“, betont Heyken. Ebenso würden chinesische Mitarbeiter nie zugeben, dass sie etwas nicht verstanden haben. Wer sichergehen will, dass die Mitarbeiter wichtige Sachverhalte verstanden haben, sollte seine Ziele sehr präzise formulieren und diese mehrfach wiederholen. Anweisungen zusätzlich schriftlich per E-Mail oder bei größeren Projekten in Form eines Handbuchs (gerne auch mit Bildern) zu erstellen, kann ebenfalls hilfreich sein. In manchen Situationen lohnt es sich auch, Prozesse in Form einer Übung durchzuspielen, um etwaige Unsicherheiten zu erkennen.

Um als ausländischer Manager in Fernost zu bestehen, wird Mandarin immer wichtiger. Mittlerweile sind Grundkenntnisse eine Voraussetzung; besser ist es, die Sprache so gut zu beherrschen, dass Konversation möglich ist. Fraglich ist, ob das Gros der deutschen Gesellschaften mit Führungskräften aufwarten kann, die diese Anforderungen erfüllen. Ausländische Manager sollten sich zudem darüber im Klaren sein, dass sie in China einen längeren Arbeitstag haben könnten, als sie es aus Deutschland kennen. Chinesen arbeiten viel und sind rund um die Uhr erreichbar – auch nach Feierabend.

 

Pro lokaler Manager Pro Expatriate
  • Sprach-, Landes- und Mentalitätskenntnisse
  • Vergleichsweise günstigere Lohnkosten
  • Niedrigere Sozialversicherungsbeiträge
  • Kontakte in Wirtschaft und lokale Behörden

 

  • Enge Bindung an Mutterhaus
  • Genaue Kenntnis des Projekts und der Zielvorgaben
  • Wertschätzung positiver deutscher Eigenschaften (z.B. Qualitätssicherung, Präzision, Disziplin) von Chinesen
  • Vertrauen in Durchsetzung der Unternehmensinteressen

 

Foto: fotolia © Bohanka