Russisch als Fremdsprache erfreut sich zunehmender Beliebtheit
In Deutschland wurde in den vergangenen Jahren immer seltener Russisch gelernt. Und das, obwohl die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Bande zwischen beiden Ländern immer enger geworden sind. Viele Projekte in Deutschland fördern die russische Sprache mit Kreativität – und haben Erfolg.
Damit die Astronauten auch mit ihren russischen Kollegen sprechen können, hat die European Space Agency (ESA) sechs ihrer Astronauten zum Russicum, einer Institution des Landesspracheninstituts an der Ruhr-Universität Bochum, geschickt. Hier lernen jährlich etwa 300 Schülerinnen und Schüler Russisch. Sie wollen sich auf ein freiwilliges Jahr in Russland vorbereiten, ihre Firmen haben Kontakte und Dependancen in Russland, sie wollen in Sankt Petersburg studieren oder in Moskau als Journalisten über Politik berichten.
Die Motive sind ganz verschieden, die Lehrmethode ist schnell und effektiv, wie es auf der Russicum-Homepage heißt: „Erwachsene streben in aller Regel an, in möglichst kurzer Zeit ein Maximum an praktisch verwertbaren Kenntnissen zu erwerben. Diesem Ziel ist die gesamte Konzeption des Landesspracheninstituts verpflichtet.“
Leo Weschmann, Leiter des Landesspracheninstituts, versichert: „Das Russicum motiviert mehr Menschen zum Russisch lernen.“ Aber seiner Ansicht nach könne noch viel mehr passieren, damit auch Jugendliche in der Schule zum Russisch lernen motiviert werden. „Das abnehmende Interesse ist allerdings auch durch eine mangelnde bildungspolitische Unterstützung und durch das Fehlen eines Konzepts auf russischer Seite verursacht“, bemerkt Weschmann.
Viele kleine Projekte, um Russisch zu fördern
Auch wenn es vielleicht keinen übergeordneten Masterplan gibt, um die russische Sprache wieder in die Köpfe der Schüler zu bekommen, so gibt es doch überall in Deutschland viele kleine Projekte, wie beispielsweise das RussoMobil. Das RussoMobil ist ein dunkelblauer Volkswagen: ein deutsches Auto, das durch das Land fährt und Schüler und Schülerinnen für die russische Sprache begeistern soll. Junge Menschen, die Russisch als Muttersprache sprechen, haben 45 bis 90 Minuten Zeit, um den Jugendlichen so viel von ihrer Sprache beizubringen wie nur möglich: die kyrillischen Buchstaben, erste Worte, ein bisschen was schreiben.
In den vergangenen Jahren hat das Interesse am Erlernen der russischen Sprache in Deutschland wieder leicht zugenommen: Zwischen 2010 und 2012 stieg die Zahl der Russisch lernenden Schüler um 2,1 Prozent. Oksana Kogan-Pech ist Projektleiterin des RussoMobils und zeigt sich optimistisch: „Jetzt, wo die Werbung für die Wahl der zweiten, dritten und vierten Fremdsprache an den Schulen läuft, ist das RussoMobil komplett ausgebucht, und das ist ein gutes Zeichen für ein fortbestehendes Interesse an Russisch.“
Das Projekt wird von der russischen Stiftung „Russkij Mir“ gefördert. Sie wurde 2007 von Präsident Putin ins Leben gerufen, um die Popularität der russischen Sprache zu fördern. „Russkij Mir“ betreibt ein Netz von russischen Zentren, mit russischer Literatur, Zeitschriften, Lernprogrammen und Videos.
Spielend Russisch lernen
Beim Bundescup „Spielend Russisch lernen“ bilden immer zwei Spieler eine Mannschaft, einer von ihnen kann schon ein bisschen Russisch, der andere
nicht. Es wird gewürfelt, für jede richtige Antwort gibt es einen Punkt. Die Mannschaften müssen zusammen 26 Jahre alt sein, das heißt: Es spielen zwei Dreizehnjährige zusammen oder ein Spieler ist zwölf, der andere 14. Seit 2008 organisiert das Deutsch-Russische Forum dieses Spiel, deutschlandweit. Auch hier ist das Ziel, Schülerinnen und Schüler fürs Russischlernen zu begeistern. „Nach mittlerweile sechs Jahren Bundescup haben bisher rund 25 000 Schüler an dem Spiel teilgenommen – die Hälfte von ihnen war bis dahin noch nicht mit Russisch in Berührung gekommen“, freut sich Irene Österle vom Deutsch-Russischen Forum.
Eine besondere Hilfe ist der Bundescup für die Lehrer und Lehrerinnen an den Schulen, die Russisch wieder beliebter machen wollen. Sie sind auf jede Hilfe angewiesen. 69 Prozent von denen, die kein einziges Wort Russisch konnten und trotzdem mitgespielt haben, wollten nach dem Spiel vielleicht auch Russisch lernen. Ein schöner Anreiz fürs Mitspielen sind natürlich auch die Preise: eine Reise nach Moskau oder Sankt Petersburg. Zwei 16-jährige Gymnasiastinnen aus Gräfenhainichen werden im nächsten Frühjahr diese Reisen antreten. Die meisten Spielerinnen und Spieler kommen aus den neuen Bundesländern, sagt Irene Österle: „Die zahlenstärksten Teams kommen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Aber auch in den alten Bundesländern gibt es ein Bundesland, das in den vergangenen Jahren durch eine große Teilnehmerzahl hervorsticht: Nordrhein-Westfalen.“
Russisch – eine Exotensprache?
Dass in Nordrhein-Westfalen Russisch gelehrt und gelernt wird, hat mittlerweile eine lange Tradition. Das Landesspracheninstitut an der Ruhr-Universität Bochum wurde 1973 als „Lehrinstitut für die Russische Sprache Nordrhein-Westfalen“ gegründet. Deswegen weiß Weschmann auch, wie sich das Interesse für die russische Sprache gewandelt hat: „Die Nachfrage nach Russischkenntnissen erlebte in der Gorbatschow- und unmittelbaren Nach-Gorbatschow-Zeit in Deutschland – und damit auch im Russicum – einen Boom. In der Folgezeit kam es in Deutschland zu einem erheblichen Rückgang des Interesses am Russischen und der Nachfrage auch im Russicum. Mittlerweile ist es aus der Sicht breiter Bevölkerungsschichten schon eine exotische Sprache.“
Mittlerweile scheint es jedoch wieder aufwärts zu gehen mit der Beliebtheit der russischen Sprache in Deutschland. Österle merkt es an den Rückmeldungen: „Es nehmen immer mehr Lehrerinnen und Lehrer teil. Sie berichten uns, dass sie im Jahr zuvor nicht hätten teilnehmen können, weil es damals noch nicht genügend Schüler für einen Russischkurs gab.“
Quelle: Russland Heute (Autorin: Diane Hielscher)
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