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Andreas und Silvia Opitz (BDAE Gruppe)

„Wir müssen uns nicht hinter der Konkurrenz verstecken“

Der BDAE wird 20 Jahre alt. Die Expat News-Redaktion nahm dies zum Anlass die Gründer und Geschäftsführer Silvia und Andreas Opitz zur Entstehungsgeschichte, zum Geschäftsmodell und zum Umgang mit dem Wettbewerb zu befragen.

Expat News: Der BDAE feiert 20-jähriges Jubiläum. Mit welchem Ziel wurde er im Dezember 1995 gegründet?

Andreas Opitz: Die Idee den BDAE zu gründen, hatte ich Anfang der 90er Jahre, weil ich selbst beruflich viel im Ausland war und als Einzelperson keine Auslandskrankenversicherung abschließen konnte, die auch den (längerfristigen) beruflichen Aufenthalt im Ausland abdeckte. Weil mir damals kein Versicherer eine Auslandskrankenversicherung als Einzelpolice anbieten konnte und es lediglich Gruppenversicherungstarife für Mitarbeiter international tätiger Firmen gab, schufen meine Geschäftspartnerin und ich mit dem Bund der Auslands-Erwerbstätigen (BDAE) e.V. eine Vereinigung, die aus Versicherersicht eine ernstzunehmende Gruppe darstellte.

Mittlerweile ist aus dem BDAE e.V. eine Unternehmensgruppe geworden, die eigene Versicherungslösungen – von der Auslands-PKV über einen Auslandsrechtsschutz bis hin zur Arbeitslosenversicherung- für Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland entwickelt und vermarktet. Zudem haben wir mit der Leben und Arbeiten im Ausland ein eigenes Beratungsunternehmen, das für Unternehmen wie für Versicherungsberater alle rechtlich relevanten Aspekte einer Auslandsentsendung klärt. Hinzu kommen weitere Dienstleistungen wie Seminare, Schulungen und interkulturelles Training sowie unser erfolgreiches Journal „Leben und Arbeiten im Ausland“ und das Online-Magazin Expat News.

„Wir haben dazu über die Jahre ein Know-how entwickelt, das uns in der Branche zu einem einzigartigen Unternehmen macht.“

Silvia Opitz: Die Aufgaben und Ziele des BDAE haben sich in den vergangenen 20 Jahren übrigens nicht geändert. Wir wollen Menschen mit Sicherheit ins Ausland begleiten. Dazu gehört für uns in erster Linie für diese Zielgruppe einen weltweiten Versicherungsschutz zur Verfügung zu stellen und sie zum Thema Absicherung im Ausland zu beraten. Wenn jemand im Ausland leben und arbeiten möchte, ergeben sich im Versicherungsbereich vielfältige und komplexe Fragen. Das umfasst vor allem die Krankenversicherung, aber auch Bereiche wie die Altersvorsorge, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Wir haben dazu über die Jahre ein Know-how entwickelt, das uns in der Branche zu einem einzigartigen Unternehmen macht.

Expat News: Der BDAE ist kein typisches Versicherungsunternehmen. Wie kann man das Geschäftsmodell konkret beschreiben?

Andreas Opitz: Wir fungieren als so genannter Assekuradeur, das heißt, wir entwickeln in Kooperation mit Partnern aus der Assekuranz eigene Produkte für einen Auslandsaufenthalt. Diese Produkte gibt es ausschließlich bei uns und mit unserem Label, also unter der Marke BDAE. Unsere Versicherungspartner, sind beispielsweise die SwissLife France, Würzburger Versicherung, ARAG und Allianz Global Assistance. Die Beratung zu unseren Versicherungen und die Kundenbetreuung übernehmen unsere Mitarbeiter, auch die Abwicklung von Schäden, also die Erstattung von Gesundheitsleitungen unserer Mitglieder und Kunden im Ausland erfolgt bei uns im Haus. Zudem kooperieren wir mit Maklern und Beratern, die unsere Produkte an die Frau oder den Mann bringen. Diesen Partnern liefern wir nicht nur die Versicherungen und die zugehörige Courtage, sondern auch das Beratungs-Know-how.

Expat News: Welche Versicherungen bieten Sie für das Ausland an?

Silvia Opitz: Wir haben zahlreiche Lösungen sowohl für Privatpersonen als auch für Expatriates – also entsandte Mitarbeiter von international tätigen Unternehmen – entwickelt. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf Auslandskrankenversicherungen für alle denkbaren Gruppen: Expats, Weltreisende, Auswanderer, Rentner oder Studierende. Zusätzlich offerieren wir eine Auslandsrechtsschutzversicherung, eine Unfall- und Haftpflichtpolice und für Entsandte eine Arbeitslosen – sowie Krankentagegeldversicherung.

Expat News: Inwiefern gibt es auf diesem Gebiet für Makler und Unternehmen Beratungsbedarf?

Silvia_OpitzSilvia Opitz: Die wenigsten Berater wissen, dass sich bestehende Sozialversicherungsabkommen häufig nur auf bestimmte Zweige der Sozialversicherung beziehen. Kürzlich ist beispielsweise wieder ein neues Abkommen mit Indien unterzeichnet worden, da geht es nur um die Rentenversicherung. Man will unter anderem vermeiden, dass jemand doppelt in die Rentenversicherung einbezahlt. Aber alles andere, etwa die Kranken- und Pflegeversicherung, ist davon nicht betroffen. So etwas muss ich als Makler, der einen angehenden Expatriate berät, wissen. Entweder recherchiere ich dann lange im Internet und kann doch letztlich viele Informationen, für die ich als Makler hafte, nicht einschätzen oder ich suche einen versierten Partner für diese hin und wieder auftretenden Fragen, der eine Ventillösung anbietet.

Die Personalabteilungen von Unternehmen verfügen sicherlich über ein profunderes Wissen in punkto Sozialversicherung und Steuern bei Auslandsentsendungen, allerdings tappen noch immer viele in Haftungsfallen.

Expat News: Welche sind die häufigsten?

Andreas Opitz: Eines der bekanntesten, aber eben auch abstraktesten Risiken ist die Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Und dies kann sich in allen möglichen Varianten äußern. Ein Mitarbeiter, der nicht über das Entführungsrisiko in einer bestimmten Region Südamerikas aufgeklärt und durch entsprechende Maßnahmen geschützt wurde und deshalb zu Tode kommt, ist ein riesiges Worst-Case-Szenario. Bei Fragen des Aufenthaltsrechtes drohen oft Haftstrafen und Einreiseverbot, wenn das Unternehmen nicht für das richtige Visum gesorgt hat. In einigen Ländern haftet der Geschäftsführer persönlich für die Missachtung der aufenthaltsrechtlichen Anforderungen. Dann haben wir es erlebt, dass ein Unternehmen ehemaligen Mitarbeitern ein Leben lang Invaliditätsrente zahlen muss, weil der Mitarbeiter aus der deutschen Sozialversicherung herausfiel und die Firma keine alternative Absicherung abgeschlossen hatte. Vor einigen Jahren erstritt sich ein Auslandsentsandter, den wir beraten haben, eine halbe Million Euro Schadensersatz, weil sein Arbeitgeber Rentenbeiträge ins „falsche“ System zahlte. Eine solche Liste mit unterschiedlichen Beispielen könnten wir ohne weiteres ins Endlose fortführen.

Silvia Opitz: Eines der häufigsten Missverständnisse besteht bei der Definition einer Auslandsentsendung. Viele Personaler unterscheiden nicht richtig zwischen Dienstreise und Entsendung. Die meisten sind der Meinung, Einsätze bis zu sechs Monaten fallen unter die Dienstreiseregelung. Ähnliche Statements kursieren auch im Internet auf durchaus seriösen Seiten. Im sozialversicherungsrechtlichen Sinne allerdings sind alle – wirklich alle – Personaleinsätze im Ausland eine Entsendung. Der Terminus „Entsendung“ ist kein klar definierter Rechtsbegriff. Die Dauer oder Art eines Personaleinsatzes ist grundsätzlich kein Unterscheidungsmerkmal für eine Entsendung oder Dienstreise. Genau dies geschieht in der Praxis aber viel zu oft. Viele Firmen sind der Überzeugung, dass ein Mitarbeiter im sozialversicherungsrechtlichen Sinn erst dann entsandt ist, wenn er sich länger als ein oder zwei Jahre im Ausland aufhält. Alle Auslandseinsätze, die unter diese Zeitgrenze fallen, werden meist pauschal als Dienstreise deklariert. Dies hat jedoch Auswirkungen auf die Art der Absicherung der Mitarbeiter – insbesondere der Gesundheitsabsicherung.

„Unsere Kundinnen und Kunden leben und arbeiten auf der ganzen Welt – auch in Kriegsgebieten.“

Expat News: Gab es äußere Einwirkungen, welche die Firmenpolitik verändert haben? Haben die vielen aktuellen Kriegsherde in der Welt Auswirkungen auf das Geschäft?

Silvia Opitz: Die Krisenherde haben durchaus Auswirkungen auf unsere Tätigkeit – und zwar insofern, als potenzielle Privat- und Firmenkunden und insbesondere auch Vermittler verstärkt nach Versicherungstarifen fragen, die auch in Kriegs-, Krisen- und Seuchengebieten leisten. Allerdings haben wir nicht darauf reagieren müssen, denn die meisten unserer Tarife berücksichtigen diese Aspekte bereits seit vielen Jahren. Unsere Kunden leben und arbeiten auf der ganzen Welt – auch in Kriegsgebieten. Solange unsere Versicherten nicht aktiv am Kriegsgeschehen teilnehmen, leisten wir im Schadensfall.

Expat News: Haben Sie auch Angebote für Ausländer, die längere Zeit in Deutschland arbeiten wollen? Wenn ja – wie werden diese angenommen?

Andreas Opitz: Ja, viele unserer Tarife sind auch für Ausländer, die in Deutschland leben und arbeiten geeignet. Aktuell hat gut jeder fünfte Versicherte bei uns eine andere Staatsbürgerschaft als die deutsche. Zudem haben immer mehr Unternehmen einen Beratungsbedarf in punkto Steuern und Sozialversicherung, weil sie zunehmend Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren. Seit knapp zwei Jahren geben wir zu genau diesem Thema ein Seminar bei uns im Hause.

Expat News: Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Wie beurteilen Sie die Lösungen, die die deutsche Versicherungswirtschaft inzwischen für Expatriates und Auswanderer bietet?

Silvia Opitz: Da hat sich insbesondere in den letzten Jahren viel getan. Die deutsche Versicherungswirtschaft hat das Thema Auslandskrankenversicherung sehr stark für sich entdeckt und die Lösungen werden immer besser. Wir müssen uns allerdings nicht hinter der Konkurrenz verstecken und pflegen zu vielen Markteilnehmern einen respektvollen bis freundschaftlichen Umgang. Im Unterschied zu den meisten anderen Anbietern konzentrieren wir uns aber ausschließlich auf das Thema Ausland und im Verbund mit unserer Beratungsgesellschaft dürften wir im deutschen Markt ziemlich einzigartig aufgestellt sein.

Andreas OpitzAndreas Opitz: Was immer noch auffällt, ist der Umstand, dass die Benennung der Produkte im Bereich der Krankenversicherung für Verwirrung sorgt. Die Branche verkauft Menschen, die ins Ausland gehen und gar nicht wissen, ob und wann sie wiederkommen, so genannte Reisekrankenversicherungen. Die sind natürlich falsch betitelt. Wer langfristig ins Ausland geht, macht ja keine Urlaubsreise. Reisekrankenversicherungen leisten im Schnitt nur sechs Wochen im Jahr und decken keine beruflichen Auslandsaufenthalte ab.

Was wir hingegen bieten, ist formell eine Langzeit-Reisekrankenversicherung, in der Praxis aber eine private Krankenversicherung für das Ausland. Im Unterschied zur klassischen privaten Krankenversicherung (PKV) in Deutschland, managen wir diese nicht nach Art der Lebensversicherung. Das heißt, wir bilden keine Geldreserven für das Alter – im Fachjargon nennt man das Alterungsrückstellungen: Ein Teil des Versicherungsbeitrags wird für später „geparkt“, wenn der Versicherte aufgrund des Alters öfter krank wird und deshalb mehr Leistungen in Anspruch nehmen muss. Weil wir diese Reserven nicht bilden müssen, sind unsere Beiträge im Verhältnis zur PKV-Branche recht niedrig.

Ohnehin ist das Thema Sprache und Verständlichkeit von Versicherungslösungen und Leistungen ein weites Feld, das noch nicht vollumfänglich beackert wurde. Wir merken selbst immer wieder, wie stark wir in unserer eigenen Versicherungssprache gefangen sind, die für unsere Kunden oft nicht verständlich ist. Insofern haben wir uns intern für die Zukunft das Ziel gesteckt, unsere Produkte verständlicher aufzubereiten – sowohl visuell als auch sprachlich. Anfang 2016 wird zudem unserer neue, übersichtlichere und kundenfreundlichere Homepage an den Start gehen.

Expat News: Sie sind beide gleichberechtiget Geschäftsführer des BDAE. Wie haben Sie Ihre Aufgaben aufgeteilt?

Silvia Opitz: Ganz einfach nach Kompetenzschwerpunkten. Jeder von uns hat seine Stärken in bestimmten Bereichen und wir vertrauen einander dort quasi blind. Andreas befasst sich vor allem mit der strategischen und vertrieblichen Ausrichtung des Unternehmens. Ich wiederum bin hauptsächlich für die Finanzen und das Personal sowie für die gesamte Administration des BDAE verantwortlich. Damit sind nicht nur die Verantwortlichkeiten klar geregelt, sondern wir ergänzen uns auch super. Dass wir schon so lange miteinander arbeiten und uns seit nunmehr gut 40 Jahren kennen, sorgt ebenfalls dafür, dass wir unser Unternehmen selbst in stürmischen Zeiten, die jede Firma mal durchmacht, in einen sichereren Hafen steuern.

Expat News: Sie haben bereits viel geschafft, was möchten Sie in Zukunft noch mit dem BDAE erreichen?

Andreas Opitz: Ein langgehegter Wunsch von uns ist es, eines Tages der ADAC für Menschen zu sein, die langfristig im Ausland leben. Wann immer jemand ins Ausland geht, soll er sofort an den BDAE und seine Kompetenz im Bereich der Absicherung im Ausland denken. Wir sind nach wie vor in einer Nische tätig, allerdings wird diese von Jahr zu Jahr größer. Eine aktuelle Studie der OECD hat ermittelt, dass etwa 3,4 Millionen Deutsche im Ausland leben. Damit ist Deutschland die fünftgrößte Auswanderergruppe in der OECD nach Mexiko, Großbritannien und nur kurz hinter China und Indien. Die meisten deutschen Auswanderer leben dem Bericht zufolge in den USA (1,1 Millionen), in Großbritannien und in der Schweiz (jeweils 270.000). Auch Frankreich, Italien und Spanien sind beliebte Auswandererdestinationen.