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VAE: Kamele mutieren zur „Cash-Cow“

Kamele entwickeln sie sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) mittlerweile auf ganz andere Weise zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor. Werden sie von jeher auf fast sentimentale Weise mit der arabischen Welt in Verbindung gebracht oder als „Wüstenschiff“, Touristenattraktion oder Rennkamele genutzt, so sind sie inzwischen auch Nahrungsmittellieferant. Tatsächlich produzieren auf gerade einmal zwei großen spezialisierten Farmen mehr als 300.000 Kamele über 40.000 Tonnen Kamelmilch jährlich, berichtet die englischsprachige Tageszeitung GULF NEWS.

Ein wesentlicher Grund für die zunehmende Akzeptanz von Produkten aus Kamelmilch: ihr hoher gesundheitlicher Wert. Kamelmilch ist reich an Mineralien, hat fünfmal so viel Vitamin C wie Kuhmilch, weniger Fett und Laktose, jedoch mehr Insulin. Damit ist sie auch geeignet für Diabetiker und Menschen mit Laktose-Intoleranz. Nicht nur einheimische Abnehmer, sondern auch zunehmend Touristen sorgen inzwischen für enorme jährliche Zuwachsraten von derzeit 25 bis 30 Prozent.

Restriktionen für EU-Import

Die Emirate und andere arabische Länder sind mit 75 Prozent die Hauptabnehmer der Milch, gefolgt von asiatischen Ländern mit 25 Prozent, während Europa und Amerika derzeit nur zehn Prozent der Produktion abnehmen. Das soll sich jedoch ändern – allerdings gibt es Hürden zu überwinden. Obwohl der Herstellbetrieb der Produkte Camelait und Camelicious ISO-zertifiziert ist, hat die EU erst kürzlich einen Vorstoß zurückgewiesen, den Import von Kamelmilch aus den VAE zu genehmigen. Ursache sind unter anderem neu eingeführte Qualitätskontrollen und Veterinärgesetze. Außerdem sei es eine große Herausforderung, die Versorgungsketten, Logistik und Verpackungsformen sicher zu stellen, um den Verbrauchern in der EU frische Produkte zu garantieren. Verbraucher werden sich deshalb noch mindestens zwei weitere Jahre gedulden müssen, bis auch in Europa Produkte aus Kamelmilch in den Regalen stehen.

Kamelschokolade in der Schweiz

Einzige Ausnahme: Das Unternehmen Al Nassma, Produzent hochwertiger Schokolade aus Kamelmilch. Dieser befriedigt bereits jetzt die Nachfrage von Gourmetläden in Japan und einigen europäischen Ländern. Derzeit wagt die Firma den Sprung in die Schweiz, dem so genannten Tempel erlesener Spitzenschokolade und misst sich dort mit den weltbekanntesten Marken. Seit September eröffnen sechzig, über die gesamte Schweiz verteilte Läden ihre Pforten und bieten ihre wie Kamele geformten Köstlichkeiten an.

In den VAE sind bereits jetzt appetitanregende Getränke mit wohlklingenden Namen wie Camelatte und Camelcino auf dem Markt; sogar die Herstellung von gesundem Kamelmilcheis ist geplant. Die Kamelmilch selbst wird übrigens zu 80 Prozent als reines Milchprodukt verkauft. Den Rest veredeln die Hersteller beispielsweise mit Dattel-, Safran, Schoko- oder Erdbeergeschmack.

Der Autor Andreas Opitz ist Geschäftsführer des Bund der Auslands-Erwerbstätigen (BDAE) e.V. und lebt seit anderthalb Jahren in den VAE.

Foto: © quinbisset – fotolia