Wie die chinesische Wirtschaft am Coronavirus erkrankt
Das Coronavirus betrifft die gesamte chinesische Wirtschaft, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaße. Die Unternehmen leiden dabei nicht nur an einzelnen Faktoren wie Lieferengpässen oder Personalmangel. Vielmehr scheinen die Einschränkungen ineinander zu greifen und so die Lage weiter zu verschärfen.
Das ergab eine gemeinsame Blitzumfrage unter den 577 Mitgliedsunternehmen der Deutschen Handelskammer sowie der Europäischen Handelskammer in China.
Über die Hälfte der befragten Unternehmen (59 Prozent) gab an, in hohem Maße vom Virusausbruch betroffen zu sein. Weitere 30 Prozent sahen sich in überschaubarem Ausmaße beeinträchtigt („Medium impact“). Keines der befragten Unternehmen schloss einen Einfluss des Coronavirus auf ihr Geschäft explizit aus.
Auch die Frage, wie sich das Virus auf den Umsatz im ersten Halbjahr 2020 auswirke, verdeutlicht, wie sehr sich Unternehmen auf die neue Lage einstellen müssen: Lediglich drei Prozent zweifelt an Auswirkungen des Virus auf den eigenen Umsatz. Mit 48 Prozent geht fast die Hälfte von einem Rückgang des Umsatzes um mehr als zehn und sogar um mehr als 20 Prozent aus.
Die durch das Coronavirus veränderte wirtschaftliche Lage spiegelt sich, je nach Branche, in unterschiedlicher Weise wider. So sind Dienstleister in großem Maße von der Unsicherheit auf dem Markt betroffen, die wichtige Entscheidungsprozesse lähmt. Im Gegensatz dazu sehen sich Produzenten und Zulieferer von Maschinenanlagen verstärkt durch Personalmangel eingeschränkt. Ebenso sind sie stärker als andere Branchen von logistischen Einschränkungen betroffen. Deutlich wird, dass viele Unternehmen nicht nur von einem Faktor betroffen sind. Sie sind stets mit mehreren Einschränkungen konfrontiert, die womöglich ineinander greifen.
Einheitliche Strategie gegen Coronavirus?
Verwaltungen auf staatlicher und regionaler Ebene versuchen, das Virus einzudämmen. Die Regulierungsversuche gehen auch an den Betrieben nicht vorbei. So sieht sich eine knappe Mehrheit der befragten Unternehmen Maßnahmen der lokalen Behörden ausgesetzt, die den Betrieb verlangsamt haben.
Wie die OECD in einer eigenen Umfrage festgestellt hat, wirkt das behördliche Vorgehen nicht für jedes Unternehmen das Bild einer einheitlichen und ganzheitlichen Strategie: Die Hälfte der Befragten sieht sich mit uneinheitlichen Regeln konfrontiert. Diese unterschieden sich je nach verschiedenen Gerichtsbarkeiten oder Verwaltungsebenen. Häufig bestehe unter den befragten Unternehmen die Angst, dass sich die Regelungen kurzfristig ändern könnten.
„Der Flickenteppich widersprüchlicher Regeln, der aus dem Kampf gegen COVID-19 hervorgegangen ist, hat Hunderte von Lehensgebieten [im Sinne von unterschiedlich geregelten Bereichen, Anmerkung der Redaktion] hervorgebracht und es nahezu unmöglich gemacht, Waren oder Personen durch China zu befördern“, fasst Jörg Wuttke zusammen, Präsident der Handelskammer der Europäischen Union in China.
Coronavirus betrifft auch die vernetzte Weltwirtschaft
Das Coronavirus betrifft auf zweierlei Weise die Weltwirtschaft. Zum einen ist das Virus mittlerweile global ausgebreitet und betrifft zahlreiche Staaten unmittelbar. Die OECD verdeutlicht, wie das Coronavirus Dominoeffekte in einer eng verflochtenen Wirtschaft auslösen kann: Laut OECD-Schätzungen würde sich das weltweite Wirtschaftswachstum in der ersten Jahreshälfte wohl stark verringern. Und das selbst im günstigsten Fall einer nur schwachen Virusverbreitung über China hinaus. Die OECD sprach hier von einer Senkung des Wachstums auf 2,4 Prozent in 2020, verglichen mit 2,9 Prozent in 2019.
Für den inzwischen eingetretenen Fall – eine globale Ausbreitung des Virus über den asiatisch-pazifischen Raum und die fortgeschrittenen globalen Volkswirtschaften hinaus – hatte die OECD ein noch trüberes Bild entworfen: Sie prognostizierte in diesem Falle eine Senkung des Wachstums auf bis zu 1,5 Prozent. Somit hätte die OECD ihre aktuelle Wachstumsprognose gegenüber derjenigen aus dem letzten November halbiert.
Welche Auswirkungen das Virus konkret auf die einzelnen Auslandsmärkte hat, haben Experten von Germany, Trade & Invest auf dieser Seite zusammengestellt.