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Pendelndes Flugpersonal: Im Arbeitsvertrag festgelegter Flughafen ist erste Tätigkeitsstätte

Fahrten vom Wohnort zu Flughafen dürfen Piloten und Flugbegleiter nur noch mit einer Entfernungspauschale und nicht als Dienstreise von der Steuer absetzen. So lautet das Urteil des Finanzgerichts Hessen (Az. 1 K 1824/15) im Fall einer Klage, die ein Pilot und eine Flugbegleiterin eingereicht hatten.

Das Ehepaar hatte seine Arbeitsfahrten als Dienstreise beim Finanzamt deklariert und dies damit begründet, dass sie an den jeweiligen zugewiesenen Flughäfen eine Auswärtstätigkeit ausüben würden. Laut Vertrag hatte der Arbeitgeber der beiden auch das Recht, diese auf anderen Flugmustern oder an einem anderen Ort einzusetzen sowie mit Aufgaben an einem anderen Ort im In- und Ausland zu betrauen. Deshalb machten sie die Fahrtaufwendungen für die Fahrten von der Wohnung zu dem im Arbeitsvertrag genannten Flughafen in tatsächlicher Höhe nach Reisekostengrundsätzen geltend. Dabei beriefen sie sich auf ihre Auswärtstätigkeit und darauf, dass Flugzeuge keine Tätigkeitsstätten im Sinne des Einkommensteuergesetzes seien. Zudem hätten sie ihre Arbeit auch von anderen Flughäfen aus aufgenommen.

Flughafen war als Tätigkeitsstätte zugeordnet

Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrten zum Flughafen dagegen nur mit der Entfernungspauschale, also pauschal mit 30 Cent pro Entfernungskilometer. Dagegen wollten Pilot und Flugbegleiterin vorgehen. Allerdings gab das Finanzgericht dem Finanzamt Recht. Begründung: Der im jeweiligen Arbeitsvertrag genannte Flughafen sei die erste Tätigkeitsstätte beider Kläger gewesen. Denn laut Arbeitsvertrag seien Pilot und Flugbegleiterin diesem Flughafen mangels einer zeitlichen Befristung dauerhaft zugeordnet gewesen. Entscheidend sei dabei allein, dass der Arbeitgeber tatsächlich eine arbeitsvertragliche Zuordnung getroffen habe, unabhängig davon, ob er gesetzlich zur Zuweisung eines Arbeitsortes verpflichtet gewesen sei oder nicht und wann der Arbeitsvertrag geschlossen worden sei. Der arbeitsvertragliche Vorbehalt, die Kläger jederzeit an einem anderen Ort einsetzen zu können, ändere daran nichts.

Für Fahrt zum Flughafen gilt nur Entfernungspauschale nach EStG

Zudem handelt es sich bei einem Flughafen durchaus um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung. Schließlich hätten beide Kläger am Flughafen ihre eigentliche Berufstätigkeit auch in einem hinreichenden Umfang ausgeübt. Indizien dafür sind die vorliegenden Flugstunden die sowie die von den Klägern am Flughafen besuchten Lehrgänge, Bürotätigkeiten, Gesundheitsprüfungen, Bereitschaftsdienste und das Simulatortraining.

Fahrten von der Wohnung zum Flughafen seien im Streitfall daher nur nach der seit dem 1. Januar 2014 geltenden Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) im Wege der Entfernungspauschale und nicht nach Reisekostengrundsätzen anzusetzen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun das letzte Wort (Az. des BFH: VI R 17/17).

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Hintergrund:

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 (BGBl I 2013, 285) sind Werbungskosten ab dem 1. Januar 2014 auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wegezwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 der Vorschrift.

Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen. Damit sind pauschal Hin- und Rückfahrt abgegolten.

Demgegenüber sind Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind, mit den tatsächlichen Aufwendungen oder mit pauschalen Kilometersätzen nach dem Bundesreisekostengesetz anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Sätze 1 und 2 EStG). Nach § 9 Abs. 4 EStG ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (Satz 1). Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt (Satz 2).

Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll (Satz 3). Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich (Satz 4 Nr. 1) oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (Satz 4 Nr. 2).

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