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ISTANBUL - JANUARY 25,: the Grand Bazaar, considered to be the oldest shopping mall in history with over 1200 jewelry,carpet, leather,spice and souvenir shops. January 25, 2011 in Istanbul, Turkey.

Expat-Frau in der Türkei: Culture-Shock-Update

Bevor ich euch wie versprochen demnächst einige Erfolgsstrategien für euren Check-in im Ausland verraten werde, brennt es mir gerade unter den Nägeln, euch zumindest ein Mini-Update meines derzeitigen Culture Shock Stadiums zu geben. Nicht, weil mir hier in Istanbul totlangweilig wäre oder ich sonst nichts mit mir anzufangen wüsste – im Gegenteil!

100 Stunden nach Check-In: Meine anfängliche Chicken-Korma-Panik hat sich innerhalb weniger Tage in Luft aufgelöst. Wie durch ein Wunder befindet sich ein köstliches und zudem noch sehr sympathisches indisches Restaurant keine hundert Meter von unserer neuen Bleibe entfernt. Auch meine unbändige Angst mangels Duschgel, Shampoo und Deo nie wieder wohlduftend das Haus verlassen zu können, verflog dank einer überraschend guten Drogerie-Infrastruktur binnen kürzester Zeit. Und: mit ein wenig Recherche konnte ich sogar durchaus akzeptable Preise ausfindig machen. Also zunächst eine durchaus positive Bilanz.

Der große Nachteil ist, dass aufgrund meiner derzeitigen linguistischen Inkompetenz viele Dinge leider unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch nehmen. Wäsche waschen mit einem türkischen Bedienfeld zum Beispiel oder den Fahrplan des Busses verstehen oder überhaupt den richtigen Bus finden! Oder einkaufen gehen – das habe ich direkt an Tag 1 nach meiner Ankunft getestet. Als nämlich mein hungriger Blick in den häuslichen Kühlschrank keinen Zweifel daran ließ, dass ich unbedingt einkaufen gehen sollte. Die darin befindlichen Lebensmittel waren nämlich entweder alkoholischer Art oder aber es handelte sich um Obst & Gemüse, das ich bei meinem letzten Kurzbesuch hier besorgt hatte. Das ist jetzt vier Wochen her…

Ziegenschlachten neben REAL-Supermarkt

Hier also mein Fazit der lokalen Einkaufsoptionen. Der Basar ist grundsätzlich schon mal super: authentisch, liebenswert, türkisch! Allerdings spricht selbstverständlich kein Mensch englisch, noch gibt es um die Produkte herum irgendwelche Verpackungen mit Bildern drauf – ist ja ein Frischmarkt. Also eher schwierig für einen zielorientierten Einkauf nach Hausfrauenvorbild. Supermärkte sind besser in diesem Stadium dachte ich mir. Also nichts wie rein in den praktischen Migros (türkische Supermarktkette) direkt ums Eck: hier gibt es zumindest ein Grundsortiment an Nahrungsmitteln, die ich irgendwie entziffern und machen und zu Essen verarbeiten könnte. Nur leider haben die direkt mal 100 Prozent auf den Normalpreis draufgeschlagen, was den praktischen Großeinkauf gleichzeitig unbezahlbar macht. Scheidet also auch aus! Und dann fand ich ihn: den Markt aller Märkte nach altbekanntem deutschen(!) Standard. Meinen Real! Dieser Anblick lässt einen glatt vergessen, dass im Hinterhof gleich nebenan zeitweise noch Ziegen von Hand geschlachtet werden – mitten in einer 20-Millionenstadt.

Und tatsächlich: mit Betreten der Düsseldorfer Supermarktkette spürte ich wieder dieses warme Glücksgefühl – so als säße ich sonntags an Omi’s Mittagstisch: mitten in meiner allerliebsten Komfortzone! Dank erhöhter Dopamin Ausschüttung und modernster IT im Handtaschenformat übersetzte ich jede Packungsaufschrift siegessicher im Handumdrehen. Dreißig türkische Verpackungen und zweieinhalb Stunden später verlor ich allerdings ein klitzekleines bisschen meinen Enthusiasmus und brach mein ehrgeiziges Projekt vorzeitig ab. Immerhin, das Abendessen war gesichert und ich bin eine gute Ehefrau (auch wenn sich mir ein Teil der lokalen Nahrungsmittel noch nicht gänzlich erschlossen hat)!

Täglich vier Stunden Türkisch-Unterricht

Vor dem Hintergrund meiner schweißtreibenden Jagd nach Essbarem freute ich mich umso mehr, dass meine erste Türkisch-Einheit am Tag 2 auf mich wartete und mir hoffentlich einige alltagstaugliche Vokabeln bescheren würde. Tat sie auch! Ich habe mich aufgrund meines geduldigen Naturells für die Hardcore-Variante entschieden: täglich vier Stunden Unterricht, danach Vokabeln pauken, Grammatik einhämmern und raus zum üben. Dies führte bereits nach zwei Tagen immerhin dazu, dass ich dem Taxifahrer jetzt sagen kann, wie er zu fahren hat – weil ich es ja aufgrund meiner unglaublichen Ortskenntnis bestimmt besser weiß. Außerdem kann ich schon feststellen, dass es sehr heiß ist – das ist den anderen sicherlich noch nicht aufgefallen! Am besten finde ich, dass ich meinem Mann nach einem langen und mindestens genauso schweißtreibenden Arbeitstag jetzt auch folgende überlebenswichtige Frage stellen kann: „Bira içmek istiyor musun?“ = „Möchtest du ein Bier trinken?”. Wunderbar, oder?! Ich bin dennoch zuversichtlich, das Ganze in einigen Monaten soweit perfektioniert zu haben, dass ich dann wieder zum Basar zurückkehren kann und dort vielleicht sogar genau die Produkte bekomme, die ich mir ursprünglich vorgestellt hatte. Ganz ohne online Wörterbuch.

What about my iphone?

NotizenAbgesehen von meinen täglichen Power-Türkischsessions mit Ayşe (kein Witz!), den vertrauten bis exotisch anmutenden Shoppingausflügen, einigen ersten Netzwerk-Aktivitäten zum Wohle meiner Unabhängigkeit, dem erfolglosen Versuch im Internet eine Ikea-Bestellung zu tätigen und der abenteuerlichen Überquerung des Bosporus zur Istanbuler Rush Hour habe ich mir auch eine türkische SIM-Karte erkämpft. Dazu ein gebrauchtes iPhone. Trotz tagelanger Verkupplungsversuche scheinen sich die beiden irgendwie nicht besonders zu mögen, was hinsichtlich meiner derzeit etwas eingeschränkten Erreichbarkeit langfristig ein größeres Problem werden könnte. Der Kundendienst muss her! Ich persönlich bekomme ja schon in vertrauten Gefilden beim Gedanken an irgendwelche Callcenter-Diskussionen menopausenähnliche Zustände. Aber hat eine(r) von euch schon mal versucht von einem Turkcell-Callcenter ein Problem lösen zu lassen? Auf Englisch???

Ich gehe daher davon aus, dass ich auch in den nächsten Tagen hervorragend ausgelastet sein werde und kann euch an dieser Stelle versichern: Langeweile, Einsamkeit oder gar Isolation sind auf meiner Culture Shock Kurve jedenfalls noch nicht in Sicht. Und das ist auch gut so, möge der Honeymoon noch ein wenig andauern!

Die Autorin:

Constance Grunewald-Petschke betreibt den Blog www.what-about-my-pencilskirt.com, auf dem sie regelmäßig über ihr neues Leben als Expat-Frau in Istanbul berichtet. Sie ist außerdem Inhaberin der Agentur „Abroad [relocation.interculture.language]“, die Expats und ihre Familien berät.

E-Mail: c.grunewald@xpat-abroad.com

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Fotos: © MasterLu – Fotolia.com, Constance Grundewald-Petschke