China: Wie Verträge am sinnvollsten gestaltet werden sollten
Verträge sind das Grundgerüst einer jeden Geschäftsbeziehung, da sie zwei oder mehreren Parteien eine genaue Vorstellung von den Erwartungen, Bedingungen und möglichen Konsequenzen der gemeinsamen Transkationen geben. Für ausländische Firmen, die in China einkaufen – egal ob über ein Repräsentanzbüro, ein Dienstleistungsunternehmen, ein ausländisch investiertes Handelsunternehmen oder einen Agenten – sind Verträge wichtige Kontrollmechanismen.
Heute sind langfristige Einkaufsverträge der goldene Standard für Beschaffungen aus China. Obwohl es für ausländische Käufer möglich ist, Produkte ohne Vertrag von chinesischen Produzenten zu erwerben, wird allgemein aufgrund einer Kosten-Risiko Analyse davon abgeraten. Verglichen mit der früheren Atmosphäre von schnellen und lockeren Vereinbarungen, sind heutzutage ausländische Firmen auf gut geschriebene Verträge bedacht, so dass ihre Zulieferer dieselben Standards wie in den Heimatländern einhalten.
Erhebliche Fortschritte im chinesischen Vertragswesen
Trotz der oft berichteten Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit in China und der fortdauernden Wichtigkeit von „guanxi“ in Geschäftsbeziehungen, nimmt das Land hinsichtlich der Durchsetzbarkeit von Verträgen Platz 19 von 189 Staaten, die im Rahmen des World Bank Doing Business Projektes untersucht wurden ein. Obwohl die Durchsetzung von Ansprüchen in China lückenhaft bleibt, gab es maßgebliche Fortschritte im letzten Jahrzehnt, und ein gut formulierter Vertag ist immer noch wünschenswerter als überhaupt kein Vertag – da sogar die Chance auf Durchsetzbarkeit zu mehr Ehrlichkeit im Umgang mit chinesischen Geschäftspartnern führen kann. In umgekehrter Weise können zusätzliche Anreize in einem Vertrag dem Partner die Motivation geben, diesen auch einzuhalten.
Es gibt dennoch zahlreiche Wege, auf denen ein chinesischer Vertrag weniger Wert wird, als das Papier auf dem er gedruckt ist: zum Beispiel wenn ein chinesisches Gericht zu wenig Beweise findet, um den Vertragsinhalt durchzusetzen, es feststellt, dass Gesetze falsch angewendet wurden oder wenn eine chinesische Firma , welche gemäß einem Schiedsspruch zahlen muss, kein Vermögen hat oder diese verschleiert (wie etwa bei Bankrott oder Insolvenz). Im Angesicht dieser Risiken können Unternehmen die folgenden Maßnahmen treffen um die Durchsetzung ihrer Verträge in China abzusichern.
Foto: Fuzhou shopping center Jack Parkinson from Fuzhou
Zulieferer in China sorgsam auswählen
Due diligence – eine simple Überprüfung des Gegenübers sollte einer der ersten Schritte zu Beginn einer Geschäftsbeziehung mit einer chinesischen Firma sein. Sie kann der Unterschied zwischen einer gegenseitig profitablen Partnerschaft und einem Schwindel durch den Zulieferer sein. Zulieferer sollten sorgsam ausgewählt werden und sollten bereit sein, allgemeine Fragen und Inspektionen ihrer Operationen zu akzeptieren. Für ein zusätzliches Level an Sicherheit können Käufer einen testierten Abschluss vom Zulieferer verlangen oder dessen Registrierung bei der lokalen Behörde überprüfen.
Rechts- und Gerichtswesen – Um sicherzustellen, dass ein Vertrag mit einem chinesischen Akteur durchsetzbar ist, ist es notwendig jene Behörden und jenes Gericht zu identifizieren, welches die vertraglichen Regelungen überwacht. Obwohl es für ein ausländisches Unternehmen sehr verführerisch ist, die heimischen Gesetze und den Gerichtsstand im Heimatland zu vereinbaren, macht dies es fast unmöglich die Vertragsinhalte durchzusetzen. So werden etwa chinesische Gerichte die Urteile US-amerikanischer Gerichte nicht durchsetzen, womit diese hinfällig werden solange der chinesische Partner kein Vermögen in den USA hat. Dies geschieht teilweise auch mit Schiedssprüchen, obwohl China ein Unterzeichner der New York Konvention ist, welche theoretisch vorgibt, dass Unterzeichnerstaaten gegenseitig ihre Schiedssprüche anerkennen und durchzusetzen müssen. Außerdem können bestimmte Themen nur durch chinesisches Recht geregelt werden, etwa Aspekte des geistigen Eigentums, Arbeitsrecht, Grundbesitz und Insolvenzrecht. Aus diesen Gründen kann es für ausländische Unternehmen empfehlenswert sein, in ihren Verträgen mit chinesischen Zulieferern chinesisches recht und Gerichtsstand China zu vereinbaren.
Gewählte Sprache der Verträge wichtig
Sprache – Die Frage, in welcher Sprache ein Vertrag verfasst wird, mag trivial erscheinen, allerdings hat diese das Potential, sogar die am besten formuliertesten Verträge undurchsetzbar zu machen. Nicht nur, dass normalerweise chinesische Gerichte nicht das Mandat haben, einsprachige ausländische Verträge zu akzeptieren (wie etwa solche in Englisch, Japanisch oder Swahili), aber auch wenn diese Verträge akzeptiert werden, werden sie vom Gericht selbst ,ohne das Hinzuziehen der betroffenen Parteien, übersetzt.
Zweisprachige Verträge beinhalten ihre eigenen Probleme, prinzipiell etwa welche Sprache die vorrangige Sprache ist und im Sicherstellen einer einheitlichen Übersetzung der beiden Versionen. In den Augen eines chinesischen Gerichts wird ein zweisprachiger Vertrag, der keine vorrangige Sprache spezifiziert, automatisch in Chinesisch interpretiert. Im Fall, dass beide Versionen sich selbst als vorrangige Version definieren, gilt wiederum der chinesische Vertrag als vorrangige Version.
Phasen der Produktion definieren
Produktionsüberwachung – Unternehmen sollten spezielle Vorsicht über die Details der Klauseln bezüglich Zahlung, Lieferung und Vertragsstrafen walten lassen. Es sollte selbstverständlich sein, dass sichere Zahlungsmethoden wie Akkreditive oder Anderkonten von Dritten immer risikoreicheren Methoden wie Kreditkarten oder elektronischem Zahlungsverkehr vorzuziehen sind. Idealerweise sollte die Zahlung mit der tatsächlichen Lieferung der Güter an den Käufer verbunden werden.
Die Aufteilung der Produktion in einzelne Phasen mit spezifischen Zielen und Überwachungsmethoden, kann helfen sicherzustellen, dass der Käufer die Kontrolle über den gesamten Produktionsprozess behält und erhöht zusätzlich die Kontrolle der Risiken, trotz der höheren Kosten. Der Vertrag sollte auch Aufmerksamkeit auf defekte Produkte legen und hier klare Haftungsregeln festlegen. Es wird daher empfohlen, dass der Vertrag eine Klausel enthält, die dem chinesischen Hersteller verbietet, einzelne Prozesse oder die gesamte Produktion auszulagern.
Keine Verträge ohne Stempel
Stempel – Jede Diskussion über Verträge in China wäre unvollständig ohne das Anschneiden des Themas Unternehmensstempel (oder Siegel), da diese ein notwendiger Bestandteil der Inkraftsetzung von Verträgen sind und eine weit verbreitete Methode, Unternehmen zu hintergehen. Ein Dokument welches mit dem offiziellen Unternehmenssiegel versehen ist, enthält die rechtlich bindende Zusage des Gesetzlichen Vertreters des Unternehmens. Mit Berücksichtigung der rechtlichen Wirkung, die Unternehmensstempel haben, ist es keine Überraschung, dass die Verwendung von gefälschten Stempeln oder die unautorisierte Benutzung zulässiger Stempel ein bedeutendes Risiko für die Durchsetzung von Verträgen in China darstellt.
Die erste Verteidigung eines Unternehmens gegen gefälschte Stempel sollte das Untersuchen bestimmter Eigenschaften im Design und der Anwendung sein: Stempel müssen rund sein, nicht mehr als 4,5 cm im Durchmesser sein und einen fünfzackigen Stern im Zentrum haben, welcher vom chinesischen Namen des Unternehmens umzogen ist, sowie rote Tinte verwenden. Weitere Maßnahmen um sicherzustellen, dass das von einem chinesischen Partner auf dem Vertag verwendete Siegel echt ist, ist das Abgleichen mit bereits früher mit diesem Partner unterzeichneten Verträgen oder mit Unternehmensutensilien wie Visitenkarten und oder der Geschäftslizenz. Eine noch striktere Maßnahme wäre das Entsenden eines chinesischen Anwalts zur lokalen Verwaltung, um das Siegel mit dem dort in den Aufzeichnungen hinterlegten abzugleichen.
Quelle: www.china-briefing.com
Autoren: Steuerberater von Dezan Shira & Associates
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