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»Ein entscheidender Beitrag gegen den Fachkräftemangel«

Unternehmen, die händeringend qualifiziertes Fachpersonal aus dem Ausland suchen, können zumindest in Sachen Arbeitserlaubnis aufatmen. Dank der neuen EU-Blue-Card hat sich das Verfahren vereinfacht. Marius Tollenaere, Rechtsanwalt bei der auf Aufenthaltsrecht spezialisierten Kanzlei Fragomen, erläutert alle Vorteile.

EXPAT NEWS: Zu welchem Zweck wurde die EU-Blue-Card eingeführt?

Tollenaere: Die Blaue Karte EU ist ein Aufenthaltstitel für ausländische Fachkräfte aus Ländern außerhalb der EU, der zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Sie ist als Instrument gegen den zunehmenden Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt eingeführt worden. Gleichzeitig fördert sie das Erreichen des von der Bundesrepublik erklärten Ziels, sich insgesamt attraktiver für qualifizierte Einwanderer zu machen. Konkret handelt es sich um die Umsetzung der europäischen Hochqualifizierten-Richtlinie als »Blaue Karte EU« in deutsches Recht.

EXPAT NEWS: Für welche Arbeitnehmer kann eine Blue-Card beantragt werden?

Tollenaere: Die ausländischen Arbeitnehmer müssen über einen Hochschulabschluss, über ein konkretes Arbeitsangebot von einem inländischen Arbeitgeber und über ein Mindestgehalt von jährlich 44.800 Euro brutto verfügen. Deutschkenntnisse sind nicht erforderlich. Für Mangelberufe wie IT-Fachkräfte, Ingenieure, Naturwissenschaftler, Mathematiker und Ärzte reicht ein nachweisliches Mindestgehalt von 34.944 Euro aus.

EXPAT NEWS: Welche Vorteile hat die Blue-Card gegenüber anderen Aufenthaltstiteln?

Tollenaere: Für Unternehmen ist die Blaue Karte eine wesentliche Erleichterung bei der Suche nach internationalen Fachkräften. Durch die Festlegung der Erteilungsvoraussetzungen wird das Blaue Karte-Verfahren für potentielle Arbeitgeber besser nachvollziehbar, Prozesszeiten können sicherer eingeplant werden. Dies erleichtert die Entscheidung zur Einstellung einer qualifizierten ausländischen Fachkraft. Unter gewissen Voraussetzungen entfällt zudem die Zustimmungspflicht der Bundesagentur für Arbeit, wodurch Bearbeitungszeit gespart wird. Die Vereinfachung dieses Verfahrens ermöglicht es den mittelständischen Unternehmern, ihre Personallücken zeitnah zu füllen.

Ein weiterer großer Vorteil: Die Ehegatten von Blaue-Karte-Inhabern müssen vor der Einreise keine deutschen Sprachkenntnisse nachweisen und erhalten von Anfang an vollen Arbeitsmarktzugang. Dies dürfte es Unternehmen erleichtern, ausländische Fachkräfte zu rekrutieren.

EXPAT NEWS: Gelten die Regelungen der Karte auch EU-weit?

Tollenaere: Nein, die Blue-Card ist keine europaweit gültige Arbeitserlaubnis. Vielmehr ist mit ihr die Arbeit nur bei einem Arbeitgeber im Ausstellerstaat gestattet. Der europarechtliche Hintergrund stellt nur sicher, dass jedes Land eine Blaue Karte für sein Territorium bereithält und die Erteilungsvoraussetzungen vergleichbar sind. Vorteile gegen- über den normalen Aufenthaltstiteln erhalten die Blaue-Karte-Inhaber aber trotzdem. Bei der Weiterwanderung in andere EU-Mitgliedstaaten beispielsweise wird ihnen nach 18-monatigem Vorbesitz einer Blue Card des Erstlandes die Visumspflicht erlassen. Zusätzlich fällt die Ansammlung von Aufenthaltszeiten für den Erwerb eines unbefristeten Aufenthaltstitels leichter.

EXPAT NEWS: Wo kann die Blue-Card beantragt werden und welche Schritte sind konkret erforderlich?

Tollenaere: Die Blaue Karte EU wird von derjenigen Ausländerbehörde erteilt, die für den späteren Wohnsitz der Fachkraft in Deutschland zuständig ist. Sofern die Person aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit der Visumpflicht unterliegt, ist der Antrag bei der deutschen Auslandsvertretung im Wohnsitzstaat der Person zu stellen. Die Auslandsvertretung wird das Verfahren dann an die Ausländerbehörde des beabsichtigten Wohnortes zur Prüfung und Zustimmung weiterleiten.

EXPAT NEWS: Welche Dokumente müssen Bewerber vorlegen?

Tollenaere: Bei der Ausländerbehörde oder der deutschen Auslandsvertretung müssen sie den Reisepass, einen Lebenslauf und das Universitätszeugnis einreichen. Sofern Familienangehörige mit einreisen, sind des Weiteren die Heiratsurkunde, die Geburtsurkunden der Kinder und die Reisepässe und Krankenversicherungsnachweise für alle Familienangehörigen vorzulegen. Darüber hinaus muss grundsätzlich seitens des zukünftigen Arbeitgebers eine Bestätigung über eine konkrete Stellenzusage mit Gehaltsangabe oder eine Kopie des Arbeitsvertrages sowie eine Stellenbeschreibung vorgelegt werden. Personalverantwortliche sollten darauf achten, dass die Gehaltsangabe unmissverständlich ist, um der Behörde die zügige Überprüfung der für die Blaue Karte einzuhaltenden Mindestgehälter zu ermöglichen. Des Weiteren kann der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass der Krankenversicherungsschutz auch schon vor der Beginn des Arbeitsverhältnisses hinreichend dokumentiert ist.

Nach Einreise erhält die Person dann von der Ausländerbehörde eine Blaue Karte in Kreditkartenformat. Bei Ausländern, die nicht der Visumpflicht unterliegen (z.B. US-Amerikaner oder Südkoreaner), können die Antragsunterlagen in der Regel vor der visumfreien Einreise bei der für den späteren Wohnsitz zuständigen Ausländerbehörde eingereicht werden. Sobald zugestimmt wird, kann die visumfreie Fachkraft einreisen und nach Vorsprache bei der Ausländerbehörde in der Regel sofort die Arbeit aufnehmen.

EXPAT NEWS: Welche Konsequenzen drohen, wenn ausländische Mitarbeiter nicht den korrekten Aufenthaltstitel haben?

Tollenaere: Sowohl der Mitarbeiter als auch sein Arbeitgeber haben mit ordnungs- oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht oder Visabestimmungen können zu Ausweisung des Mitarbeiters und Wiedereinreisesperre gegen ihn führen. Die unerlaubte Beschäftigung eines Ausländers kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro belegt werden und zu einem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen führen. Wer Mitarbeiter dazu anleitet, mit nicht korrekten Visa einzureisen oder mit nicht korrekten Aufenthaltstiteln zu arbeiten, kann sich der Einschleusung von Ausländern strafbar machen.

EXPAT NEWS: Wird Deutschland sich Ihrer Einschätzung nach in den kommenden Jahren zu einem Einwanderungsland entwickeln?

Tollenaere: Die Blaue Karte EU bedeutet für Deutschland eine Attraktivitätssteigerung für einwanderungswillige ausländische Fachkräfte. Damit kann ein entscheidender Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs geleistet und so die Leistungsfähigkeit des Standorts Deutschland abgesichert werden. Deutschland möchte weiterhin eine Forschungs-, Innovations- und Erfindernation bleiben. Der zahlenmäßig knappe Nachwuchs in Deutschland braucht selbst bei bester Ausbildung Unterstützung aus dem Ausland, um die deutsche Wirtschaft nachhaltig zu stabilisieren. Ein offen, flexibel und nachvollziehbar gestaltetes Einwanderungssystem wird dabei helfen, die vielen dafür erforderlichen Talente weltweit anzuziehen.

 

ÜBER FRAGOMEN:
•    Fragomen Global LLP ist eine international agierende Rechtsanwaltskanzlei, spezialisiert auf den Einsatz von ausländischen Fach- und Führungskräften weltweit. 1951 in New York City, USA gegründet, beschäftigt Fragomen heute fast 2.000 Mit- arbeiter, verteilt auf 39 Niederlassungen in 15 Ländern und bietet Rechtsberatung im Zuwanderungsrecht von über 170 Ländern an.
•    Die deutsche Niederlassung in Frankfurt am Main besteht aus über 40 Rechtsanwälten und Beratern, die im deutschen und US-amerikanischen Zuwanderungsrecht Mandanten beraten und vertreten sowie die Entsendung von Arbeitnehmern und Führungskräften aus Deutschland heraus in 170 Länder koordinieren.

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