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Auswandern nach Frankreich: Kulturelle Unterschiede kennen

Wer nach Frankreich auswandern möchte, um dort zu leben und zu arbeiten, sollte sich eine Sache von Vornherein bewusst machen: Ohne Sprachkenntnisse ist es geradezu unmöglich, vor Ort Fuß zu fassen. Die Franzosen lieben ihre Sprache und zweifeln auch nicht an der Richtigkeit ihrer Rechtschreibung, die übrigens bereits 1689 von der Académie française festgelegt wurde. Tatsächlich gibt es sogar ein eigenes Sprachengesetz (Loi Toubon), das die französische Sprache vor den Einflüssen anderer Sprachen – insbesondere der englischen – schützen soll. Wer beispielsweise in der Öffentlichkeit für Werbung, Mitteilungen, Botschaften, Produkte und Dienstleistungen englische Begriffe verwendet, muss eine Geldbuße zahlen. Selbst für das universelle Wort Computer haben die Franzosen mit „ordinateur“ einen eigenständigen Begriff.

Deutsche, die gutes Französisch sprechen, haben durchaus Chancen, im Nachbarland einen Arbeitsplatz zu finden. Die gesetzlich garantierte Freizügigkeit in Europa ermöglicht es, problemlos nach Frankreich überzusiedeln und zu arbeiten, ohne extra eine Arbeitserlaubnis zu beantragen. Doch wer in der französischen Republik erfolgreich sein möchte, sollte kulturelle Unterschiede zwischen Deutschen und Franzosen im Arbeitsalltag unbedingt kennen.

Ausschweifend kommunizieren

In punkto Kommunikation gelten die Deutschen bei ihren französischen Nachbarn als „Dampfwalzen“ – zu faktenlastig, direkt und unpersönlich seien sie in Verhandlungen und Gesprächen. Franzosen hingegen schmücken Informationen etwas mehr aus, was als guter Stil gilt. Dem Dolmetscherverband ADÜ Nord zufolge werden im Französischen bis zu 20 Prozent mehr Wörter als im Deutschen verwendet, um ein- und denselben Inhalt mitzuteilen. Andererseits gehen deutsche Fachleute in Texten und Gesprächen auf einzelne Aspekte sehr detailliert ein, was bei den französischen Geschäftspartnern nicht immer gut ankommt. Der Grund: Es erweckt den Eindruck, man traue ihnen nicht zu, eigenständig denken zu können. Französische Erläuterungen sind weniger präzise, haben dafür aber den gesamten Kontext besser im Blick.

Direkte Äußerung von Kritik und ein deutliches Nein auf Fragen oder Vorschläge kommen in Frankreich ebenfalls nicht sonderlich gut an. Als Deutscher sollte man sich etwas vom französischen Charme abgucken und Negatives sanfter kommunizieren.

Die richtige Begrüßung in Frankreich

Es ist üblich, Kollegen und Geschäftspartner ohne ihren Nachnamen oder etwaigen Titel, sondern einfach nur mit „Bonjour Madame“ oder „Bonjour Monsieur“ zu begrüßen. Unverheiratete Frauen werden nach wie vor mit „Mademoiselle“ angesprochen. Anders als das deutsche „Fräulein“ gilt dies nicht als verpönt. Ähnlich wie bei den Amerikanern sollte man auf die im Anschluss gestellte Frage, wies es einem geht, möglichst nicht den wahren Gemütszustand preisgeben, sondern neutral antworten. „Partout nicht angebracht im Geschäftsalltag sind Küsschen zur Begrüßung. Die sind lediglich privaten Kontakten vorbehalten“, weiß Omer Dotou vom Bund der Auslands-Erwerbstätigen, der in Frankreich aufgewachsen ist. „Wundern Sie sich aber nicht über ausgedehntes Händeschütteln. Dies ist sowohl beim ersten Kontakt als auch bei der Verabschiedung üblich“, so Dotou weiter.

Persönliches Kennenlernen beim Essen

Franzosen sind bekannt für ihre gute Küche und ihre hervorragenden Weine. Entsprechend üblich ist es, mit Geschäfts- und Kooperationspartnern ausgiebig Essen zu gehen. Allerdings ist das gemeinsame Essen selten der krönende Abschluss eines erfolgreich besiegelten Geschäftes, sondern geht in der Regel den Verhandlungen voran. Der Zweck: Auf diese Weise will man sich besser kennenlernen und eine gemeinsame Zusammenarbeit ausloten. „Man sollte auch nicht irritiert sein, wenn es während des Essens noch gar nicht um Geschäftliches geht. Arbeitsunterlagen sind im Restaurant sogar tabu“, so Frankreich-Experte Dotou. „Über Fakten redet man frühestens zum Dessert.“ Ein weiterer Tipp: „Betrachten Sie ein langwieriges Essen nicht als Zeitverschwendung, sondern als den notwendigen Rahmen für den Beziehungsaufbau.“ In Frankreich spielen persönliche Befindlichkeiten und Zwischenmenschliches eine ausgeprägte Rolle, umso wichtiger ist es für Franzosen, ihre Geschäftspartner vorab kennenzulernen.

Die deutsche Pünktlichkeit schätzen Franzosen übrigens sehr, sie selbst nehmen es damit aber nicht so genau. Einige Minuten Verspätung zu einer dienstlichen Verabredung sind absolut normal. Das Zeitverständnis der Grande Nation ist recht flexibel.

Kleiner Business-Knigge Frankreich

  • Frankreich ist eine Modenation: Männer sollten in jedem Fall in Anzug und Krawatte erscheinen; Frauen in Hosenanzug oder Kostüm und möglichst nicht zu ausgefallen und figurbetont (dies untergräbt die Autorität).
  • Sprechen Sie nicht negativ über die französische Geschichte (z.B. Napoleon) oder Politik.
  • Rechnen Sie damit, dass Sie recht frühzeitig auf die Weltkriege und die deutsche Schuldfrage angesprochen werden à reagieren Sie diskret und diplomatisch.
  • Nehmen Sie zu jedem Treffen viel Geduld und Zeit mit, es wird sich auszahlen.
  • Auch wenn Sie ihn nicht mögen: Französischen Wein zum Essen sollten Sie zumindest probieren.
  • Themen wie Glaube, politische Zugehörigkeit und Scheidung sind tabu.
  • Sparen Sie private Themen aus – auch beim Abendessen.
  • Sprechen Sie bescheiden über sich, das gilt als stilvoll und reden Sie erst am Ende von Verhandlungen über Geld.
  • Entschuldigen Sie sich öfter – auch für Kleinigkeiten, denn Franzosen entschuldigen sich sehr häufig als eine Geste der Höflichkeit.
  • Besprechungen sind sehr förmlich, der Ranghöchste sitzt für gewöhnlich am Kopfende des Tisches. Achten Sie auf die Hierarchie.

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