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Reiseveranstalter dürfen nicht beliebig hohe Vorauszahlung verlangen

Der Reiseveranstalter TUI darf für Pauschalreisen keine Anzahlung in Höhe von 40 Prozent des Reisepreises verlangen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) entschieden (Az. 11 U 279/12).

„Das Urteil stellt klar, dass Reiseanbieter die Höhe der Anzahlung nicht beliebig festlegen können. Verbraucher müssen nur so viel anzahlen, wie der Anbieter tatsächlich an Vorauszahlungen etwa für Flug oder Hotel aufwenden muss“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv.

Reiseveranstalter darf nicht mehr verlangen als an Vorleistungen fällig ist

Im vorliegenden Fall sollten Kunden bei mehreren TUI-Marken 40 Prozent des Reisepreises sofort nach der Buchung bezahlen. Das OLG Celle hatte bereits 2013 entschieden, dass eine derart hohe Anzahlung die Kunden unangemessen benachteiligt und deshalb unzulässig ist. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil jedoch teilweise aufgehoben: Eine Anzahlung von mehr als 20 Prozent des Reisepreises könne ausnahmsweise zulässig sein, wenn das Unternehmen selbst entsprechend hohe Vorleistungen erbringe. Das OLG Celle musste daher erneut über den Fall verhandeln und prüfen, ob TUI für die betroffenen Reisen tatsächlich Vorleistungen von mindestens 40 Prozent erbringt.

Vermittlungsprovision zählt nicht zu den Vorleistungen

An der hohen Anzahlungspauschale hielt TUI während des Verfahrens nur noch für Reisen seiner beiden Marken „X 1-2-Fly“ und „XTUI“ fest. Was der Reiseveranstalter berechnete, erkannten die Richter aber nicht an. Die vermeintlichen Vorleistungen überschritten nur deshalb 40 Prozent des Reisepreises, weil das Unternehmen die an Reisebüros gezahlten Vermittlungsprovisionen einrechnete. Die Richter stellten klar: Zu den Vorleistungen gehören nur Aufwendungen für konkrete Reiseleistungen. Das sind zum Beispiel Vorauszahlungen an Fluggesellschaften oder Hotelbetreiber, nicht aber Vertriebs- oder allgemeine Betriebskosten.

Vorleistungen müssen für die einzelnen Reisearten repräsentativ sein

Die Richter monierten außerdem, dass die TUI-Berechnungen längst nicht für alle betroffenen Reisen der beiden Marken repräsentativ seien. Aus den Zahlen des Reiseveranstalters ging hervor, dass der Löwenanteil der Vorleistungen auf Zahlungen an Fluggesellschaften entfiel. Doch für elf Prozent der Flüge fielen im Geschäftsjahr 2014/2015 gar keine Vorauszahlungen an. In mehr als 14.000 Fällen erbrachte der Veranstalter laut Gericht daher nur Vorleistungen von neun Prozent des Reisepreises. Trotzdem mussten die Kunden 40 Prozent anzahlen. Die Richter sahen darin eine erhebliche und nicht zu rechtfertigende Mehrbelastung. Ein Veranstalter dürfe sich bei der Kalkulation der Anzahlungspauschale nicht auf Durchschnittszahlen berufen, die für einen erheblichen Teil der Reisenden nicht zutreffen.

Im Ergebnis hielt das Oberlandesgericht Celle an seinem Urteil von 2013 fest und gab der Klage des vzbv in vollem Umfang statt. Ursprünglich hatte TUI für Pauschalreisen von sechs seiner Marken eine Anzahlung von 40 Prozent des Reisepreises gefordert, außerdem für „Top-Angebote“, „Specials“, „Sparreisen“ sowie Ticket-Pakete unter dem Namen „Musicals und Shows“.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.