Digitalisierung in der Umzugsbranche: So werden Umzüge künftig ablaufen
Viele Jahrzehnte lang war die Vorbereitung und Durchführung von Umzügen eine Angelegenheit von Menschen, Möbelwagen, Schiffen und Flugzeugen. Die drei letztgenannten Transportmittel werden sicher auch in der Zukunft benötigt; der Faktor Mensch, der am Umzug beteiligt sein wird, reduziert sich jedoch immer mehr auf die Aufgaben beim Verpacken, Beladen, Ausladen und Auspacken des Umzugsgutes.
Mit dem Anfang des 21. Jahrhunderts ist allerdings auch ein neuer Faktor hinzugestoßen: Die Technologie. Bei vorbereitenden Arbeiten wie zum Beispiel der Umzugsbesichtigung, Kalkulation, Angebotserstellung oder Abrechnung ist eine Automatisierung manueller Prozesse mittlerweile dringend notwendig, um mittelfristig wettbewerbsfähig bleiben zu können. Abgesehen von geringeren Kosten schafft die Digitalisierung zusätzlichen Wert für den Kunden, indem die Dauer der vorbereitenden Maßnahmen signifikant gesenkt wird. Persönliche Umzugsbesichtigungen (zur Ermittlung des Umzugsvolumens) werden durch technologie-getriebene Hilfsmittel wie beispielsweise eine App zur Video-Besichtigung ersetzt und durch Online-Buchungsprozesse, in welchen die Kunden selbst preisrelevante Details eintragen, unterstützt.
Effizientere Umzüge dank künstlicher Intelligenz
Alle angegebenen Daten werden via Schnittstellen in CRM (Customer Relationship Management) Systeme transferiert. In diesen Systemen wird dann die Preiskalkulation der angegebenen Umzugsdaten mit Hilfe von programmierten Formeln automatisiert. Im Hintergrund lernt die künstliche Intelligenz aus den Daten verkaufter Umzüge und verbessert eigenständig die Formeln, um das unternehmerische Risiko durch ungenaue Parameter zu minimieren.
Die Geschäftsführung erhält durch frei konfigurierbare Berichte Handlungsempfehlungen hinsichtlich der Produktivität und Profitabilität ihres Umzugsunternehmens. Geschäftliche Entscheidungen werden nicht mehr mit subjektiven Einschätzungen oder Meinungen, sondern datenbasiert getroffen. Für den Umzugsspediteur bedeuten diese Veränderungen eine Verschlankung der Prozesse, weniger Personalaufwand und eine schnellere Reaktion auf die Kundenanfragen. Darüber hinaus ist die Digitalisierung in der Lage, besonders ineffiziente Vorgänge zu lösen, die seit Jahrzehnten in der Umzugsindustrie existieren.
Umzugsvolumen wird voraussichtlich geringer in der Zukunft
Algorithmen unterstützen die Disposition, indem sie kompatible Umzüge anhand von Regeln gruppieren, die Umwelt durch eliminierte Leerkilometer schonen und somit die Kosten des Spediteurs als auch idealerweise die Kundenpreise senken. Trotz all dieses Fortschritts kann die persönliche Beratung und Betreuung, insbesondere bei aufwändigen oder internationalen Umzügen, nicht komplett durch Technik ersetzt werden.
In den letzten Jahren ist jedoch festzustellen – und das gilt sicher und in größerem Masse auch für die Zukunft -, dass die Umzugsvolumina allgemein kleiner werden. Hintergrund hierfür sind veränderte Umzugsrichtlinien der Unternehmen (mit kleineren Umzugsgutmengen) sowie die Tatsache, dass die jüngeren Generationen immer weniger Bezug zu ihrer Wohnungseinrichtung haben. Die Zeiten, dass eine Schrankwand, ein Klavier oder eine Couchgarnitur „fürs Leben“ gekauft wurde oder Mengen von Büchern, CDs und DVDs in den Regalen stehen, sind definitiv vorbei – im Gegenteil, möblierte oder teilmöblierte Wohnungen sind im Trend, Musikinstrumente werden geliehen, Bücher, Musik und Filme digitalisiert.
Jüngere Generation lebt minimalistischer
Dieser Lebensstil wird von der jungen Generation bevorzugt. Die reduzierte Menge von Hab und Gut unterstützt auch den Prozess der Digitalisierung, weil somit deutlich weniger kompliziertes Umzugsgut aufzunehmen und zu berücksichtigen ist. Die „Generation Z“ und teilweise auch die „Millenials“ möchten keine Zeit mehr für mehrere Umzugsbesichtigungen aufwenden, sondern bestenfalls den Umzug mit wenigen Klicks am Smartphone oder Laptop online buchen. Insbesondere für kleinere Möbelspediteure ist diese Veränderung eine Herausforderung, jedoch müssen alle Möbelspediteure der Entwicklung folgen, indem sie sich der Digitalisierung öffnen. Dazu gehört es auch, ihre Prozesse zu überdenken und zu automatisieren sowie in moderne Technik zu investieren. Auch die Mitarbeiter müssen entsprechend geschult werden, damit der Kunde trotzdem eine optimale Betreuung und Umzugsdurchführung erfährt.
Bis jedoch Roboter das Verpacken, Beladen und andere Umzugsarbeiten übernehmen, dauert es sicher noch einige Jahrzehnte und bis dahin dürfen sich die Umziehenden noch froh gelaunten und motivierten Möbelpackern und Umzugscrews erfreuen.
Der Autor:
Rolf Schäfer ist Leiter Customer Service & Operations beim Umzugsdienstleister UTS Germany und arbeitet bereits seit 30 Jahren in der Branche.
E-Mail: schaefer@uts-germany.de