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Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter in Deutschland: Ein Überblick zur Lohnsteuer

Der häufig beschriebene Fachkräftemangel ist nur einer von vielen Gründen für die zunehmende Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter im Inland. Ein weiterer Grund liegt in der Vergrößerung des Arbeitsmarktes über die Grenze Deutschlands hinaus infolge der EU-Erweiterung. Neben diesen äußeren Einflussfaktoren gibt es gibt aber auch unternehmensinterne Anlässe, die zu einer Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter in Deutschland führen – sei es im Rahmen kurzer, befristeter oder auch längerer sowie unter Umständen unbefristeter Anstellungen. Um einen neuen Absatzmarkt zu erschließen, kann es für ein Unternehmen sinnvoll sein, Menschen aus anderen Kulturkreisen in die Entwicklung seiner Produkte und Dienstleistungen einzubinden und deren Kenntnisse über den Markt zu nutzen.
Wie vielschichtig die Motive für den Einsatz ausländischer Mitarbeiter auch sein mögen – allen gemein ist, dass sich die Personalabteilung inländischer Unternehmen in verstärktem Maße neben den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen auch mit den steuerlichen Vorschriften zum Lohnsteuerabzug bei Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter auseinandersetzen müssen. Vieles ist dabei bekannt, einige Themenbereiche sind aber neu. Dieser Beitrag liefert einen ersten Überblick zu den Grundstrukturen und stellt Bereiche dar und beleuchtet diverse Sachverhalte. Beginnen wir mit dem einfachen Grundfall:

Fall 1: Ausländischer Mitarbeiter mit nur einem Wohnsitz in Deutschland (D)

Ein inländisches Krankenhaus beschäftigt eine ausländische Pflegekraft im Rahmen eines länger- oder unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Der Mitarbeiter hat seinen ausländischen Wohnsitz aufgegeben und lebt fortan in Deutschland. In dieser Hinsicht betritt die Personalabteilung sicheres Terrain: Der inländische Arbeitgeber (also das deutsche Krankenhaus) ist zum Lohnsteuerabzug für die Vergütung des Mitarbeiters verpflichtet. Dieser erhält nach seiner Wohnsitz-Anmeldung eine deutsche Steuer-Identifikationsnummer und in deren Folge kann der Arbeitgeber auf die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) zugreifen. Der Arbeitnehmer (AN) ist aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Eine ausländische Staatsangehörigkeit hat auf die steuerliche Beurteilung keinen Einfluss. Die Lebenssachverhalte sind allerdings häufig anders gelagert:

Fall 2: Ausländischer Mitarbeiter mit Wohnsitz in Heimatland und in Deutschland

Ein inländisches Krankenhaus beschäftigt mit einem auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag einen ausländischen Arzt. Dieser lebt mit seiner Familie in seinem Heimatland; in Deutschland mietet er sich für die zwei Jahre eine Wohnung, in der er sich regelmäßig aufhält. Seine Familie besucht er regelmäßig. Durch die Beibehaltung des Wohnsitzes im Ausland bekommt der Sachverhalt einen Auslandsbezug.

Es sind zusätzliche Fragen zu beantworten, bevor eine korrekte lohnsteuerliche Behandlung in Deutschland vorgenommen werden kann. Aufgrund des Auslandsbezugs müssen Unternehmen neben dem deutschen Steuerrecht auch die Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen dem ausländischen Staat und Deutschland berücksichtigen – wobei es auch Länder gibt, mit denen kein derartiges DBA besteht. Die Regelungen in den verschiedenen DBAs weichen zum Teil voneinander ab, was die Beurteilung erschwert. Das bedeutet, dass nur eine im Vorwege durchgeführte saubere Beurteilung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur richtigen steuerlichen Behandlung führt.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ein Musterabkommen entwickelt (OECD-MA), deren Inhalte in viele DBAs übernommen wurden, aber leider nicht in alle und auch nicht in vollem Umfang – im Einzelfall bleibt den Verantwortlichen die Auseinandersetzung mit dem konkreten DBA nicht erspart. In den Sachverhalten mit mehrfachem Wohnsitz ist nach dem DBA zu klären, in welchem Land die Person „ansässig“ ist. Für den Regelfall wird sich diese Ansässigkeit in dem Land verortet, in dem sich die Familie und das soziale Umfeld befinden. Je kürzer der Aufenthalt im Inland dauert, desto eher wird der Mittelpunkt des Lebens im Ausland verbleiben und dort zu einer Ansässigkeit führen. In Ausnahmefällen kann bei der Beurteilung des Ansässigkeitsstaates auch die Staatsangehörigkeit eine Rolle spielen.  In diesem Beispiel ist das Ausland der Ansässigkeitsstaat. Dennoch besteht in Deutschland wegen des weiteren Wohnsitzes eine unbeschränkte Steuerpflicht, was grundsätzlich dazu führt, dass in Deutschland alle Einkünfte der Besteuerung unterliegen. In einem weiteren Schritt ist deshalb nach den Regelungen des DBA zu klären, welchem Land das Besteuerungsrecht zusteht.

Das OECD-MA (und die meisten DBAs) sehen prinzipiell eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vor, jedoch nicht für eine tatsächlich im anderen Staat ausgeübte Tätigkeit. Für diesen Teil steht dem Tätigkeitsstaat auch ein Besteuerungsrecht zu. Für den Regelfall wird das Gehalt danach in Deutschland als Tätigkeitsstaat besteuert. Der inländische Arbeitgeber ist danach zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. Durch Anmeldung des Wohnsitzes erhält der ausländische Mitarbeiter eine Steuer-Identifikationsnummer und im Anschluss werden die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet, nach denen der Lohnsteuerabzug vorzunehmen ist. Gestalterisch kann bei vergleichbaren Sachverhalten erwogen werden, dem Arbeitnehmer die in Zusammenhang mit der Zweitwohnung entstehenden Aufwendungen zu ersetzen. Soweit sich der Kostenersatz im Rahmen der steuerlichen Rahmenbedingungen hält, sind die gezahlten Beträge steuerfrei. Auch andere Kosten des Arbeitnehmers können gegebenenfalls steuerfrei übernommen werden. Vielfach sind kürzere Beschäftigungen vorgesehen.

Fall 3: Kurzfristiger Einsatz eines ausländischen Mitarbeiters in Deutschland

Ein deutsches Unternehmen möchte seine Leistungen in einem Land anbieten, das einem anderen Kulturkreis zugehörig ist. Für die Einführung in den Markt wird ein Mitarbeiter dieses Landes für einen Zeitraum von vier Monaten beschäftigt. Er setzt die Planungen des Unternehmens um, berät es hinsichtlich der kulturellen Rahmenbedingungen und unterstützt bei Übersetzungen und so weiter. Der Arbeitnehmer behält seinen Wohnsitz im Ausland; in Deutschland wohnt er in einer Pension. Im Unterschied zum vorangegangen Beispiel beträgt die Beschäftigungszeit nur vier Monate und es wird in Deutschland kein Wohnsitz begründet. Der Sachverhalt berührt wegen des ausländischen Wohnsitzes auch das Ausland; deshalb sind die Regelungen des DBA zu beachten.

Der Mitarbeiter ist im Ausland ansässig, weil er nur dort über einen Wohnsitz verfügt. Wie oben ausgeführt, steht grundsätzlich auch dem Tätigkeitsstaat Deutschland das Besteuerungsrecht zu. Aber diese Regelung wird bei kurzfristigen Tätigkeiten und unter weiteren Voraussetzungen mit der Folge aufgehoben, dass das Besteuerungsrecht dann ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zusteht. Von einer kurzfristigen Tätigkeit wird ausgegangen, wenn sich der Arbeitnehmer nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Jahres in dem Tätigkeitsstaat aufhält. Bei der Bestimmung der Anzahl der Tage ist Vorsicht geboten, weil dort die verschiedenen DBAs individuelle Vorschriften beinhalten.

Weitere Voraussetzung für das Aufheben des Besteuerungsrechts für den Tätigkeitsstaat ist, dass die Vergütung nicht von einem Arbeitgeber (beziehungsweise einer Betriebsstätte des Arbeitgebers) gezahlt wird, der in Deutschland ansässig ist. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, so dass auch bei einer kurzfristigen Beschäftigung und Bezahlung der Vergütung durch den deutschen Arbeitgeber das Besteuerungsrecht in Deutschland liegt. Der Mitarbeiter ist in Deutschland mangels Wohnsitzes nur beschränkt steuerpflichtig. Die Vergütungen aus der Angestelltentätigkeit unterliegen aber in Deutschland der Besteuerung. Somit muss der inländische Arbeitgeber einen Lohnsteuerabzug vornehmen. Für die Bildung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ist das für den Arbeitgeber zuständige Betriebsstättenfinanzamt zuständig. Dem Arbeitnehmer wird die Steuerklasse I zugeteilt.

Neben den Beschäftigungen von Mitarbeitern, die auf dem ausländischen Arbeitsmarkt angeworben werden, gewinnt der Einsatz ausländischer Mitarbeiter innerhalb von Unternehmensverbünden immer mehr an Bedeutung, wie ein weiterer Fall zeigt.

Fall 4: Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter des ausländischen Mutterunternehmens

Ein ausländisches Unternehmen entsendet seinen technischen Mitarbeiter mit Wohnsitz im Ausland zum deutschen Tochterunternehmen, um dort technische Dienstleistungen gegenüber dem Kunden des Tochterunternehmens zu erbringen. Der Arbeitsvertrag mit dem ausländischen Mutterunternehmen bleibt für die Zeit der Entsendung bestehen; die Kosten für den Mitarbeiter werden dem Tochterunternehmen weiterbelastet und somit von diesem wirtschaftlich getragen. Die Tochtergesellschaft hat um Unterstützung durch den Mitarbeiter für einen Zeitraum von 18 Monaten gebeten, weil in Deutschland keine Fachkräfte mit den erforderlichen Kenntnissen verfügbar sind.

Dieser Fall eröffnet ein ganz anderes Feld von Fragekomplexen, die es zu beurteilen gilt. Nach deutschem Steuerrecht ist der inländische Arbeitgeber zum Lohnsteuereinbehalt verpflichtet. Zivilrechtlich ist das deutsche Tochterunternehmen nicht Arbeitgeber. Neben dem zivilrechtlichen Arbeitgeber ist aber auch der inländische wirtschaftliche Arbeitgeber zur Beachtung der lohnsteuerlichen Vorschriften verpflichtet. Das den Mitarbeiter aufnehmende deutsche Tochterunternehmen wird für den beim Mutterunternehmen beschäftigten Mitarbeiter zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, wenn

  •  der Arbeitnehmer in die Tochtergesellschaft eingebunden ist  und
  • die Tochtergesellschaft den Arbeitslohn trägt oder tragen müsste.

Im Regelfall wird bei einer Entsendung von mehr als drei Monaten von einer Einbindung in das aufnehmende Tochterunternehmen ausgegangen. Ob das Tochterunternehmen den Arbeitslohn wirtschaftlich hätte tragen müssen, eröffnet einen ganz besonderen Beurteilungsbereich, in dem eine Einzelfallbetrachtung erforderlich wird. Hier spielt die Frage nach dem Interesse an der Beschäftigung eine große Rolle. Die Interessenlage ist anhand verschiedener Indizien zu beurteilen. Bei dem dargestellten Sachverhalt kann zunächst davon ausgegangen werden, dass die Entsendung im Interesse der Tochtergesellschaft erfolgt, weil diese den Mitarbeiter zur Erbringung ihrer eigenen Dienstleistungen benötigt und ihn aus diesem Grund auch bei der Muttergesellschaft erbeten hat.

Damit ist die inländische Tochtergesellschalt als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen. Sie muss den Lohnsteuerabzug vornehmen, weshalb in Deutschland Gehaltsabrechnungen für einen Arbeitnehmer erstellt werden müssen, der zivilrechtlich jedoch keiner ist. Die Muttergesellschaft darf dem Arbeitnehmer nur jenes Gehalt auszahlen, das sich nach Abzug der deutschen Lohnsteuer ergibt. Hinsichtlich der Beurteilung, in welchem Land die Einkünfte durch den Mitarbeiter zu besteuern sind, verweisen wir auf die vorangegangenen Beispiele mit den Erläuterungen zu den Regelungen in den DBAs.

Haftung und Anrufungsauskunft

Wie erkennbar ist, existieren Strukturen bei der Beurteilung von Sachverhalten bezüglich des Lohnsteuerabzugs. Gleichwohl sind die Lebenssachverhalte so verschieden wie die Regelungen in den einzelnen DBAs. Bekanntlich haftet der Arbeitgeber für nicht einbehaltene oder zu niedrig einbehaltene Lohnsteuer. Schon aus diesem Grund ist eine steuerrechtliche Beurteilung des Einzelfalls vor Aufnahme der Tätigkeit angezeigt. Eine Beratung kann auch sinnvoll sein, um bei der Gesamtvergütung auch Gehaltsbestandteile zu identifizieren, die als steuerfrei gezahlt werden können. Dieses ist umso wichtiger, als die Steuerlast einer beschränkt steuerpflichtigen Person durch den Lohnsteuerabzug abgegolten ist und deshalb keine Steuerminderung durch Einreichung einer Jahres-Steuererklärung erreicht werden kann.

Der Gesetzgeber hat als Ausgleich für die Gefahr der Haftung in Paragraf 42 e des Einkommenssteuergesetzes (EStG) eine Vorschrift mit der Überschrift Anrufungsauskunft geschaffen. Das für den Arbeitgeber zuständige Betriebsstättenfinanzamt ist danach verpflichtet, auf Anfrage des Arbeitgebers Auskunft über die lohnsteuerliche Behandlung zu geben. Die Auskunft ist kostenfrei. Bei der Anfrage ist selbstverständlich eine umfassende Darstellung des Sachverhalts, gegebenenfalls unter Vorlage der Verträge, erforderlich.

Abschließend noch ein Hinweis: Eine umfassende Darstellung der lohnsteuerlichen Behandlung der Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter in deutschen Unternehmen zu geben, ist praktisch unmöglich. Denn: Die individuellen Fragen sind so bunt wie das Leben. Insofern kann der Artikel eine individuelle steuerrechtliche Beratung nicht ersetzen.

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Mario Stahl
Michael Yönden

Die Autoren Mario Stahl und Michael Yönden sind Steuerberater der Kanzlei Molka & Stahl. Die Kanzlei kooperiert unter anderem mit der auf Global-Mobility-Prozesse spezialisierten BDAE Consult.

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