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Perser sind keine Araber

Wer beruflich mit Menschen aus anderen Kulturen zu tun hat, sollte sich darauf einstellen. Respekt, Wertschätzung und das Wissen um alltägliche Gepflogenheiten sind unerlässlich, um Geschäfte zu machen. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter darauf vorbereiten.

Gute Produkte, innovative Technologien und perfekter Service sind das eine, oft aber entscheiden verständnisvoller Umgang und Einfühlungsvermögen über eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf internationalem Parkett. Gerade für deutsche Firmen sind internationale Wirtschaftsbeziehungen wichtig.

In vielen Ländern werden die Deutschen immer noch für ihre Qualität und Zuverlässigkeit geschätzt. Deutsche Organisationen sind an Großprojekten wie Desertec in der Sahara, Airbus-Lieferungen an die arabische Fluglinie Emirates oder beim Bau der „Öko-Stadt“ Masdar City am Golf beteiligt. Deutsche tätigen Investitionen in allen Branchen, von chemischer Industrie über Automobilindustrie bis hin zum Anlagen- und Maschinenbau. Hier engagieren sich nicht nur Großkonzerne, sondern auch mittelständische Unternehmen. Für den Export von Waren gilt: Beziehungen müssen gepflegt werden – das öffnet die Märkte.

Große interkulturelle Unterschiede

Araber und Asiaten, Europäer und Amerikaner – geografische Einheiten weisen regionale Besonderheiten und Unterschiede aufgrund kultureller Prägungen auf. Auch innerhalb einzelner Gebiete muss unbedingt differenziert werden.

Bei Kooperationen mit dem Ausland ist gegenseitige Rücksichtnahme gefragt. Wissen über kulturelle Unterschiede, gesellschaftliche Entwicklungen und Tabus können Wirtschaftsbeziehungen nur bereichern. Den Grundstein für eine langfristige Zusammenarbeit legen Geschäftspartner, wenn sie ihrem Gegenüber offen und sensibel gegenübertreten. Auch ehrliches Interesse an länderspezifischen Eigenheiten oder regionalen Berühmtheiten hilft bei Geschäftlichem weiter.

Hinweis

Die arabischen Staaten lassen sich in drei Regionen mit je eigenen Merkmalen einteilen: Zum Maghreb gehören Algerien, Mauretanien, Marokko, Libyen und Tunesien. Zum Nahen Osten zählen Ägypten, Jordanien, Irak, Libanon, Palästina und Syrien. Die Staaten, die am Persischen Golf liegen, gehören zu den Golfstaaten. Diese sind Bahrain, Katar, Kuweit, Jemen, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate.

Gerade die alltäglichen Gepflogenheiten und Verhaltensweisen machen sichtbar, wie ernst es der Partner meint mit Respekt, Anerkennung und Wertschätzung des Kollegen aus einem anderen Kulturraum. Oft liegen große Unterschiede zwischen arabischem und europäischem Raum da, wo sie nicht vermutet werden. Es hilft, diese zu kennen, damit Missverständnisse auf beiden Seiten gar nicht erst entstehen:

  • Persönliche Beziehung aufbauen: Stellen Sie den Erstkontakt nicht über Schriftverkehr oder Telefonat, sondern durch persönlichen Kontakt her. Pflegen Sie Geschäftsbeziehungen, indem Sie Kontakt halten und Interesse zeigen.
  • Gastgeschenk mit persönlichem Bezug mitbringen und immer dem Herrn des Hauses überreichen: Bringen Sie etwas Typisches aus Ihrer Region mit, zu dem Sie eine kleine Rahmengeschichte erzählen können. Zum Beispiel ein Bildband über Ihre Heimatstadt oder einen Oldtimer in Miniatur.
  • Bei Einladung statt Blumen Süßes vor Ort kaufen: Blumen werden meist zu Hochzeiten, Geburten oder Krankenhausbesuchen geschenkt. Auch Süßwaren aus Europa sollten Sie aufgrund des unterschiedlichen Geschmacks für Süßes nicht mitbringen.
  • Fragen nach Gesundheit und Wohlbefinden der Familie sowie gegenseitige Segenswünsche gehören zur Grußformel. Zeigen Sie Interesse und fragen Sie Ihr Gegenüber ebenfalls. Tiefer gehende Antworten sind aber nicht erwünscht.
  • Bei Terminen geduldig und flexibel sein: Während gerade von Deutschen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit erwartet wird, herrscht im arabischen Raum ein anderes Zeitverständnis.

Interkulturelle Kompetenz als Lösung

Durch interkulturelles Wissen entstehen Wertschätzung und ein Bewusstsein für den richtigen Umgang mit Geschäftsleuten aus Katar, Saudi-Arabien oder dem Jemen. Länder der arabischen Welt zeigen neue Marktchancen auf. Insbesondere Deutschland zählt zu den am stärksten exportierenden Nationen der Welt.

Doch setzen viele Unternehmen zu sehr auf spezielle Produktschulungen oder Vertriebstrainings und halten das Lernen von entsprechenden Soft Skills für weniger bedeutsam. Dabei gilt zu beachten, dass in kulturell anders geprägten Regionen und Ländern andere religiöse Feste gefeiert werden und andere Kleiderordnungen oder Verhaltensweisen typisch sind.

Hier schafft interkulturelle Kompetenz Wettbewerbsvorteile, weshalb spezifische Trainings für Führungskräfte, Manager, Projektleiter aber auch Fachkräfte und Studierende unerlässlich sind. Denn wer global agiert, darf nicht annehmen, dass sich überall westliche Richtlinien durchgesetzt haben und Kulturunterschiede immer kleiner werden. Die arabischen Staaten besinnen sich auf ihre eigenen Werte und lassen sich wenig vom Westen beeinflussen. Somit sollten international tätige Unternehmen regelmäßig die interkulturelle Kompetenz ihrer Mitarbeiter schulen.

Interkulturelle Kompetenz lässt sich in vier Kompetenzfelder unterteilen:


Quelle: Jürgen Bolten: Interkultureller Trainingsbedarf aus der Perspektive der Problemerfahrungen entsandter Führungskräfte. In: K.Götz (Hg.), Interkulturelles Lernen. Interkulturelles Training, 2006.

Warum interkulturelles Lernen wichtig ist

Plant oder pflegt eine Firma Handelsbeziehungen im Orient, werden oft Mitarbeiter mit ähnlichen kulturellen Prägungen eingesetzt, da sie die Kultur des Geschäftspaters am besten verstehen. Dabei ist die Auswahl an Arbeitskräften sehr begrenzt oder eine neue Stelle wird für diesen Zweck ausgeschrieben. Es ist nicht nur schwierig, Positionen mit expliziten und außergewöhnlichen Aufgabenstellungen zu besetzten. Es kann auch zu interkulturellen Spannungen und Missverständnissen innerhalb der Abteilung, mit der Geschäftsführung oder mit ausländischen Geschäftspartnern kommen.

Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund treffen im Betriebsalltag immer wieder aufeinander: Der Vertrieb stellt auf einer Messe die neuen Produkte vor, in einem Projekt müssen Aufgaben mit Partnern abgestimmt werden, der Innendienst verhandelt eine Bestellung mit dem Einkäufer. Immer kann es zu Missverständnissen mit weitreichenden Folgen kommen.

Weil einige Unternehmen interkulturelle Trainings für unwichtig und unnötig halten, brechen Umsätze ein oder sie müssen Verhandlungen aufgeben. Firmen, die regelmäßige Schulungen anbieten, sind für neue Mitarbeiter sowohl aus dem Ausland als auch für neue Fachkräfte aus dem Inland attraktiv. Solche Firmen sind als neue oder bewährte Geschäftspartner gerne gesehen, was sie auch wirtschaftlich erfolgreicher macht.

Stichwort

Interkulturelles Training ist nicht mit Diversity-Training gleichzusetzen. In Diversity-Trainings soll für die Unterschiedlichkeit von Menschen sensibilisiert und ein bewusster und produktiver Umgang mit Vielfalt erlernt werden. Grundlage ist die Wertschätzung von verschiedenen Talenten, Denkweisen oder persönlichen Eigenschaften wie zum Beispiel Alter, Geschlecht oder Fähigkeiten.

Ob Sie nun einen Kontakt zum arabischen Geschäftspartner herstellen, einen Termin wahrnehmen oder längere Zeit im Ausland arbeiten – Sie sollten sich auf neue Situationen im Gastgeberland vorbereiten. Dabei reicht ein Blick in den Reiseführer nicht aus.

Themen interkultureller Trainings sind:

  • Länderspezifische Eckdaten:
    politisches System, Herrschaftsstrukturen, religiöse Feste
  • Wesentliche Kulturunterschiede:
    Erzähltradition, Gastfreundschaft, Zeitverständnis
  • Interkulturelle Kommunikation:
    Kommunikationsformen, Formalisierungen
  • Beruflicher Alltag: Kleidung, Terminenvereinbarungen, Small Talk
  • Geschlechtsspezifische Besonderheiten

Ziele interkultureller Trainings sind:

  • Selbstreflexion zur eigenen kulturellen Prägung
  • Sensibilisierung für fremde Kulturen
  • Toleranz gegenüber Menschen aus anderen Kulturen
  • Vermeidung von Missverständnissen
  • Vorbereitung auf konkrete Aufgabenbereiche oder Vorhaben

Gravierende Fehler im Umgang mit Geschäftspartnern können zu Irritationen oder gar Ablehnung führen. Vor allem in der arabischen Welt gibt es für Europäer viele Fettnäpfchen.

Die 10 häufigsten Fettnäpfchen

  1. Während die Begrüßung in Ägypten wenig kompliziert erscheint, ist sie in konservativen arabischen Ländern wie Saudi-Arabien formalisierter. Informieren Sie sich vor Abreise, über die jeweiligen Herrschaftsstrukturen.
  2. Vermeiden Sie islamgrün in der Kleidung. Sie könnten so Ablehnung provozieren.
  3. Fragen Sie bei der Begrüßung nie direkt nach Ehefrau oder Töchter. Ihnen könnten zweifelhafte Absichten unterstellt werden.
  4. Mustern Sie keine in schwarz gehüllten Frauen. Sie könnten es sich mit dem gesamten Clan verscherzen.
  5. Versuchen Sie als Frau keinen Blickkontakt zum männlichen Gesprächspartner aufzunehmen. Er vermeidet dies ebenfalls. Werten Sie dieses Verhalten nicht als Ignoranz.
  6. Lehnen Sie angebotene Getränke bei Empfängen oder Treffen nie ab. Dies kann als Zurückweisung der Gastfreundschaft interpretiert werden.
  7. Nehmen Sie eine Einladung zum Essen nicht sofort an, sondern warten Sie, bis sie ein zweites Mal ausgesprochen wird. Andernfalls signalisieren Sie Maßlosigkeit.
  8. Üben Sie keine Kritik an Hotel oder Verkehrssituation des Gastgeberlands. Das wird als Unhöflichkeit empfunden.
  9. Falls Sie sich in einem der Golfstaaten befinden, sollten Sie nicht vom „persischen Golf“ sprechen. Sagen Sie „arabischer Golf“ – auch wenn erstgenannte Bezeichnung der geografischen entspricht. Befinden Sie sich im Iran, verhält es sich anders. Hier ist der Name „persischer Golf“ angebracht.
  10. In der arabischen Welt spricht man arabisch. Im Iran ist die Amtssprache jedoch persisch beziehungsweise Farsi. Iraner sind Perser und keine Araber. Sie sind stolz auf ihre eigene, ältere und längere Hochkultur und möchten deshalb nicht als Araber bezeichnet werden. Wenn Sie den Unterschied kennen, beeindrucken Sie als Europäer Ihr Gegenüber.

Buchtipp:

Sylvia Ortlieb: Business-Knigge für den Orient. Mit Kulturkompetenz zu wirtschaftlichem Erfolg, 2010

Die Autorin Anette Rößler ist Redakteurin beim Wirtschaftsportal www.business-wissen.de, das Unternehmen Werkzeuge für den Geschäftsalltag an die Hand gibt. Der Artikel „Perser sind keine Araber“ ist in der Rubrik Personalmanagement erschienen.

Foto: © Ljupco Smokovski – Fotolia.com