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globaler Terrorismusindex
© Baudouin Wisselmann - Unsplash

Globaler Terrorismusindex: Weniger Todesopfer, aber neue Bedrohungen

Im Jahr 2019 hatten 63 Länder mindestens einen Todesfall durch einen Terroranschlag zu beklagen, und der größte Anstieg des Terrorismus ereignete sich in Burkina Faso – wo die Todesfälle um 590 Prozent stiegen. Weitere Länder, die sich erheblich verschlechtert haben, sind Sri Lanka, Mosambik, Mali und Niger.

Das sind die aktuellen Zahlen des Globalen Terrorismusindex 2020 (GTI), der zum achten Mal veröffentlicht wurde. Demnach ist die Zahl der durch Terrorismus verursachten Todesfälle zum fünften Mal in Folge seit ihrem Höchststand im Jahr 2014 zurückgegangen. Die Zahl der Todesfälle ist seit 2014 um 59 Prozent auf 13.826 gesunken.

Konflikte sind Hauptursache für Terrorismus

Die Hauptursache für Terrorismus sind nach wie vor Konflikte, wobei über 96 Prozent der Todesfälle durch Terrorismus im Jahr 2019 in Ländern zu beklagen sind, die sich bereits in einem Konflikt befanden. Den größten Rückgang der Todesfälle verzeichnen Afghanistan und Nigeria. Gleichwohl sind diese Länder immer noch die einzigen, die mehr als 1.000 Todesfälle durch Terrorismus zu beklagen haben. Der Rückgang der Todesfälle spiegelte sich auch in den Länderergebnissen wider: 103 Länder verbesserten sich gegenüber 35, die sich verschlechterten. Seit es den Index gibt, ist dies die höchste Anzahl von Ländern, die eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr verzeichnet haben.

Weltkarte des Globalen Terrorismusindex

globaler Terrorismusindex

Erläuterung der Farben: weiß = keine Daten, schwarz und grün = geringes Terrorismusaufkommen, gelb = mittleres Terrorismusaufkommen, orange und rot = hohes Terrorismusaufkommen; die Türkeit hat mit einer Punktezahl von 2,96 ein höheres Terrorismusaufkommen als der Iran (2,67)

Am meisten unter Terrorismus zu leiden hatten Afghanistan, Irak, Nigeria, Syrien, Somalia, Jemen, Pakistan, Indien, die Demokratische Republik Kongo und die Philippinen. Zum zweiten Mal in Folge ist Südasien die vom Terrorismus am stärksten betroffene Region, während Zentralamerika und die Karibik die geringsten Auswirkungen verzeichneten

„Es gilt, die Zahl der Sympathisanten des islamischen Staates zu verringern“

Die derzeit friedlichsten Länder der Welt
Die derzeit friedlichsten Länder der Welt

Steve Killelea, der Executive Chairman des IEP, kommentiert: „Ein neues Jahrzehnt beginnt und wir erleben neue Bedrohungen durch den Terrorismus. Das Erstarken des Rechtsextremismus im Westen und die Verschlechterungen im Sahel sind Paradebeispiele dafür. Darüber hinaus sind, wie die jüngsten Angriffe in Frankreich und Österreich zeigen, viele kleinere Gruppen, die der Philosophie des islamischen Staats nahestehen, immer noch aktiv. Um diese Einflüsse zu brechen, sind drei große Initiativen erforderlich – ihre Berichterstattung in den Medien und ihre sozialen Online-Netzwerke zu sprengen, ihre Finanzierung zu verhindern und die Zahl der Sympathisanten zu verringern.“

Islamischer Staat erstmals für weniger als 1.000 Todesfälle verantwortlich

Der Terrorismusindex zieht eine Reihe von Faktoren zur Berechnung seiner Punktzahl heran, darunter die Anzahl der Vorfälle, Todesopfer, Verletzungen und Sachschäden. Die Taliban blieben im Jahr 2019 die tödlichste terroristische Gruppe weltweit; allerdings gingen die der Gruppe zugeschriebenen terroristischen Todesfälle um 18 Prozent zurück. Die Stärke und der Einfluss des islamischen Staats gingen ebenfalls weiter zurück: Zum ersten Mal seit seiner Gründung war er für weniger als tausend Todesfälle in einem Jahr verantwortlich.

Trotz des Rückgangs der Aktivitäten des Islamischen Staats im Mittleren Osten und Nordafrika bleiben die ISIL-Mitgliedsgruppen weltweit aktiv, wobei 27 Länder einen Angriff des ISIL oder seiner Mitgliedsorganisationen verzeichnen. Subsahara-Afrika wurde am härtesten getroffen; sieben der zehn Länder mit dem größten Anstieg der durch Terrorismus verursachten Todesfälle liegen in der Region. Hauptverantwortlich für den Anstieg sind die Mitgliedsorganisationen des islamischen Staats: 41 Prozent aller dem ISIL zugeschriebenen Todesfälle ereigneten sich in Afrika südlich der Sahara.

Zusammenfassung der Studie

13.826 Menschen sind laut Global Terrorism Index 2020 im vergangenen Jahr bei Terroranschlägen ums Leben gekommen – davon mehr als die Hälfte in Afghanistan (5.725), Nigeria (1.245) und Burkina Faso (593). Immerhin ist die Zahl der Todesopfer damit schon das fünfte Jahr in Folge rückläufig. Zum Vergleich: 2014 starben weltweit 33.438 Menschen durch Terroristen. Seit 2002 waren es insgesamt rund 236.000 – davon über 170.000 im Nahen Osten, Nordafrika und Südasien.

Klar zugenommen haben übrigens rechtsextremistische Angriffe. In Nordamerika, Westeuropa und Ozeanien hat die Zahl dieser Taten seit 2014 um 250 Prozent zugelegt.

Infografik: Wo der Terror am schlimmsten wütet | Statista

Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

In Nordamerika, Westeuropa und Ozeanien hat die Bedrohung durch rechtsextremen politischen Terrorismus in den letzten fünf Jahren zugenommen. In diesen Regionen nahmen die rechtsextremistischen Vorfälle zwischen 2014 und 2019 um 250 Prozent zu. 2019 waren 89 Todesfälle zu beklagen, die rechtsextremen Terroristen zugeschrieben wurden. In den letzten zehn Jahren sind die Indikatoren für die gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit in vielen der wirtschaftlich fortgeschrittenen Volkswirtschaften zurückgegangen. Dieser Trend dürfte sich aufgrund des durch COVID-19 verursachten anhaltenden wirtschaftlichen Abschwungs, der die politische Instabilität und Gewalt wahrscheinlich noch verstärken wird, fortsetzen.

Corona-Pandemie bringt neue Herausforderungen für Terrorismusbekämpfung

Länder mit dem derzeit geringsten Terrorismusaufkommen

Vorläufige Daten deuten darauf hin, dass seit Covid-19 im März 2020 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur globalen Pandemie erklärt wurde, ein Rückgang sowohl der Vorfälle als auch der Todesfälle durch Terrorismus in den meisten Regionen der Welt zu verzeichnen ist. Die Corona-Pandemie wird jedoch voraussichtlich neue, ganz besondere Herausforderungen bei der Terrorismusbekämpfung mit sich bringen. Es sei wichtig, dass Initiativen zur Terrorismusbekämpfung nicht wegen einer Reduzierung der Staatsausgaben aufgrund des Konjunkturabschwungs eingeschränkt werden. Die Kürzung der internationalen Hilfe für Operationen zur Terrorismusbekämpfung in der Region MENA (Middle East & North Africa) und in Afrika südlich der Sahara könnte sich als kontraproduktiv erweisen.

„Menschen im Westen werden empfänglicher für extremistische Propaganda“

Thomas Morgan, Senior Research Fellow am IEP, erläutert die Ergebnisse: „Zwischen 2011 und 2019 nahmen Unruhen und gewalttätige Demonstrationen im Westen um 277 Prozent zu. Es gibt ernsthafte Befürchtungen, dass die sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen dazu führen werden, dass sich mehr Menschen entfremden und für extremistische Propaganda empfänglich werden.“

Der Rückgang des Terrorismus ging auch mit einer Verringerung der globalen wirtschaftlichen Auswirkungen des Terrorismus einher; diese reduzierten sich im Jahr 2019 um 25 Prozent auf 16,4 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zu anderen Formen der Gewalt wie Tötungsdelikten, bewaffneten Konflikten und Militärausgaben ist der Anteil des Terrorismus an den weltweiten Gesamtkosten der Gewalt, die 2019 14,5 Billionen US-Dollar betrugen, gering. Die tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen des Terrorismus sind jedoch viel höher, da diese Zahlen nicht die indirekten Auswirkungen auf Unternehmen, Investitionen und die Kosten berücksichtigen, die den Sicherheitsbehörden bei der Terrorismusbekämpfung entstehen.

Hintergrund:

Globaler Terrorismusindex (GTI)

Der GTI des Instituts für Wirtschaft und Frieden bietet eine umfassende Zusammenfassung der wichtigsten globalen Trends und Muster des Terrorismus aus den letzten 18 Jahren. In dem Bericht werden 163 Länder (99,7 Prozent der Weltbevölkerung) danach bewertet, wie stark sie vom Terrorismus betroffen sind. Die Indikatoren umfassen die Zahl der terroristischen Vorfälle, der Todesopfer, der Verletzten und der Sachschäden.

Global Terrorism Database (GTD)

Die GTI verwendet Daten aus der Global Terrorism Database (GTD) des National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START), einem Department des Homeland Security Center of Excellence unter der Leitung der University of Maryland. Es bietet die umfassendste Ressource zu globalen terroristischen Trends.

Institut für Wirtschaft und Frieden

Das Institut für Wirtschaft und Frieden („Institute of Economics & Peace„, IEP) ist der weltweit führende Think Tank, der sich der Entwicklung von Metriken zur Analyse von Frieden und zur Quantifizierung des wirtschaftlichen Wertes von Frieden widmet. Dies geschieht durch die Entwicklung globaler und nationaler Indizes, einschließlich des jährlichen Weltfriedensindex, die Berechnung der wirtschaftlichen Kosten von Gewalt und die Veranschaulichung eines „Positiven Friedens“, d. h. der Einstellungen, Institutionen und Strukturen, die friedliche Gesellschaften schaffen und erhalten.

Der jährliche Global Terrorism Index, der nun im achten Jahr erscheint, wird von einem führenden Think Tank, dem Institut für Wirtschaft und Frieden (IEP), entwickelt und stellt die umfassendste Ressource zu globalen Terrorismus-Trends dar.