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Frau reist im europäischen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)
© Drazen, Adobestock

Europas Städte per Metro, Bus & Bahn: Fallen im europäischen Personennahverkehr (ÖPNV)

Städtetrips im Herbst sind beliebt. Noch einmal milde Temperaturen genießen und das mit weniger Touristinnen und Touristen und dafür umso mehr lokaler Kultur. Wer dabei durch Europas Metropolen reist, setzt am besten auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Metro, Bus und Bahn sind oft schnell, günstig und führen mitten ins echte Stadtleben. Doch Vorsicht: Wer die Regeln nicht kennt, riskiert saftige Strafen – selbst bei kleinen Missverständnissen.

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Europa ist so vielfältig wie die Sprachen und Flaggen der Mitgliedsstaaten. Was zu Hause selbstverständlich ist, kann im Ausland zu einem kostspieligen Versehen werden. Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) in Deutschland erhält regelmäßig Anfragen von Urlauberinnen und Urlaubern, die im Ausland wegen formaler Fehler beim Ticketkauf Probleme bekommen haben.

220 Euro Strafe in Rom

Ein Beispiel: Eine deutsche Familie, frisch in Rom angekommen, will am Abend zurück ins Hotel. Der Ticketautomat an der Bushaltestelle ist außer Betrieb – also versucht der Vater, über eine App Tickets zu kaufen. Doch der Bus kommt schneller als gedacht, die Verbindung ist schlecht, die App lädt nicht. Kaum sind sie eingestiegen, kontrolliert ein Mitarbeiter die Fahrkarten. Der Vater zeigt den offenen Kaufversuch auf dem Handy – ohne Erfolg. Die Familie muss vor Ort 220 Euro in bar bezahlen.

„Solche Situationen hören wir immer wieder“, erklärt Karolina Wojtal, Juristin und Co-Leiterin des EVZ. „Was für Touristen wie ein harmloser Irrtum erscheint, ist im jeweiligen Land oft klar geregelt – und wird streng geahndet. Kulanz gibt es kaum.“

Fallstricke im europäischen Personennahverkehr (ÖPNV): Was Reisende wissen sollten

1. Zeit, Zone oder Kilometer?

In Athen gilt ein Ticket 90 Minuten, unabhängig von der Strecke. In Madrid bestimmt die Tarifzone den Preis, in Amsterdam zählen die exakten Kilometer. Und in Luxemburg? Dort ist der Nahverkehr (außer in der ersten Klasse) komplett kostenlos.

2. Kein Automat? Kein Mitfahren.

Nicht überall gibt es Fahrkartenautomaten an Haltestellen. In Rom etwa sind Tickets in Metrostationen, Tabakläden oder über Apps erhältlich – aber nicht im Bus. Auch in Städten wie Athen oder Prag gilt: Ohne vorheriges Ticket droht eine empfindliche Strafe.

3. Ticket nicht entwertet? Strafe trotzdem.

In Ländern wie Italien oder Österreich reicht es nicht, ein Ticket zu besitzen – es muss vor Fahrtantritt entwertet werden. Entwertungsgeräte stehen in Rom meist im Bus, in Wien vor den U-Bahn-Zugängen. Wer diesen Schritt vergisst, fährt offiziell ohne gültige Fahrerlaubnis.

4. Tap-in, Tap-out – und der hohe Preis fürs Vergessen

In den Niederlanden ist das elektronische Ein- und Auschecken Pflicht. Wer beim Aussteigen vergisst, „auszutappen“, zahlt automatisch den Höchstbetrag, was bis zu 20 Euro im Zug oder bis zu sechs Euro im Nahverkehr sind.

5. Mit Hund, Rad oder E-Scooter unterwegs?

In Rom brauchen Hunde (außer Blindenhunde), anders als in vielen deutschen Städten, ein eigenes Ticket. In Helsinki dürfen Fahrräder nur außerhalb der Hauptverkehrszeiten mit in die Metro. In Barcelona wiederum sind E-Scooter im Nahverkehr komplett verboten. Auch für Gepäck, Kinderwagen oder Rollstühle gelten teils Sonderregeln, die selten gut sichtbar ausgeschildert sind.

Wenn es doch passiert: Was tun beim Bußgeld?

Wer im Ausland ohne gültiges Ticket erwischt wird – selbst unbeabsichtigt – muss wegen Beförderungserschleichung eine Strafe zahlen. Gute Erklärungen ändern daran meist nichts. Das EVZ kann in solchen Fällen nicht eingreifen.

Eine Ausnahme gibt es, wenn das Ticket technisch gültig war oder der Kauf nachweislich scheiterte. In solchen Fällen kann sich ein Einspruch lohnen, aber nur, wenn der Vorgang dokumentiert ist. Fotos vom Automaten, Screenshots vom Fehlversuch oder Zeuginnen und Zeugen helfen.

Drei einfache Tipps für entspannteres Reisen im ÖPNV

Vorab informieren
Die wichtigsten Infos zum Nahverkehr am besten noch vor der Reise recherchieren – in Ruhe, mit stabiler Internetverbindung.

Belege sichern
Wenn etwas schiefläuft: Ticketfotos, App-Fehlermeldungen oder Belege vom Automaten sichern.

Nachhaken
Wer eine Strafe erhalten hat, sollte den Vorfall direkt beim Verkehrsunternehmen schildern. Oft gibt es Kulanzregelungen – vor allem, wenn man höflich bleibt. Hilft das nicht weiter, kann eine Schlichtungsstelle vermitteln. Eine Liste bietet die Europäische Kommission.

Nicht überall gelten EU-weite Fahrgastrechte

Viele Reisende glauben, dass die EU-Fahrgastrechte im Nahverkehr uneingeschränkt gelten – das stimmt jedoch nur zum Teil. Für Busreisen greifen sie erst ab 250 Kilometern, und bei Zügen gibt es zahlreiche Ausnahmen, die jedes Land individuell regelt. Meist zählt letztlich das Kleingedruckte der jeweiligen Verkehrsbetriebe.

„Wer vorbereitet ist, reist deutlich entspannter“, sagt Wojtal. „Schon ein kurzer Blick in die lokalen Regeln – am besten noch zu Hause – kann Ärger vermeiden. Und manchmal trennt nur ein Klick auf ‚Übersetzen‘ im Browser das gültige Ticket vom teuren Bußgeld.“