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»Mit 15 oder 16 Jahren ist die beste Zeit für ein Auslandsjahr«

Seit mehr als 50 Jahren organisiert der Verein Youth For Understanding (YFU) Schüleraustausche. Was der Auslandsaufenthalt kostet und nützt, welche Fördermöglichkeiten es gibt und wer Gastgeber für Austauschschüler werden kann, darüber sprach Expat News mit YFU-Sprecherin Maren Opitz.

EXPAT NEWS: Ein Austauschjahr ist mittlerweile keine Seltenheit mehr. Das war nicht immer so. Wann sind erstmals deutsche Schüler für ein Austauschjahr in ein anderes Land gegangen?

Opitz: Der erste Schüleraustausch fand ein paar Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges statt und zwar auf eine Initiative der US-Amerikaner. Diese luden 1951 gezielt deutsche Schüler als Teil ihres pädagogischen Re-education-Programms in die Staaten ein, um ihnen dort die Grundwerte der Demokratie zu vermitteln. Die Schüler stiegen allerdings nicht einfach in ein Flugzeug, sondern traten die Reise noch mit dem Schiff an und überquerten den Atlantik. Mitte der 50-er Jahre wurde das Programm eingestellt. Die ehemaligen deutschen Austauschschüler waren von dem Projekt so nachhaltig angetan, dass sie den gemeinnützigen Verein Youth For Understanding (YFU) gründeten, um somit weiterhin den interkulturellen Austausch zu fördern. 1957 gingen dann die ersten Schüler mit YFU in die USA.

EXPAT NEWS:  Welche Länder sind bei deutschen Schülern besonders beliebt?

Opitz: Ganz hoch im Kurs sind bereits seit Jahrzehnten die englischsprachigen Länder, insbesondere USA, Kanada und Australien. Südamerika ist ebenfalls eine beliebte Zielregion. So wählen Schüler vermehrt Länder wie Argentinien oder Costa Rica. Innerhalb Europas zieht es viele Jugendliche nach Schweden, Finnland oder Norwegen. Dieses Jahr wird zudem erstmals eine Jugendliche ein Schuljahr in Aserbaidschan verbringen.

EXPAT NEWS: Vermittelt YFU auch Austauschschüler in Länder, die Krisenpotenzial haben?

Opitz: Prinzipiell ja, allerdings dann in risikoärmere Regionen. Beispielsweise haben wir junge Deutsche nach Mexiko entsandt, dieses Jahr allerdings nicht an die Grenze zu den USA, wo es immer wieder zu kritischen oder auch kriminellen Situationen kommt. Auch Japan hat seit der Reaktorkatastrophe Krisenpotenzial; unsere Schüler schicken wir seitdem nicht mehr in das Gebiet um Fukushima. Grundsätzlich gilt: Egal in welches Land es geht, alle Jugendlichen werden sowohl noch in Deutschland als auch vor Ort von erfahrenen YFU-Mitarbeitern mit den lokalen Gegenden vertraut gemacht. Wir appellieren an sie, sich an die Regeln des jeweiligen Gastlandes zu halten und sich so keinen unnötigen Gefahren auszusetzen. Die Sicherheit der Programmteilnehmer hat absolute Priorität.

EXPAT NEWS: Gibt es Nationalitäten für die es hierzulande besonders schwierig ist, geeignete Gastfamilien zu finden?

Opitz: Tatsächlich gibt es noch einige Berührungsängste, wenn es um die Vermittlung von Schülern aus Asien oder Osteuropa geht. Diese Kulturen scheinen den Deutschen weniger vertraut als etwa die amerikanische. Dabei ist es die Aufnahme eines jungen Menschen –egal aus welchem Land – eine große Chance. Das Kennenlernen der Kultur des Gastschülers hat einen großen Zuwachs an interkultureller Kompetenz zur Folge. Dies wirkt sich häufig auch positiv im Berufsleben aus.

EXPAT NEWS: Was kostet ein Auslandsjahr im Schnitt und wie finanziert sich YFU?

Opitz: Ein Jahr in den USA kostet inklusive Flug rund 8.600 Euro, für Thailand etwa sind es 6.400 Euro. Wir arbeiten sehr transparent und haben deshalb die Kosten am Beispiel des USA-Programms aufgeschlüsselt. 41 Prozent der Kosten entstehen vor Ort in den Vereinigten Staaten, zum Beispiel für die Gewinnung von Gastfamilien, die ganzjährig gewährleistete Betreuung der Austauschschüler durch haupt- und ehrenamtliche YFU-Mitarbeiter und die begleitenden Seminare für die Programmteilnehmer. 26 Prozent des Geldes fließen in die Vorbereitung in Deutschland, also beispielsweise in die Bearbeitung der Bewerbungsunterlagen sowie in die Vorbereitungstagungen. Die Reisekosten machen um die 20 Prozent aus und zwei Prozent fließen in die internationale Koordination der einzelnen YFU-Partnerorganisationen. Das verbleibende Geld investieren wir in unseren Stipendienfonds.

EXPAT NEWS: Wer kann sich für diese Form der finanziellen Unterstützung bewerben?

Opitz: Grundsätzlich Schüler, die in Familien leben, deren finanzielle Situation ein Auslandsjahr nicht zulässt. Wir prüfen dann den finanziellen Background, fragen nach, welchen Teil der Kosten die Eltern tragen können und entscheiden so über den Stipendienbedarf. Außerdem haben wir Sonderstipendien, zum Beispiel für Schüler mit Migrationshintergrund. Leider nutzen nach wie vor nur wenige Realschüler die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen. Dabei gibt es sogar Schüler-BAfög vom Staat, das nicht einmal zurückgezahlt werden muss. Die einzige Bedingung ist es, nach dem Auslandsjahr wieder zur Schule zu gehen, zum Beispiel auf einer weiter- führenden Schule, wenn man etwa die Mittlere Reife bereits erlangt hat.

EXPAT NEWS: Gibt es den »besten« Zeitpunkt für einen Schüleraustausch und was bringt dieser für die persönliche Entwicklung?

Opitz: Den gibt es. Etwa 80 Prozent aller Austauschschüler gehen im Alter von 15 oder 16 Jahren ins Ausland. In diesem Alter sind sie bereits reif genug, um sich auf ein solches »Abenteuer« einzulassen und noch ausreichend jung, um offen für Neues zu sein. Der Nutzen von langfristigem Schüleraustausch ist sogar wissenschaftlich bestätigt. Einer soziologischen Studie zufolge stellt das Auslandsjahr in vielen Fällen die beruflichen Weichen. Die Mehrheit der mehr als 1.000 befragten Austauschschüler war sich nach diesem Jahr besser über persönliche Ziele im Klaren. Hinzu kommt, dass die Weltoffenheit und Mobilität gefördert werden und sich die Schulnoten deutlich verbessern. So stieg der Anteil der Einser-Durchschnitte von vorher 27,3 nach der Rückkehr auf 42,6 Prozent. 97 Prozent der Befragten würden ein Auslandsjahr während der Schulzeit weiterempfehlen. Wichtig ist aber, dass Teilnehmer tatsächlich ein ganzes Jahr und nicht etwa nur sechs Monate im Ausland verbringen. Diese reichen definitiv nicht aus, um sich richtig einzugewöhnen.

EXPAT NEWS: Wie gehen Sie bei der Auswahl von Gastfamilien vor?

Opitz: In einem ersten Schritt bitten wir Interessenten unseren Gastgeberbogen auszufüllen, in dem zunächst Daten und Fakten zur Familie erhoben werden. Dann machen unsere weltweit tätigen Mitarbeiter einen Termin vor Ort und informieren sich bei der Familie über deren Lebensbedingungen und Motivation, einen Austauschschüler bei sich aufzunehmen. Geld gibt es für die Familie nämlich nicht und dies ist bereits ein wichtiges Selektionskriterium. Übrigens kann man das eigene Kind auch dann mit YFU ins Ausland schicken, wenn man selbst keinen Austauschschüler aufnehmen kann.

EXPAT NEWS: Können Schüler bestimmte Präferenzen nennen?

Opitz: Wir schauen natürlich, dass der Jugendliche und die Familie möglichst gut zusammenpassen und orientieren uns an den Hobbys und Interessen. Was nicht möglich ist, sind spezielle Ortswünsche. Man kann also für die USA nicht angeben, dass man ausschließlich in einer Familie in Kalifornien untergebracht werden möchte. Entscheidend sind unserer Erfahrung nach auch weniger die Landesregion, sondern die Menschen, die den Schüler aufnehmen. Übrigens müssen Gasteltern nicht zwingend eigene Kinder haben, um einen Austauschschüler aufzunehmen. Auch Singlehaushalte werden von uns gerne akzeptiert.

EXPAT NEWS:Was passiert, wenn sich ein Austauschschüler in seiner Familie unwohl fühlt?

Opitz: Jeder Schüler hat einen Betreuer, der ihm das ganze Jahr über zur Verfügung steht. Bei Problemen kann er diesen stets kontaktieren und sich mit ihm beraten. Wir raten immer, Probleme zunächst direkt bei der Familie anzusprechen, denn oft sind es kleine Miss- verständnisse, die sich schnell lösen lassen. Ist dies nicht der Fall, spricht der YFU-Mitarbeiter persönlich mit der Familie und dem Jugendlichen. Und sollte sich danach das Problem weiterhin nicht lösen lassen, ist selbstverständlich ein Gastfamilientausch möglich.

EXPAT NEWS: Was schätzen Gastschüler in Deutschland besonders an unserem Land, was nervt sie sehr oft?
Opitz: Was vor allem Südamerikaner an Deutschland lieben, ist der Schnee im Winter. Viele schwärmen immer wieder von ihrem ersten Skiurlaub oder einem Geburtstag bei minus 15 Grad im Schnee. Als gewöhnungsbedürftig finden nahezu alle ausländischen Schüler hierzulande das kalte Abendbrot. In vielen Ländern zählt kaltes Essen nicht als vollwertige Mahlzeit.
Asiaten tun sich hierzulande oft schwer damit, ihre persönliche Meinung zu äußern. Oft dauert es eine Weile, bis die Gasteltern es schaffen, zu vermitteln, dass es vollkommen in Ordnung ist, sich mitzuteilen, wenn einem etwas nicht passt. Eine lustige Anekdote habe ich vor Kurzem gehört: Eine Gastmutter hatte ihrem Austauschschüler zur Weihnachtszeit einen Adventskalender geschenkt und vermeintlich verständlich erklärt, was dessen Funktion ist. Als sie zwei Tage später das Zimmer des Schülers betrat, war der komplette Kalender leer.

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Checkliste Vorbereitung Austauschjahr:

1:    Bewerbungsunterlagen anfordern unter http://www.yfu .de/ins-ausland-gehen/melde formular, ausfüllen und zurückschicken
2:    Teilnahme an Auswahlgespräch (wenn Bewerber formale Anforderungen wie Alter erfüllt)
3:    Bei positiver Aufnahmeentscheidung einwöchige Vorbereitungstagung vor Beginn des Austauschjahres
4:    YFU kümmert sich um Versicherung und Flug, unterstützt bei Visumsbelangen
5:    Post von YFU mit vielen Infos rund ums Austauschjahr einige Monate vor Abreise
6:    Beginn des Austauschjahres mit ganzjährigen Betreuungsangeboten für Jugendliche und Eltern
7:    Zurück in Deutschland: Nachbereitungstreffen und Möglichkeit ehrenamtlicher Mitarbeit bei YFU für ehemalige Austauschschüler und Eltern

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Zu Hause die Welt entdecken – Gastfamilie werden

Nicht nur Schülerinnen und Schüler aus Deutschland können mit YFU ein Schuljahr im Ausland verbringen. Jedes Jahr kommen zudem rund 550 Jugendliche aus aller Welt nach Deutschland, die meisten davon für ein halbes oder ganzes Jahr. Sie gehen hier zur Schule, lernen Land und Leute kennen und erleben den Familienalltag mit. Gastfamilien lernen in der gemeinsamen Zeit viel über das Heimatland und die Kultur ihres Gastkindes. Sie brauchen keinen besonderen Luxus oder ein Besichtigungsprogramm zu bieten. Vielmehr geht es um die herzliche Aufnahme und die Integration in den Familienalltag. Sowohl Gastfamilien als auch Austauschschüler werden von YFU gründlich auf die gemeinsame Zeit vorbereitet. Auch während des Austauschjahres stehen bei Fragen jederzeit Betreuer von YFU zur Verfügung. Der Verein freut sich schon jetzt über die Meldung von gastfreundlichen Familien aus ganz Deutschland, die ab August/September 2013 ein neues internationales Familienmitglied bei sich aufnehmen möchten.  Interessierte Paare und Familien können sich direkt bei YFU melden. Telefon: 040 227002-0, E-Mail: gastfamilien@yfu.de. Weitere Informationen unter: www.yfu.de/gastfamilien.

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