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„Das Erfolgsrezept ist es, die Regeln der Gastfamilie anzunehmen“

Isa Rechenberg war bis vor Kurzem für sieben Monate als Granny Au-pair im Malaysia tätig. Dort unterstützte sie eine südafrikanische Mutter und deren achtjährigen Sohn. Der deutsche Vater arbeitete während dieser Zeit in China. In unserem Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen als großmütterliches Au-pair.

EXPAT NEWS: Wie kamen Sie auf die Idee, in Ihrem Alter als Au-pair ins weit entfernte Ausland zu gehen?

Rechenberg: Ich war schon immer neugierig auf fremde Länder und Sprachen. Da ich in der ehemaligen DDR geboren wurde, war es mir damals nicht möglich, Auslandsreisen zu unternehmen. Damit habe ich erst nach dem Mauerfall begonnen. Ich fing an, privat viel zu verreisen und war auch beruflich häufig im Ausland unterwegs. So hatte ich während meiner Tätigkeit, den Standaufbau für Firmen auf internationalen Messen zu organisieren, die Möglichkeit, unter anderem Hong Kong, Singapur, Peking, Südafrika und New York kennenzulernen. Ich erfuhr bereits vor mehreren Jahren von der Agentur Granny Aupair und war von dieser Idee begeistert und sie ließ mich nie richtig los. Als ich meine selbständige Tätigkeit reduzierte, meldete ich mich schließlich dort an, um einen Jugendtraum zu verwirklichen.

EXPAT NEWS:  Normalerweise verbindet man Au-pairs mit jungen Frauen, die beispielsweise nach der Schule einen Auslandsaufenthalt planen. Frau Rechenberg, dürfen wir Sie nach Ihrem Alter fragen?

Rechenberg:  Ich bin 61 Jahre alt. Und ich habe vor Ort eine deutsche Granny kennengelernt, die bereits über 70 Jahre alt war.

EXPAT NEWS:  Warum wollten Sie gerade zu diesem Zeitpunkt ins Ausland und was reizte Sie an Malaysia?

Rechenberg:  Ich wollte gerne dem kalten Winter entfliehen, also musste es in den Wintermonaten in ein warmes Land gehen. Und englischsprachig sollte es sein. Dass es dann Malaysia wurde, war reiner Zufall. Es standen mehrere Familien in verschiedenen Ländern zur Auswahl, aber „meine“ Familie hat zu Beginn der Kontaktaufnahme sehr intensiv mit mir kommuniziert und bereits vorab viele Fragen geklärt. Auch wollte sie bereits frühzeitig alles unter Dach und Fach haben, wodurch ich die Sicherheit erhielt, dass es wirklich losgehen würde.

EXPAT NEWS: Was waren Ihre Aufgaben vor Ort?

Rechenberg:  Vor meiner Anreise erhielt ich von der Mutter eine Art „Anforderungskatalog“ mit allem, was zu beachten ist. Auf diese Art wusste ich schon einmal ungefähr, worauf ich mich einließ. Ich kümmerte mich nachmittags um den achtjährigen Sohn und den Haushalt und hatte vormittags frei. Die Betreuung ging bis 18/19 Uhr und bestand aus den üblichen Dingen wie Hausaufgaben kontrollieren, spielen, einkaufen und manchmal auch kochen. In „meinem“ Haushalt gab es strikte Rituale und Regeln, die ich persönlich als positiv empfand, weil ich dadurch meine Freizeit gut durchorganisieren konnte und selten spontan einspringen musste.

© aapsky – Fotolia.com

EXPAT NEWS:  Hatten Sie in Ihrer Familie vor Ort beziehungsweise Ihrem Haushalt Besonderheiten zu beachten (z.B. Organisatorisches, interkulturelle Besonderheiten der multikulturellen Familie)?

Rechenberg:  Die Familie, bei der ich lebte, war schon immer häufig auf Reisen und hatte bereits in vielen Ländern gelebt und außerdem viele Erfahrungen mit unterschiedlichen Au-pairs gemacht. Sie Sie ist dadurch sehr kosmopolitisch eingestellt, ich kam sehr gut mit ihnen zurecht. Eigentlich wollte ich ursprünglich nur drei Monate bleiben, aber weil alles so gut für beide Seiten funktioniert hat, verlängerte ich meinen Aufenthalt. Ich stellte fest, dass es bei einer solchen Aufgabe sehr wichtig ist, sich unterzuordnen. Man muss sich immer bewusst machen, dass man zwar momentan dort lebt, aber ja doch nur ein Gast ist und die Regeln des Haushaltes annehmen muss. Es ist nicht das eigene Zuhause. Sich nicht einmischen – es sei denn man wird nach der eigenen Meinung gefragt sondern den Alltag begleiten, das war mein Erfolgsrezept.

Mir persönlich hat der straff durchorganisierte Tagesablauf sehr zugesagt, konnte ich doch dadurch meinem Auslandsaufenthalt mit vielen Aktivitäten bereichern. Dies war jedoch nicht dem kulturellen Hintergrund der Mutter geschuldet, sondern vielmehr ein rein persönlicher Charakterzug.

EXPAT NEWS:  Was waren Ihre schönsten und was Ihre schwierigsten Momente?

Rechenberg:  Zu den schönsten Momenten zählten sicherlich – neben der netten Familie – die ganzen Eindrücke des Landes, die ich neben meinen Aufgaben erfahren habe. Ich habe sehr viele nette Menschen kennengelernt und auch echte Freundschaften geschlossen, beispielsweise mit Menschen der indischen und chinesischen Community. Ich bin einmal in der Woche selber zur Schule gegangen und habe Chinesisch gelernt, war auf Biking-Touren und habe meine freie Zeit maximal ausgenutzt, um möglichst viel von dem Land kennen zu lernen.

Aufgrund des tollen Verhältnisses zu meinen Gastgebern konnte mich auch mein Mann während der Abwesenheit der Familie zu Weihnachten besuchen.

Schwierige Momente gab es natürlich auch. Was jederzeit passieren kann, war auch in meinem Fall geschehen: Das Kind wurde krank und musste ins Krankenhaus. In Malaysia ist es so, dass die Familie sich selber um die Kranken im Hospital kümmert, so dass die Mutter nachts und ich tagsüber den Sohn versorgte. Auch nach dem Krankenhausaufenthalt konnte der Junge nicht sofort wieder in die Schule, so dass meine Freizeit währenddessen sehr eingeschränkt war.

Viel Schlimmer war jedoch die Situation, als die Mutter für eine Woche nach Südafrika musste. Genau zu diesem ungünstigen Zeitpunkt geschah es, dass der Boiler im Bad explodierte und es Schäden in der Wohnung gab. Ich musste sofort reagieren, damit das Wasser nicht alles überflutete, ohne Ahnung davon zu haben, wie man ein solches Desaster in Malaysia regelt. Zum Glück gibt es dort in den Häusern Sicherheitspersonal, die sofort den Haupthahn zudrehen konnten. Danach musste ich mich um alles Weitere kümmern: Schadensbeseitigung, Reparaturen, Handwerker und so weiter. Die Mutter habe ich erst einen Tag vor ihrer Rückkehr informiert, um sie nicht zu beunruhigen. Zum Glück konnte ich alles organisieren und die Mutter war sehr dankbar für meine Hilfe.

EXPAT NEWS:  Worin bestehen Ihrer Meinung nach für die betreuten Familien die größten Unterschiede zwischen einem noch jugendlichen Au-pair und einer Granny-Au-pair?

Rechenberg:  Die Lebenserfahrung einer Granny hilft oftmals, mit schwierigen, nicht vorhersehbaren Situationen zurechtzukommen. Die Gelassenheit, die man mit fortgeschrittenem Alter mitbringt, ermöglicht andere Blickwinkel und man kann sich mehr zurücknehmen. In ganz jungen Jahren hätte mich sicherlich die Situation mit dem Boiler eher in Panik versetzt. Und die Interessen sind oftmals ganz andere, so dass die Freizeitgestaltung anders ausfällt als bei jungen Au-pairs. Auch hilft natürlich wie in meinem Fall, dass ich selber bereits Oma bin.

EXPAT NEWS:  Wem würden Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen zu solch einem Projekt raten und wem eher nicht?

Rechenberg:  Man sollte auf jeden Fall Rückhalt von Zuhause haben. Wenn die eigene Familie nicht hinter dem Aufenthalt steht, ist eine beruhigte Abreise schwer möglich. Denn die Sorgen der anderen nimmt man mit.

Man sollte offen für Neues sein, sich gut in Fremdes einfügen können und kompromissbereit sein. Selbständigkeit ist eine wichtige Voraussetzung, denn nur so kann man sich in einem fremden Land gut zurechtfinden. Und vor allem die älteren Menschen sollten körperlich fit sein. Haushalt, kleine Kinder und – je nach Land – heißes oder feuchtes Klima können anstrengend und belastend sein.

EXPAT NEWS:  Könnten Sie sich vorstellen, noch einmal längere Zeit im Ausland zu verbringen und wenn ja, haben Sie konkrete Vorstellungen?

Rechenberg:  Alleine schon aufgrund unseres kalten, unstabilen Wetters kann ich mir einen weiteren Auslandsaufenthalt gut vorstellen. Auch den Job als Granny würde ich gerne nochmal ausüben, denn auf diese Art hat kann man eine sinnvolle Aufgabe mit dem Reisen verbinden. Die Mischung aus dieser Tätigkeit, Sightseeing und Freizeit hält meiner Meinung nach fit und jung.

 

Blog „Als Granny in Kuala Lumpur“:

Hier schilderte Isa Rechenberg während ihres Aufenthaltes in Kuala Lumpur ihre gesammelten Eindrücke und Erfahrungen.

https://grannyinkl.wordpress.com/

 

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Über Granny Aupair:

Granny Aupair vermittelt als Online-Portal seit über sieben Jahren lebenserfahrene Frauen als Leih-Oma ins Ausland. Persönliche Beratung und Sicherheit stehen bei der Vermittlung an oberster Stelle. Ergänzt wird das Programm durch „Granny als Nanny“, die Vermittlung von Leih-Omas in der Nachbarschaft innerhalb Deutschlands.

Kontakt:
Michaela Hansen (Gründerin)
info@granny-aupair.com
Telefon: +49 (0) 40 87 97 61 40
https://www.granny-aupair.com

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