Spanien, Frankreich und Deutschland sind beliebte Erasmus-Gastgeber
Spanien ist nicht nur eines der beliebtesten Erasmus-Gastgeber für Studierende. Zumindest absolut betrachtet ist es auch das Land mit der größten Anzahl an Studierenden, die sich für einen Auslandsaufenthalt entscheiden.
Das zeigen die vorläufigen Ergebnisse des Forschungsprojektes Interregional relations in Europe. Dieses IRiE-Projekt erfolgt unter der Schirmherrschaft des auf die Analyse von Regionalpolitik spezialisierten ESPON-Programmes.
Neben Spanien nehmen die drei anderen großen EU-Staaten Frankreich, Deutschland und Italien Spitzenplätze ein. Dies gilt partiell auch für Großbritannien, das allerdings bereits vor dem Brexit im Hinblick auf Erasmus eine Besonderheit darstellte, da zwar nur wenige britische Studentinnen und Studenten an dem Programm teilnahmen, sich jedoch zahlreiche Europäerinnen und Europäer für einen Studienaufenthalt im Vereinigten Königreich entschieden. Ein Teil der IRiE-Studie untersuchte die Ströme von ein- und ausgehenden Erasmusstudentinnen und -studenten in den akademischen Jahren 2009/2010 und 2013/2014.
Erasmus-Gastgeber: Fluktuation in mittleren Rängen
In diesem Zeitraum hätten sich die sichtbarsten Veränderungen der Studierendenströme in Ländern in der Mitte oder am Ende der Rangliste ergeben. So habe sich die Zahl der Studentinnen und Studenten, die aus Kroatien, der Türkei, Malta oder Zypern zu einem Erasmusaufenthalt ins Ausland gegangen seien, in lediglich vier Jahren um mehr als 50 Prozent gesteigert.
Wie die Forscher erklärten, sei dies ein Zeichen für „die zunehmende Integration dieser eher peripheren Regionen in das Erasmus-Netzwerk“. Diese peripheren Regionen würden sich auch unter den Studentinnen und Studenten wachsender Beliebtheit erfreuen. Dies gelte insbesondere für die Balkanstaaten, Zentral- und Osteuropa, Zypern und die Türkei. Hier sei die Anzahl der Gaststudentinnen und -studenten – insbesondere aus den Herkunftsländern Spanien, Frankreich, Deutschland und Italien – um mehr als 50 Prozent gestiegen.
Unterschiedliche Rangliste je nach Messung
Analysiere man die gleichen Zahlen in Relation zur Bevölkerungsgröße, ergebe sich allerdings ein völlig anderes Bild. Luxemburg, die baltischen Staaten, Finnland und Island würden sich dann an die Spitze der Rangliste der Herkunftsländer setzen. Am anderen Ende der Liste seien das Vereinigte Königreich, die Türkei, Kroatien Rumänien und Bulgarien zu finden. Und das trotz der bedeutenden Steigerungen, die sich für letztere Länder im untersuchten Zeitraum ergeben hätten. Ebenso treffe man die nordischen Staaten bei dieser Betrachtungsweise auch unter den beliebtesten Gastgeberländern an. In Südeuropa würden Malta und Portugal herausragen.
Die Türkei sowie die zentral- und osteuropäischen Staaten würden auf der Rangliste nach unten rutschen. Dies sei zum Teil dadurch begründbar, dass diese Staaten relativ neu in ihrer Rolle als Erasmus-Gastgeber seien, habe aber sicher auch damit zu tun, dass ihre Landessprachen im Ausland weniger geläufig seien, und Länder wie etwa Griechenland und Bulgarien sogar ein anderes Alphabet verwenden würden.
Manche spezialisieren sich auf Rolle als Erasmus-Gastgeber
Es fiel auf, dass einige Länder darauf „spezialisiert“ seien, Menschen aus dem Ausland zu empfangen. Anders ausgedrückt: Die Anzahl an Gaststudentinnen und -studenten aus dem Ausland sei in diesen Ländern wesentlich höher als die Zahl derer, die ihre Koffer packen und ihrerseits ins Ausland aufbrechen würden. Dies sei in den nordischen Staaten der Fall. Diese würden aufgrund der Qualität ihrer höheren Bildungsinstitutionen zu den beliebtesten Erasmus-Gastgebern gehören. Auch das Vereinigte Königreich und Irland seien aufgrund ihrer Landessprache prädestiniert.
In anderen Staaten, wie etwa Griechenland, der Slowakei, Bulgarien, der Türkei und Rumänien, sei das Verhältnis genau umgekehrt.
Ein ähnlicher Trend sei in Italien, Frankreich und Deutschland zu beobachten. Dies könne einerseits ein Anzeichen für eine gestiegene Neigung sein, im Ausland zu studieren. Andererseits könnte es auf eine zunehmende Abwanderung von Fachkräften hindeuten, einen schleichenden Braindrain.