Skip to main content
Ad

Pulverschnee bei den Phöniziern

Für den Geschäftsreisenden hat Beirut weit mehr zu bieten, als die Mehrzahl arabischer Hauptstädte. Fast könnte man die Geschäfte hier vergessen, würden sich nicht oft bei ein paar Drinks die besten Deals entwickeln.Lange Zeit galt Beirut als das Paris des östlichen Mittelmeers. High Society, Schickimicki, stilvolle Architektur und eine freizügige Stadt der Liebe. In den 1990ern wurde dann aber Richtung Hongkong abgelegt: Glastürme und Big Business sollten her. Die Baugesellschaft Solidere des 2005 ermordeten Ministerpräsidenten Rafiq Hariri baute in einem Hauruckverfahren die vom 15-jährigen Bürgerkrieg verwüstete Innenstadt wieder auf. Zahlreiche historische Gebäude mussten weichen; Investoren sollten her.

Heute ist es die Stadt der Gegensätze: Hier ein bisschen Hongkong und dort etwas Paris, Überbleibsel gewaltsamer Vergangenheit sowie der Blick in die Zukunft; zerstrittene politische Blöcke neben grenzenlos religiöser und kultureller Vielfalt.

Beirut war und ist immer noch eine Stadt der Extreme. Häuser mit 20 Jahre alten Einschusslöchern stehen neben Nobel-Boutiquen. Die Ferraris der Touristen aus den Golfstaaten parken in Downtown neben dem 40 Jahre alten Mercedes abgehalfterter Taxifahrer. Während die einen Immobilienpreise diskutieren und über den Kauf einer Drittwohnung im Küstenviertel Raouche nachdenken, klagen die Anderen über die stetig steigenden Benzinpreise. Der Liter kostet mittlerweile fast einen Euro; Preise, die sich für Beiruter Taxifahrer als existenzgefährdend erweisen.

Die Stadt der Extreme

Von der Innenstadt nach Raouche ist ein Taxi je nach Verhandlungsgeschick und Ortskenntnis übrigens ab 7 bis 10 US-Dollar zu haben. Dort angekommen fallen dem Besucher gleich die so genannten Taubenfelsen ins Auge, eines der Wahrzeichen Westbeiruts. Am besten genießt man die Aussicht bei einem Essen im Bay Rock oder im Petit Café. Zum empfehlen sind hier – wie überall in Beirut – die libanesischen Vorspeisen, »Mezze« genannt. In aller Regel reicht die Auswahl von Kichererbsenpüree (Hommos), Petersiliensalat (Tabule) bis Würstchen (Sujuk) und frittierten Fleischbällchen (Kibbe). Wer danach noch nicht übersättigt ist, erwartet ein Hauptgericht von gegrilltem Fleisch. Die Kosten für ein reichhaltiges Mahl liegen bei 20 US-Dollar pro Person, die lokalen Weine sollten bei einem Restaurantbesuch auf keinen Fall fehlen.

Wer danach von der Aussicht noch nicht genug hat, sollte am besten im Mövenpick unterkommen, das sich unweit südlich der Taubenfelsen anschließt. Großzügige Poolanlagen und Einkaufsmöglichkeiten schaffen eine Welt für sich. Das Mövenpick bezeichnet sich selbst als einziges Hotel in Beirut, welches Business und Freizeit perfekt verbindet: die 292 Zimmer bieten den Gästen alles, was sie erwarten. Spezielle Angebote wie das »Business and Bundle of Benefits« verdeutlicht dies: eine Kombination aus schneller Internetverbindnung auf den luxuriösen Zimmern mit Meerblick, tägliches Frühstücksbuffet, die freie Nutzung der Konferenzräume sowie der Business-Lounge, Citynähe zu Geschäftsmeetings wie Sport und Wellness sowie das späte Auschecken um sechs Uhr abends, Preise ab 376 US-Dollar (exklusive Steuern und Servicegebühr).

Wen es hautnah ans wirtschaftliche und politische Zentrum des Zedernstaates zieht, dem ist die Unterkunft im Hotel Phoenicia, direkt am Saint George-Yachtclub gelegen, zu empfehlen. (Preise ab 256 US-Dollar aufwärts, Business Center für Geschäftsreisende frei verfügbar). In den Straßen um die alteingesessene Nobelherberge erzählen Gebäude und Denkmäler Kapitel dunkler libanesischer Geschichte. Im Rücken des Phöniziergebäudes steht die Ruine des alten Holiday Inn Hotels. Sie fungiert immer noch als Mahnmal für den 15-jährigen Bürgerkrieg der zwischen 1975 und 1990 im Land wütete. Zentral gelegen, mit Blick auf den West- und Ostteil der Stadt war das Holiday Inn begehrter strategischer Stützpunkt für alle Milizenführer und Invasions-Armeen. Yassir Arafat saß hier, bis ihn die israelische Armee 1982 aus Beirut vertrieb. Heute residiert im Holiday Inn die libanesische Armee.

Die Zeiten sind zum Glück für den Libanon ruhiger geworden. Vollkommen stabil ist das Land jedoch nicht. Daran erinnert nicht zuletzt ein Denkmal keine fünfzig Meter vom Phoenicia entfernt. Hier ist die Stelle, an der Rafiq Hariri, der ehemalige libanesischen Ministerpräsident 2005 mit einer gewaltigen Bombe ermordet wurde. Das Ereignis löste die so genannte Zedernrevolution aus, die zum Abzug der syrischen Besatzungstruppen aus dem Libanon führte.

Libanesen lassen sich nicht die Laune verderben

Von den schwarzen Flecken in ihrer Geschichte lassen sich die Libanesen jedoch nicht die Laune verderben. Abends und am Wochenende werden die Blockaden und Fallstricke libanesischer Politik gerne verdrängt. Entsprechend hat sich eine einzigartige Kneipen- und Clubszene von Weltmaßstab entwickelt, die für jeden Geschäftsreisenden ein absolutes Muss ist.

So muss in Beirut nach einem erfolgreichen Geschäftstermin der Absacker nicht in einer langweiligen Hotelbar getrunken werden. Das pulsierende Nachtleben lockt. Ganz oben steht die Skybar.

Zum Club des Jahres 2008 gewählt, verstrahlt die Skybar eine geradezu mythische Aura der Exklusivität in Beirut. Ein Tisch in dem Club auf dem Biel-Pavillon in Downtown muss wochenlang vorher reserviert werden. Eine rauschende Party kostet schnell hunderte US-Dollar. »Ich kenne jemanden, der jede Woche einen Tisch in der Skybar reserviert hat«, ist ein Satz, den man regelmäßig aus den Mündern der Beiruter Mittelklasse hört.

Ebenfalls auf einem Dach in Downtown aber nicht ganz so sagenumwoben ist das White. Ort ist der Sitz der größten libanesischen Tageszeitung An-Nahar, direkt angrenzend an den Märtyrerplatz. Von hier aus hat man einen einzigartigen Blick auf das Mittelmeer sowie auf das angrenzende Libanongebirge.

Wer es nicht »weiß«, sondern eher dunkel mag, für den ist das BO18 ein Muss. Von Downtown geht es den Highway in den Osten Beiruts. Auf den ersten Blick ist das »Be over 18« gar nicht zu erkennen. Jeder Beiruter Taxifahrer sollte jedoch in der Lage sein, seinen Gast für 6-10 US-Dollar sicher vor dem Eingang abzuliefern. Vorbei an den kritischen Augen des Türstehers geht es eine lange Treppe runter in den Beiruter Untergrund: Der Club befindet sich vollständig unterhalb der Erde. Weißes Licht und schwarze Einrichtung geben dem Ort ein einzigartiges Ambiente. Bei Drinks und Cocktails ab 10 US-Dollar lässt sich der Kopf lässig zu lokalem Trance-House nicken. Wenn die Party dann im vollen Gange ist, lässt sich das Highlight des Clubs bestaunen. Mittels hydraulischen Pumpen öffnet sich das Dach über den Feiernden und macht unter dem frenetischen Jubelnden den Blick auf den Sternenhimmel frei.

Wer die Freitagnacht heil überstanden hat und am Samstag seinen Kater auskuriert muss, sollte es etwas langsamer angehen lassen. Trotzdem muss man auf den Bundesliga-Samstagnachmittag auch in Beirut nicht verzichten. Fußball guckt man am besten im Celtic auf der Rue Monot gelegen. Hier reihen sich Pubs im britischen Stil aneinander, Premier League auf allen Kanälen. Als deutscher Gast hat man es mit diesem Angebot zwar schwer, aber wenn man im Celtic den Barkeeper nett fragt, wird ein Fernseher auch mal auf die Bundesliga umgeschaltet. Ton ist zwar nicht garantiert, aber der arabische Kommentator auf dem Kanal Dubai Sport interessiert auch nicht jeden deutschen Gast. Bei einem Bier vom Fass für 5 US-Dollar lässt sich dennoch in uriger Atmosphäre Fußball genießen.

Nach dem Fußball sollte man von der Rue Monot am besten weiter nach Gemmayze laufen. Auf der Gouraud-Street reiht sich eine Kneipe an die andere. Von postmodern hell schick bis gemütlich klein ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Poolbar, Vodka-Tonic und Big Business

Man sollte seine Freizeit im Libanon aber nicht ausschließlich mit Feiern verbringen, denn das Land wartet mit zahlreichen Freizeitaktivitäten auf. Die Badesaison reicht von Mai bis Oktober. Sonntagmittags trudelt dann das Volk tröpfchenweise in den Strandclubs der libanesischen Mittelmeerküste ein. Ein Kater lässt sich am besten in der Sonne mit einem Cocktail auskurieren. Nördlich von Beirut reihen sich die Strandclubs aneinander. Bis Byblos, dem malerischen antiken Touristennest, gibt es keine öffentlich zugänglichen Strände.

Für das Badevergnügen muss der Gast zwischen 6 und 22 US-Dollar ausgeben. Je nach Location bekommt man dafür aber auch viel zu bieten. Von Livebands im Bonita Bay, südlich von Batroun bis zu den Poolanlagen des exklusiven Edde Sands. Wer jedoch das Verkehrschaos zwischen Beirut und Jounieh vermeiden will, der sollte zu den Stränden südlich der libanesischen Hauptstadt aufbrechen. Durch die Bananenplantage der Bucht von Damour geht es zum La Suite Oceana. Dort  ist der richtige Ort für die Gäste, die den Sonntagnachmittag zur Partyzeit erklärt haben. Fast jeden Sonntag sitzt hier Jean-Paul am Pool. »Ich hab schon wichtige Deals hier im Pool abgemacht«, erzählt der 33-Jährige. Der Banker feiert zu Housebeats und trinkt Vodka-Tonic an der Poolbar. Begrünte Erdwälle verstellen den Blick auf die im Libanon leider all zu häufig mit Bauruinen verschandelte Landschaft.

Aber der Libanon hat nicht nur Salzwasser und Strand zu bieten. Libanesen lieben es, ihren ausländischen Gästen von der Kombination von Skifahren im Gebirge und Schwimmen im Meer an einem Tag vorzuschwärmen. Rein praktisch ist dies zwar nur wenige Wochen im Jahr möglich, dennoch verdeutlicht es die atemberaubende Topographie des Libanons. Direkt an der Mittelmeerküste türmen sich mit dem 3083 Meter hohen Qornet Saouda und dem 2628 Meter hohen Sannine steile Gipfel auf. Dies verschafft den Beirutern ein Skigebiet in ihrer direkten Umgebung. In weniger als eineinhalb Stunden fährt man von der Innenstadt bis Faraya. Die Lifts, die Schneedecke und die Präparation der Pisten sind zwar nicht mit Sankt Moritz zu vergleichen, das Preisleistungsverhältnis aber auch nicht.

Foto: © ramzi hachicho – Fotolia.com

Quelle: zenith BusinessReport